Auf Instagram und Tiktok planen vornehmlich Nutzerinnen für 2025 ein „No buy“-Jahr. Dahinter steckt jedoch nicht nur Sparsamkeit.
Neujahrsvorsätze„No buy“-Trend – Ein Jahr lang dem Konsum trotzen
Im neuen Jahr auf Konsum zu verzichten, ist keine neue Idee. Aber mit Hunderttausenden Hashtags auf Instagram und TikTok rund um das „No buy year“ scheint es mehr und mehr den Nerv von vielen – vor allem weiblichen – Menschen in sozialen Netzwerken zu treffen. Dabei geht es nicht nur um das offensichtliche Geldsparen. Das ist in den meisten Fällen fast schon eher als positiver Nebeneffekt zu betrachten.
Worum geht es dann? Wenn man sich durch die ganzen Postings scrollt, fällt schnell auf: Viele fühlen sich eingeengt, getrieben oder belastet durch die Masse an Dingen um sie herum. Mal ist es die Kleidung, die schon an den Türen sämtlicher Kleiderschränke hängen muss, weil im Inneren kein Platz mehr ist – mal sind es die 47 Concealer und Highlighter, von denen man letztendlich doch nur einen oder zwei nutzt. Ganz zu schweigen von den sich bis zur Decke stapelnden Büchern, die darauf warten, gelesen zu werden.
Themen wie Nachhaltigkeit und Klimaschutz rücken mehr in Vordergrund
Das „No buy year“-Phänomen ist besonders in den letzten Jahren verstärkt aufgetreten. Das liegt auch daran, dass sich bei vielen Menschen ein Bewusstsein für Themen wie Nachhaltigkeit, Umweltschutz, Klimaschutz und verantwortungsvollen Konsum gebildet hat. Laut Statistischem Bundesamt schlagen in einem Haushalt durchschnittlich 2704 Euro monatlich für sämtliche Konsumausgaben zu Buche.
Den größten Teil (mit 908 Euro und 33,6 Prozent) macht das Wohnen – also Miete, Energie, Instandhaltungskosten – aus. Für den Bereich Freizeit sind es im Schnitt 304 Euro, für Ausstattung im Haushalt 137 Euro und Kleidung 122 Euro.
Man soll sich fragen, welchen Nutzen die gekaufte Sache hat
Besitz gilt als ein Zeichen von Wohlstand, wird inzwischen aber häufig auch als Ballast wahrgenommen. Hatten unsere Mütter etwa doch recht, als sie früher sagten, wir sollten lieber ein Teil von guter Qualität kaufen als fünf andere für den gleichen Preis? Ein bisschen geht die Botschaft des „No buy year“ in diese Richtung.
Die Idee ist, dass man sich gut überlegt, welche Dinge man wirklich braucht. Dass man hinterfragt, welchen Nutzen die gekaufte Sache hat (oder eben nicht). Und dass man überhaupt ein Gefühl dafür bekommt, was und wie viel man eigentlich hat.
Die Regeln des #Nobuyyear2025
Wirklich feste Regeln gibt es eigentlich nicht. Jeder, der ein solches Anti-Konsum-Jahr einlegen möchte, stellt individuelle Regeln für sich auf. Grundsätzlich gilt: Natürlich dürfen auch Dinge gekauft werden. Allerdings eben nur die, die man braucht. Speziell richtet man sein Augenmerk auf Non-Food-Artikel – also alles, was man nicht essen kann. Es kann zwar nicht schaden, sich auch bei Lebensmitteln bewusst zu sein, was man kauft – wir alle wissen, wie viel von unseren gekauften Produkten im Müll landet – aber das steht nicht im Fokus.
Vielmehr geht es um das eigene Kaufverhalten bei Kleidung, Make-up, Pflegeprodukten, Dekoartikeln, Parfüm, Schmuck, Technik, Krimskrams und Gadgets. Jeder von uns hat die eine oder andere Schwäche. Daher gilt es, ehrlich zu sich selbst zu sein und sein Augenmerk genau darauf zu legen. Lieben Sie es, Stifte zu kaufen? Dann schreiben Sie dies auf. Eine Schwäche für Notizbücher? Kommt mit auf die Liste. An Kerzen können Sie nie vorbeigehen? Gleich notieren.
In drei Schritten zum No-Buy-Jahr
1. Machen Sie eine Inventur: Schauen Sie sich in Ihrem Zuhause kritisch um und zählen Sie ruhig auch mal, wie viele Schuhe, Handtaschen, Bücher oder Ähnliches Sie haben.
2. Erstellen Sie drei Listen nach Ampelsystem: Das Wichtigste ist natürlich, die Dinge aufzuschreiben, die Sie in diesem Jahr nicht kaufen wollen. Aber auch die Dinge, die erlaubt sind – oder gelegentlich erlaubt – machen Sinn. Diese werden als Essentials, Allowed und No-Go geführt. Essentials sind die grüne Liste – die Dinge, die gekauft werden dürfen. Dazu können zum Beispiel Lebensmittel, Medikamente, Benzin und auch aufgebrauchte Kosmetikprodukte (und nur die) gehören. Auf der gelben Liste stehen alle Dinge, die grundsätzlich erlaubt sind (allowed). Darauf könnten zum Beispiel Geschenke stehen oder anfallende Reparaturen. Auch Kompromisse wie einmal Essen vom Lieferservice pro Monat finden hier ihren Platz oder der Urlaub, auf den Sie nicht verzichten möchten. Letztendlich bleibt noch die rote Liste mit den No-Gos. Hier schreiben Sie all die Dinge auf, die Sie in 2025 nicht kaufen wollen.
3. Machen Sie sich Ihr Leben leichter: Disziplin ist nicht alles, um das kommende Jahr erfolgreich zu gestalten. Bestellen Sie zum Beispiel Newsletter ab, die uns oft mit großen Sale-Versprechen locken oder mit nur heute gültigen Rabatten verführen. Vereinbaren Sie keine Shopping-Dates im Einkaufszentrum, sondern treffen sich zum Spazierengehen im Park. Und weihen Sie vor allem ihre Liebsten ein. Diese müssen zwar nicht beim Kaufverzicht mitmachen, sollten aber wissen, dass Sie es tun.
Erstellen Sie Ihre eigene No-Buy-Liste
Einer der größten Gegner unseres selbst auferlegten Embargos sind Impulskäufe. Oft haben wir gar keinen Überblick, ob wir etwas brauchen oder wie viel wir schon haben – wir kaufen es, weil wir es toll finden oder weil es im Angebot ist. Also gilt es, die Dinge zu identifizieren, die solche Impulse in uns auslösen und sie auf die rote Liste zu setzen. Wir haben ein paar Ideen für Ihre No-Buy-Liste zusammengetragen.
- Kleidung
- Dekoration (auch Pflanzen)
- Technik/Gadgets
- Accessoires (z.B. Schals, Taschen etc.)
- Bastelmaterial (auch Geschenkpapier)
Auch Ihre Freizeitgestaltung können Sie mal unter die Lupe nehmen. Gehen Sie jedes Wochenende aus? Wie viele Abos (Serien, Zeitschriften, Lose, etc.) haben Sie? Brauchen Sie das alles – beziehungsweise: Möchten Sie das alles?
Vorteile für ein solches No-Buy-Jahr sind zahlreich. Sie können Geld sparen, Müll vermeiden und haben tatsächlich auch viel mehr Zeit, wenn sie diese nicht mit dem Browsen beim Online-Shopping verwenden. Unter dem Motto „Zeit statt Zeug“ können Sie sich auf die wichtigen Dinge im Leben fokussieren.
Ausnahmen bestätigen die Regel
Einige Ausnahmen haben wir ja schon definiert. So dürfen natürlich Dinge gekauft werden, wenn sie aufgebraucht oder kaputt sind. Wenn wir aber wirklich ein Jahr ohne Kaufen durchhalten wollen, müssen wir uns selbst kennen und auch Ausnahmen erlauben. Fragen Sie sich also: Was möchte ich aus meiner No-Buy-Liste rausnehmen und für was sollte ich eine Ausnahmeregel definieren?
Auch, wenn Sie sich mal nicht strikt an die Liste halten, ist das übrigens kein Fehlschlag. Nur weil eine Entscheidung von ihrem Plan abweicht, ist das noch lange kein Scheitern. Das Wichtigste ist, wieder zurückzukommen und weiterzumachen.
Interessant ist es auch, in sich hineinzuhorchen, wann man das Bedürfnis verspürt, etwas zu kaufen. Ist es Langeweile? Frust? Ein Trostkauf? Das kann uns viel Aufschluss über unser eigenes Verhalten, unsere Impulse und Bedürfnisse geben.
Wenn Sie etwas wollen, setzen Sie es auf eine Wunschliste. Dann dürfen Sie es nach entweder 30 Tagen, drei Monaten oder nach Ablauf ihres No-Buy-Jahres kaufen.
Eine Bewegung mit vielen Namen
Das „No buy year“ ist tatsächlich nur eine Form, die das Gefühl von Überkonsum und dessen Folgen auf den eigenen Lebensstil ausdrückt, und wird auch gern mal als Kaufsperre, Konsumfasten oder Shoppingdiät bezeichnet. Der Black Friday wird zur Black Week oder dem Black Month und wird ergänzt mit den Cyberdeals und Angeboten zum Singles Day, und auf Instagram bekommt man so lange Werbeanzeigen von der viralen Must-have-Hose angezeigt, auf die man mal eine Sekunde zu lang geschaut hat, bis man sie endlich kauft. „Run, don’t walk“, rufen uns Influencer zu, damit wir den 38. nudefarbenen Lippenstift kaufen können, von dem sie obsessed oder auch in love sind.
Wer sehnt sich da nicht langsam nach De-Influencing – auch das ist tatsächlich ein Trend. Hier werden nämlich Produkte nicht beworben, es wird sogar von ihnen abgeraten. Was allerdings nur bedingt gegen den Überkonsum hilft, da häufig mit dem nächsten Satz gleich ein Alternativprodukt beworben wird.
Minimalisten und Frugalisten (von frugal = einfach, bescheiden) bieten das Kontrastprogramm an. Mit Schlagworten wie bewusst leben, Slow Living oder unter dem Hashtag #underconsumptioncore finden sich zahlreiche Beiträge, die die Schönheit des einfachen Lebens zeigen. Ebenso wie Erfahrungsberichte und Updates von anderen, die ein Anti-Konsum-Jahr angehen.
Und wer jetzt noch einen kleinen Schubser braucht, um zu starten, dem sei Silbermonds „Leichtes Gepäck“ empfohlen: Eines Tages fällt dir auf, dass du 99 Prozent nicht brauchst. (rnd)