In Sachen LiebeWas tun, wenn der Partner beim Streit eigentlich seine Mutter meint?
- Was gibt es Schöneres und Wichtigeres im Leben als die Liebe? Wie wir sie finden, pflegen und sie uns erhalten; was geschieht, wenn sie vergeht oder wir sie verlieren – darum geht es in unserer PLUS-Kolumne „In Sachen Liebe“.
- Im wöchentlichen Wechsel beantworten die Psychotherapeuten Désirée Beumers, Carolina Gerstenberg und Daniel Wagner sowie die Diplom-Psychologinnen Elisabeth Raffauf und Katharina Grünewald Ihre Fragen rund ums Liebesleben, Sex und Kindererziehung.
- Diesmal erklärt Carolina Gerstenberg, was man tun kann, wenn der Partner im Konflikt eigentlich die Mutter meint – und sich ein Stellvertreterstreit entwickelt.
Köln – Woran erkenne ich, dass mein Partner nicht mich, sondern seine Mutter kritisiert? Und wie reagiere ich darauf? (Petra, 38)
Immer wieder Vorwürfe und Konflikte bei vermeintlichen Kleinigkeiten. Immer wieder Wut, Traurigkeit und Enttäuschung. Und Sie wissen einfach nicht, wie Ihnen geschieht. Sie versuchen, auf Ihren Partner einzugehen, gelangen aber einfach nicht zu einer zufriedenstellenden Lösung, egal wie sehr Sie sich anstrengen. Tatsächlich kann dahinter ein alter Mutterkonflikt bei Ihrem Partner stecken. Was in umgekehrter Geschlechter-Konstellation natürlich auch für einen Vaterkonflikt gilt.
Carolina Gerstenberg
Carolina Gerstenberg, geb. 1983, ist psychologische Psychotherapeutin in Köln. Sie hat sich auf Traumatherapie und die Beratung von Paaren spezialisiert, bietet aber auch Unterstützung in anderen Fragen an.
Beziehungserfahrungen in der Kindheit haben bekanntlich großen Einfluss auf unsere späteren Partnerschaften, und diese Erfahrungen werden vor allem durch unsere Eltern geprägt. Erleben wir in der Beziehung zu unserer Mutter oder unserem Vater viel Schmerz und Leid, ohne dies durch positive Bindungen zu korrigieren oder die Konflikte zu klären, dann kann es sein, dass wir das unbewusst mit in unsere Partnerschaft nehmen. Häufig äußert sich das durch unangemessene emotionale Reaktionen auf Konflikte, fehlendes Lob oder zeitweiligen Rückzug. Das Verhalten des Gegenübers wird als Wiederholung schmerzhafter kindlicher Erfahrungen erlebt. Die Folge ist, dass zu den erwachsenen Emotionen auch die alten kindlichen Emotionen kommen und es bereits bei vermeintlichen Kleinigkeiten knallen kann. Zudem können ungeliebte Eigenschaften eines Elternteils auch beim Partner oder der Partnerin entdeckt und kritisiert werden. Das belastet die Beziehung.
Freunde können Gedanke und Gefühle einordnen
Leider ist es sehr schwierig, dies zu erkennen. Und es braucht Zeit. Vermutlich haben Sie bereits viel versucht – ohne großen Erfolg. Bevor Sie sich weiter „wund“ arbeiten, lohnt es sich, Ihre Konflikte zu reflektieren. Können Sie Muster erkennen? Vermutlich ist an Vorwürfen Ihres Partners auch etwas dran. Aber steht dies im Verhältnis zur Reaktion? Gespräche mit Freunden können hilfreich sein, um Ihre Gedanken und Gefühle zu ordnen und Sie zu entlasten.
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Die Erkenntnis eines möglichen Mutter-/Vaterkonflikts kann helfen, sich in der nächsten schwierigen Situation besser abzugrenzen. Dadurch können Sie die Emotionen Ihres Partners besser aushalten und Kritik weniger persönlich nehmen. Ein ehrliches offenes Gespräch zwischen Ihnen beiden ist unerlässlich. Dabei ist allerdings Vorsicht geboten. Alte Konflikte mit den Eltern sind ein sehr sensibles Thema, und Sie haben zunächst ja lediglich eine Vermutung. Entsprechend sollten Sie dies auch formulieren.
Codewort für eine Pause
Wichtig finde ich, dass Sie über Ihre Empfindungen sprechen und erklären, wie Sie sich in entsprechenden Situationen fühlen und wie Sie zu Ihrer Vermutung kommen. Ansonsten kann dies schnell als Vorwurf und Schuldzuschreibung verstanden werden. Zudem kann es hilfreich sein, Vereinbarungen für Konfliktsituationen zu treffen, wie zum Beispiel ein Codewort, um einen hochkochenden Konflikt zu unterbrechen und sich dann nach einer Pause wieder zusammen zu finden, um mit Abstand weiterzusprechen und gemeinsam zu sortieren, welche Emotionen wohin gehören.
Leseraufruf
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Sollten Sie mit Ihrer Vermutung richtig liegen, und schafft es Ihr Partner, sich zu öffnen, dann haben Sie eine gute Grundlage, um gemeinsam daran zu arbeiten und ihn zu unterstützen. Die Aufarbeitung der schmerzhaften Vergangenheit können allerdings nicht Sie übernehmen. Vielleicht ist professionelle Hilfe im Rahmen einer Beratung oder Therapie eine Option. Denn auch eine Partnerschaft mit viel Liebe und Zuwendung macht alte Wunden leider nicht ungeschehen.