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Trennungschmerz überwindenDie alte Beziehung braucht ein Abschiedsritual

Lesezeit 3 Minuten
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Trennungen sind für den verlassenen Parrter schmerzvoll.

  1. Im wöchentlichen Wechsel beantworten die Psychologen Damaris Sander und Peter Wehr sowie Urologe Volker Wittkamp und Schauspielerin Annette Frier in der Kolumne „In Sachen Liebe” Ihre Fragen rund ums Liebesleben, Sex und alles, was Paaren begegnet.
  2. In dieser Folge befasst sich Peter Wehr mit der Frage, wie man eine Trennung überwinden kann.
  3. Seine These: Auch eine gescheiterte Ehe braucht einen guten Platz in der Vergangenheit – um frei für die Gegenwart und Zukunft zu sein.

Meine Frau hat sich vor vier Jahren von mir (51) getrennt. Wir waren fast 20 Jahre verheiratet. Ich komme nur sehr schwer darüber hinweg. Ich habe gelesen, die Überwindung dauere so lange wie die Beziehung. Stimmt das? Und wie sollte ich dann mit der Möglichkeit einer neuen Partnerschaft umgehen? So viel Zeit habe ich doch nicht mehr.

Obwohl die Trennung nun schon vier Jahre zurückliegt, halten Sie innerlich an der Beziehung fest und hadern mit der Entscheidung Ihrer Frau. Sie wollen sie einfach nicht akzeptieren. Doch genau das steht jetzt an. Ich weiß nicht, wo sie gelesen haben, es dauere für Sie nach 20 Jahren Ehe nun noch mal 20 Jahre, bis Sie die Beziehung überwunden haben. Dann wären Sie ja fast 70! Das ist purer Unsinn. So lange sollten Sie auf keinen Fall warten, bis Sie sich mit der Möglichkeit einer neuen Partnerschaft beschäftigen. Und ganz offensichtlich hat sich dieser Gedanke ja schon in Ihr Bewusstsein gedrängelt. Ein gesunder Entwicklungsimpuls.

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Diplom-Psychologe Peter Wehr

Doch weshalb fällt es Ihnen trotzdem so schwer, sich Ihrer Frau zu verabschieden? Nun ja, 20 Jahre sind eine lange Zeit des Zusammenlebens. Da haben sich sich Gewohnheiten im Umgang miteinander entwickelt, Beziehungsmuster, Rollenverteilungen, Kommunikationsstrukturen. All dies kann im positiven Sinne gut tun, Sicherheit geben. Im negativen Sinne können sich Muster entwickeln, die weniger gut funktionieren. Und selbst wenn nur einer der Partner irgendwann unzufrieden damit wird, hat dies ja auch eine Auswirkung auf den anderen. Wenn es dann noch schwierig ist, sich im konstruktiven Sinne darüber auszutauschen, Veränderungen so zu gestalten, dass beide wieder zusammenfinden, zufrieden sein können, kann daraus irgendwann eine Trennung resultieren.

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Selbst wenn Sie nun im Nachhinein die Beziehung zu Ihrer Frau idealisieren – ich bin mir trotzdem ziemlich sicher, dass es in Ihrer Beziehung auch unlösbare Probleme gab, die letztlich zur Trennung geführt haben. Und die sollten Sie ebenfalls in Erinnerung rufen. Damit Sie erfassen, warum „unterm Strich“ die Trennung stand. Dabei geht es auf keinen Fall um die Schuldfrage. Die wird Sie nicht weiterbringen, denn vermutlich haben Sie beide getan, was Sie eben konnten. Doch schlussendlich hat es nicht gereicht. Das gilt es zu akzeptieren.

Wenn Sie sich nun wirklich entschieden haben, die Beziehung loszulassen, kann Ihnen dabei ein Abschiedsritual helfen. Der folgende Vorschlag mag Ihnen vielleicht seltsam erscheinen, trotzdem kann er sehr hilfreich wirken. Sie könnten Ihrer Frau einen Brief schreiben, den Sie natürlich nicht abschicken, sondern als Ihre Form der Verarbeitung betrachten. Sie könnten aufschreiben, woran Sie sich gern erinnern und was Sie schmerzt, weil Sie es verloren haben.

Sie könnten schreiben, mit welchen Themen Sie gerne anders umgegangen wären, als Sie es damals konnten. Sie sollten auf jeden Fall auch aufschreiben, worüber Sie sich geärgert haben, was Sie sich ganz anders gewünscht hätten. Vielleicht wollen Sie sich auch für etwas entschuldigen. Dies sollen nur ein paar Anregungen sein. Wenn der Brief dann fertig ist, könnten Sie ihn verbrennen, die Asche einsammeln und an einem passenden Platz vergraben oder in den Rhein streuen und damit alles loslassen.

So geben Sie Ihrer Ehe einen guten Platz in der Vergangenheit und können wieder die Gestaltung Ihres Lebens in der Gegenwart und für die Zukunft aktiv in die Hand nehmen.