Bloß nicht annehmenWas man tun kann, wenn das Erbe hoch verschuldet ist
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Wenn es ums Erben geht, denken die meisten, dass der Verstorbene den Hinterbliebenen etwas vermacht - Immobilien etwa, Schmuck, Antiquitäten oder zumindest Bargeld. Aber es kann auch anders kommen. Mitunter ist der Nachlass hoch verschuldet. Wer dann das Erbe antritt, haftet dafür, gegebenenfalls mit seinem gesamten Privatvermögen. Schon allein die Vorstellung kann einen potenziellen Erben um den Schlaf bringen. Nur: Wie erfährt man, ob der Nachlass überschuldet ist oder nicht?
Zunächst einmal: „Auf Behördenebene gibt es niemanden, der sich kümmert und einem Bescheid sagt“, erklärt die Rechtsanwältin Stephanie Herzog aus Würselen. Sie ist in der Arbeitsgemeinschaft Erbrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) tätig. Das Nachlassgericht teilt lediglich den Erbfall mit, weiß aber nicht, wie der Nachlass aussieht. Die Hinterbliebenen müssen sich selbst einen Überblick verschaffen. Das bedeutet: Kontoauszüge sichten, den Inhalt von Aktenordnern sichten, Verträge prüfen und Post durchsehen.
Sechs Wochen, das Erbe auszuschlagen
Rein theoretisch könnten Hinterbliebene auch beispielsweise bei der Hausbank des Verstorbenen Erkundigungen einholen. Nur: „Oftmals wird dann ein Legitimationsnachweis in Form des Erbscheins verlangt“, sagt Silke Meeners, Rechtsanwältin bei der Verbraucherzentrale NRW in Düsseldorf. In dem Moment, in dem ein Erbschein beantragt wird, gilt jedoch das Erbe als angenommen. Auf einem einfachen Weg kann das Erbe dann nicht mehr ausgeschlagen werden. Grundsätzlich haben Hinterbliebene für das Ausschlagen sechs Wochen Zeit. Die Frist beginnt, sobald man erfahren hat, dass man erbt.
Die Sechs-Wochen-Frist kann sich unter bestimmten Voraussetzungen verlängern. „Das ist der Fall, wenn der Verstorbene im Ausland lebte oder wenn sich der Erbe bei Beginn der Frist außerhalb von Deutschland aufhält“, erklärt Sophie Mecchia von der Stiftung Warentest in Berlin. Entscheidet sich nun der Hinterbliebene dafür, das überschuldete Erbe auszuschlagen, muss er gegenüber dem Nachlassgericht eine persönliche Erklärung abgeben. Das Nachlassgericht ist am Amtsgericht angesiedelt. Hinterbliebene wenden sich in der Regel an das Amtsgericht am letzten Wohnort des Verstorbenen. Sie können aber auch beim Amtsgericht am eigenen Wohnort vorsprechen.
Persönliche Erklärung zu Protokoll gegeben
Wer nicht erben möchte, muss zum Gericht gehen und dort eine persönliche Erklärung zu Protokoll geben. „Es reicht nicht, einfach bei Gericht einen Brief einzuwerfen und darin das Erbe auszuschlagen“, betont Herzog. Möglich ist auch, bei einem Notar das Erbe auszuschlagen. Er schickt dann die Erklärung ans Gericht. „Bei einem Notar fallen dafür Gebühren an, außerdem Portokosten und Umsatzsteuer“, erklärt Mecchia. Aber auch das persönliche Ausschlagen vor dem Nachlassgericht ist nach ihren Angaben nicht gratis: Bei einem überschuldeten Erbe entstehen Gerichtskosten in Höhe von 30 Euro. Ist die Frist verstrichen, gilt das Erbe als angenommen.
Erben können aber dann trotzdem verhindern, dass sie die Schulden aus dem Nachlass bezahlen müssen. „Niemand droht wegen der Schulden aus einem Erbe die Privatinsolvenz“, beruhigt Meeners. Betroffene sollten sich aber beraten lassen. Um die Schulden nicht aus dem eigenen Vermögen zahlen zu müssen, können Erben zum Beispiel eine Nachlassverwaltung beim Gericht beantragen. Dann steht dem vom Gericht eingesetzten Verwalter die Aufgabe zu, das Erbe zu ordnen und Schulden mit dem vorhandenen Geld zu bezahlen. „Dieses Verfahren verursacht Kosten, deren Höhe sich nach dem Wert des Erbes richtet, die aber - anders als die Kosten der Ausschlagung - den Nachlass nicht belasten“, erläutert Herzog.
Nachlassinsolvenzverfahrens beantragen
Stellt sich erst später heraus, dass das Erbe hoch verschuldet ist, können Hinterbliebene bei Gericht die Eröffnung eines Nachlass-Insolvenzverfahrens beantragen. „Auch diese Vorgehensweise kostet Gebühren, führt aber dazu, dass der Erbe für Schulden nicht haftet“, erklärt Herzog.
Grundsätzlich kann die Entscheidung, ein Erbe auszuschlagen, rückgängig gemacht werden. Ein Anfechtungsgrund ist, wenn der Erbe nichts etwa von einem Wertpapierdepot wusste. Auch ein überhastet angenommenes Erbe kann er wieder zurückgeben. „Das ist etwa der Fall sein, wenn ein Erbe beispielsweise nichts von der Überschuldung des Nachlasses wusste“, so Herzog.
Schlagen alle Erben aus, erbt der Staat
Auch der hinterbliebene Ehepartner kann das hochverschuldete Erbe ausschlagen. „Dann fällt der Nachlass den gemeinsamen Kindern zu“, erläutert Meeners. Sind die Kinder noch minderjährig, kann die Ausschlagung durch den gesetzlichen Vertreter, also den verbliebenen Elternteil, erfolgen. Dann fällt der Nachlass dem Nächsten in der gesetzlichen Erbfolge zu. Schlagen alle Erben aus, erbt der Staat. „Aber er muss auch nicht für eventuelle Schulden aufkommen“, betont Meeners. Die Gläubiger gehen in dem Fall also leer aus. (dpa)