Köln – Sie sollen eine Allzweckwaffe sein: Produkte mit Cannabidiol, kurz CBD. Kapseln und Öle mit Hanfzusatz sollen wahre Wunder wirken. Entzündungen, Stress, Depressionen, Übelkeit, sogar Krebs – die Liste der Wirkungsansätze, die es geben soll, ließe sich noch lang fortführen. Die Produkte machen nicht high, sondern sorgen für Entspannung. Aber so toll, wie sich das alles anhört, sind CBD-Produkte nicht. Stiftung Warentest hat sich den Hype um die Hanfzusätze angeschaut. Und ist zu einem überraschend deutlichen Urteil gekommen.
Insgesamt 16 Öle und Kapseln sowie einen Verdampfer hat Stiftung Warentest unter die Lupe genommen. Für mehr Wohlbefinden, innere Balance, Ausgeglichenheit, Vitalität und Lebensfreude sollen sie sorgen. Selten sind diese Angaben auf den Produkten direkt zu finden, die Wirkungsversprechen finden sich oft auf den Webseiten der Anbieter, verpackt in Erfahrungsberichte. Stiftung Warentest listet die Werbeaussagen für jedes Produkt auf – um diese recht klar zu widerlegen. Alle Produkte werden als „nicht sinnvoll“ bezeichnet: „Für keines der Produkte liegen ausreichende wissenschaftliche Belege vor – weder für die ausgelobten Eigenschaften noch für Effekte auf das Wohlbefinden, die viele Anbieter auf ihren Webseiten andeuten.“
So entsteht und wirkt CBD
Cannabionide bilden sich in den Blüten und Blättern der Hanfpflanze. In der EU sind über 50 Nutzhanfsorten zugelassen. Sie enthalten, im Gegensatz zum Drogenhanf, sehr wenig THC. Sie können daher keinen Rausch auslösen, sind nicht psychoaktiv. Durch die Züchtung bestimmter Sorten weisen einige einen hohen CBD-Gehalt auf.
Die genaue Wirkung von CBD im Körper ist noch nicht vollumfänglich bekannt. Fakt ist: Es beeinflusst Bindungsstellen für Botenstoffe. Bei hoher Aufregung kann es beruhigend wirken.
Auch auf Nachfrage stellte kein Hersteller Stiftung Warentest Studien zur Wirkung des Produkts zur Verfügung. Für eine Wirkung bei Angst- oder Schlafstörungen sind zwar Studien vorhanden, diese könnten aber methodisch nicht überzeugen: geringe Teilnehmerzahl, kurze Dauer. Fundierte Belege gebe es „nur für zugelassene Medikamente mit Cannabidiol: ein Mittel gegen seltene Epilepsieformen sowie ein Mundspray bei Multipler Sklerose, das CBD und THC kombiniert.“
Hier geht es zum Test von Stiftung Warentest.
Und nicht nur das: Vier der 16 getesteten Öle und Kapseln enthalten eine erhöhte Menge an THC, dem psychogenen Stoff der Hanfpflanze, und überschreiten die Grenze, bis zu der psychomotorische und psychogene Effekte bei einer 60 Kilogramm schweren Person ausgeschlossen werden können. So kann es nach der Einnahme beispielsweise zu verminderter Reaktionsfähigkeit kommen.
Bislang nicht zugelassen
Zwar teilte die EU Ende 2020 mit, dass CBD als Nahrungsmittel angesehen werden kann und nicht als Betäubungsmittel einzustufen sei. Entsprechenden Ölen und Kapseln fehlt bislang allerdings die Zulassung. Sie werden oft als Nahrungsergänzungsmittel angeboten und verschwinden nicht selten nach ihrem Start auf dem Markt schnell wieder.
Offen gehen die Hersteller damit nicht immer um. Bei fünf Produkten konnte Stiftung Warentest wegen der unklaren Angabe nicht bewerten, ob der deklarierte CBD-Gehalt eingehalten wird. Bei zweien fand Stiftung Warentest heraus, dass der Gehalt definitiv nicht eingehalten wird: Beim Hanföl von Healthy-Herbs und bei den Softgel-Kapseln von Hempamed. Zweitere gehören zu den vier Produkten, bei denen eine erhöhte Menge an THC festgestellt wurde.
Hinzu kommt, dass CBD im Körper wie ein Arzneistoff wirkt und gesundheitliche Risiken bergen kann. Bei der Wirkung von CBD ist vieles noch unklar. Wie sich eine dauerhafte Anwendung auf die Organe auswirkt oder wie sich das Hanferzeugnis mit Medikamenten verträgt, ist noch nicht abschließend geklärt. „Wer Medikamente einnimmt, sollte auf CBD verzichten, auch Schwangere und Stillende“, rät Stiftung Warentest.
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Der Hype rund um die Produkte mit CBD-Zusatz lebt gerade von den nicht belegbaren Werbeversprechen der Hersteller. In einer die Untersuchung begleitenden repräsentativen Umfrage fand Stiftung Warentest heraus, dass von 1000 befragten Personen zwölf Prozent Öle und Kapseln mit Hanfzusatz nutzen. Mehr als jeder zweite Kenner der Produkte erwarte, dass sie beim Entspannen helfen, mehr als jeder Dritte baut auf eine Linderung der eigenen Schlafstörungen.