Kölner Start-up mischt im Markt mitWarum jetzt auch Bitburger in Cannabis investiert
Köln – Der Markt mit Cannabis wächst und zieht auch in Deutschland immer mehr Investoren an. Nicht etwa der illegale Drogenhandel erfährt aber einen starken Schub, sondern der legale Verkauf von Blüten der Hanfpflanze für medizinische Anwendungen und der Vertrieb von Produkten, die Cannabidiol (CBD) enthalten, das zwar nicht high machen, aber dennoch entspannen soll. Ganz vorne mit dabei: David Henn, Kölner Verkäufer von Cannabisblüten, der in diesem Jahr erstmals mehr als zehn Millionen Euro mit seinem Unternehmen umsetzen wird. Und auch der Bierkonzern Bitburger mischt mit.
Henn gründete 2016 Cannamedical und reagierte auf eine beschlossene Änderung des Arzneimittelgesetzes im darauffolgenden Jahr: So kann Cannabis seit März 2017 vom Arzt verschrieben werden, zum Beispiel bei chronischen Schmerzen oder Epilepsie. Die Therapiewahl muss allerdings gesondert begründet werden. Es gibt nur wenige Statistiken darüber, wie häufig Cannabis verordnet wird. Zum Beispiel diese: 193 460 Verordnungen für cannabinoidhaltige Fertigarzneimittel und Zubereitungen, zählte der Bund der Krankenkassen für Januar bis September 2019 in seiner aktuellsten Erhebung. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum war das eine Steigerung von 51 Prozent.
Anbau in Deutschland streng reguliert
Hanfpflanzen mit einem THC-Gehalt von weniger als 0,2 Prozent dürfen auch auf offenen Feldern angebaut werden. Auch in der Region gibt es imposante Felder mit mehreren Meter hohen Hanfpflanzen. Aus ihnen können Öle, Sprays und andere CBD-Produkte gewonnen werden, die für Wohlbefinden und Entspannung sorgen sollen. Wie solche Produkte lebensmittelrechtlich behandelt werden sollen, ist noch immer umstritten. Die Stadt Köln verbot CBD-haltige Lebensmittel vor einigen Monaten vorsorglich, andere, nicht zum Verzehr gedachte Produkte dürfen aber weiter verkauft werden.
Der Anbau von medizinischem Cannabis ist in Deutschland hingegen streng reguliert. So dürfen die Pflanzen erst seit diesem Jahr nur in bewachten Bunkeranlagen wachsen, was sie deutlich teurer macht als Produkte aus dem Ausland.Henns Firma Cannamedical bezieht Cannabisblüten aus Australien, Kanada und Europa, verarbeitet sie zu Präparaten weiter und vertreibt sie unter einer eigenen Marke.
In diesem Jahr liefere das Unternehmen mit Sitz im Kölner Mediapark und Niederlassungen in Kanada und Großbritannien mindestens eine Tonne medizinisches Cannabis aus, sagt Henn dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Wir glauben, dass der Markt sehr stark weiter wachsen wird“, so der Chef von 50 Mitarbeitern. 2017 setzte Cannamedical noch 2,2 Millionen Euro um, 2020 fielen die Erlöse erstmals achtstellig aus, so Henn. 30 Millionen Euro hat die Kölner Pharmafirma bereits von Investoren eingesammelt, erst in diesem Jahr steckte ein US-Geldgeber zwölf Millionen Euro in das Wachstum des Unternehmens. Aktuell ist Gründer Henn im Gespräch über weitere Geldspritzen noch zurückhaltend, kündigt etwas geheimnisvoll aber bereits für Januar Neuigkeiten an.
Bitburger investiert in die Sanity Group
Ein aufsehenerregendes Investment sammelte im Oktober die Berliner Sanity Group ein: Bitburger Ventures, der Investmentzweig der Brauereigruppe, steckte einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag in das Unternehmen. Vor Bitburger stiegen bereits renommierte Investoren mit einem insgesamt zweistelligen Millionen-Dollar-Betrag in die Firma ein, darunter auch Rapper Snoop Dogg.
Neben medizinischem Cannabis mit der Marke Vayamed hat die Sanity Group noch ein Geschäftsfeld: Produkte für „Wellbeing und Beauty“, wie Gründer und Geschäftsführer Finn Age Hänsel das Segment mit CBD-Ölen, -Kosmetik und -Inhalierern beschreibt. Sie werden unter der Marken Vaay und This Place vertrieben.
„Sowohl der Wellnessbereich als auch das Geschäft mit Medizinal-Cannabis wachsen im Monat zweistellig“, sagt Hänsel. Die Segmente würden jeweils etwa zur Hälfte zum Umsatz beitragen. Die Medizin-Sparte ist noch deutlich kleiner als die von Cannamedical: Unternehmensangaben zufolge verkauft die Sanity Group jährlich aktuell Cannabis im unteren dreistelligen Kilogramm-Bereich an Apotheken.
„Bereiche, die illegal waren, sind unternehmerisch spannend“
„Bereiche, die in der Vergangenheit illegal waren und eine Legalisierungstendenz haben, sind immer unternehmerisch spannend“, sagt Hänsel, der Anfang der 2000er Jahre in der CDU-Jugend Junge Union für eine Legalisierung von Cannabis eintrat. „Heute hat die Pflanze noch immer ein Drogenimage“, sagt Hänsel. „Das merken wir bei Investoren, in der Bevölkerung und im Einzelhandel.“ Er, so Hänsel, wolle sie nun als Heilpflanze in die Mitte der Gesellschaft rücken. Cannabis sei als Pflanze vielseitig und werde als medizinischer Wirkstoff „noch große Erfolge erzielen“.
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„Wir sehen mit dem Investment in die Sanity Group die Chance, an einem stark wachsenden und zukunftsträchtigen Innovationsmarkt zu partizipieren“, sagt Friedrich Droste, Geschäftsführer von Bitburger Ventures. Im Dezember will die Sanity Group nach Großbritannien expandieren, dann folgt Österreich. Die Partnerschaft mit dem Getränkekonzern soll das leichter machen: „Bitburger bringt viel Erfahrung beim Aufbau von Marken und im Vertrieb mit“, so Hänsel. „Sie wissen, wie man Geschäfte groß macht.“