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Hundetrainer rätWarum man duschen sollte, bevor man entlaufene Hunde suchen geht

Lesezeit 4 Minuten
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Um ausgebüxte Hunde aufzuspüren, raten Experten erstmal den eigenen Stress abzubauen. Dann kommt das Tier am ehesten von selbst zurück.

Berlin/Köln – Zwei Tage lang hatten die Besitzer eines Ridgeback im Oberbergischen Land nach ihrem entlaufenen Hund gesucht. Als sie sich schließlich verzweifelt an das Suchhundezentrum Köln wandten, war Ralf Hölz mit einem seiner Pettrailer-Hunde, die speziell für das Erschnüffeln von Individualgerüchen ausgebildet sind, sofort zur Stelle. „Mein Hund hat direkt Vollgas gegeben“, erinnert er sich.

In einem Waldstück, nur etwa 300 Meter vom Wohnhaus der Familie entfernt, stand Hölz dann vor dem Hund, der sich mit seiner Leine an einem Baum verfangen hatte. Die Besitzer waren verblüfft, denn sie waren mehrmals rufend ganz nah an der Fundstelle vorbeigelaufen.

Lautes Rufen der Hunde verschlimmert die Situation

Rund 300 Fälle von entlaufenen und vermissten Haustieren haben Hölz und sein ehrenamtliches Team allein im Jahr 2020 betreut. Dass dabei einer seiner Pettrailer ausrücken muss, sei eher die Ausnahme. Häufig genüge eine kostenlose telefonische Beratung, um aufgewühlte Herrchen und Frauchen erstmal zu beruhigen. Bei Bedarf unterstützen die Mitarbeiter vom Suchhundezentrum die Tierhalter beim Kontaktieren verschiedener Stellen wie Tierheimen und helfen, in den sozialen Medien Aufmerksamkeit zu generieren und Hinweise zu sammeln.

„Am liebsten sind mir die Leute, die direkt nach 30 Minuten anrufen. Dann kann man noch die Weichen stellen und Fehler vermeiden“, sagt Hölz. Denn panisches Suchen und lautes Rufen verschlimmere die Situation und führe dazu, dass ängstliche Hunde sich in die Enge gedrängt fühlen, sich verkriechen oder im schlimmsten Fall noch weiter weglaufen.

Bei Suche auf keinen Fall Bahnschienen überqueren

Auch Pettrailerin Katja Wicher aus Berlin rät Hundebesitzern dazu, auf gar keinen Fall ein größeres Gebiet planlos mit dem eigenen Geruch zu kontaminieren. „Wenn wir einen Hund einladen wollen, zurückzukommen, dann geht die Bindungsperson des Tieres vom Entlaufort oder auch vom Wohnhaus aus jeweils etwa einen Kilometer in alle vier Himmelsrichtungen“, erklärt Wicher.

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Wem der Hund entwischt, der sollte nicht planlos größere Gebiete ablaufen. Damit verteilen Halter ihren Duft und erschweren dem Hund die Rückkehr.

Straßen oder Bahnschienen sollte man dabei jedoch auf keinen Fall überqueren. Zusätzlich könne man den eigenen Geruch mit einer Futterspur verstärken. Futter- und Geruchsschleppe sollten dann einmal täglich aufgefrischt werden. Wichtig sei auch, den Zugang zum eigenen Zuhause möglichst offen zu halten und Futter aufzustellen. Wer in einem Mietshaus wohnt, kann gegebenenfalls Absprachen mit den Nachbarn treffen.

Vor der Suche duschen und Stress loswerden

Bevor man seinen Duft gezielt verteilt, empfiehlt die Expertin aber dringend eine Dusche. Denn Besitzer und Besitzerinnen von entlaufenen Hunden stünden schließlich unter enormem Stress. Die Tiere bräuchten aber souveräne Menschen, die mit guter Energie und Kraft unterwegs sind. „Mein Ratschlag ist deshalb immer, einmal richtig zu heulen und sich dann die ganze Angst- und Adrenalin-Suppe von der Haut zu waschen“, sagt Wicher.

Einmal habe sie einem Paar, dass sich bei der fünftägigen Suche nach seiner Hündin zerstritten hatte, empfohlen, an der Entlaufstelle einfach ein ganz entspanntes Picknick zu veranstalten und sich zu versöhnen. Drei Stunden später sei die Hündin wieder aufgetaucht.

Wicher bietet ihre Dienste gewerblich an. Die telefonische Beratung ist aber auch bei ihr kostenlos und häufig sehr effektiv. „Es ist schon vorgekommen, dass ich innerhalb einer Woche drei Tiere nur durch Gespräche nach Hause geholt habe“, erzählt sie. Ob sie letztendlich mit einem ihrer ausgebildeten Suchhunde ausrückt, wird von Fall zu Fall entschieden. Die Kosten für so einen Einsatz liegen, je nach Aufwand, bei mindestens 150 Euro.

Für Suchhunde-Einsatz mit rund 150 Euro rechnen

Die meisten ehrenamtliche Tiersuchorganisationen in Deutschland erheben für einen Einsatz mit Suchhund Aufwandsentschädigungen in ähnlicher Höhe. Beim Suchhundezentrum Köln zahlt man pauschal 100 Euro plus Fahrtkosten.

Auch Hölz wägt jedes Mal sehr individuell sein Vorgehen ab. Wenn ein Tier samt Leine entlaufen ist und möglicherweise festhängt, wie der Ridgeback aus dem Oberbergischen, mache ein Einsatz mit Hund Sinn. So einfach sei es jedoch selten.

Häufig helfen die Pettrailer-Hunde schlichtweg dabei, einzugrenzen, wo das entlaufene Tier sich aufhält. „Meine Hunde sind sowas wie Ermittler mit Nase. Ihre Ergebnisse kombiniere ich mit eingegangenen Sichtungen und Hinweisen aus der“. Daraus entwickeln er und sein Team dann geeignete Strategien und ziehen gegebenenfalls Hilfsmittel wie Live-Kameras und Lebend-Fallen hinzu.

Haare des Tieres für Notfall im Eisfach bunkern

Damit Suchhunde arbeiten können, brauchen sie unbedingt einen eindeutigen Geruchsträger des entlaufenen Tieres. Decken und Kauspielzeuge können auch mit anderen Gerüchen kontaminiert sein. Daher empfiehlt Hölz für den Notfall, immer ein paar Haare des Tieres, die man nur mit Handschuhen berührt hat, im Eisfach aufzubewahren. Laut Katja Wicher funktioniert das auch mit einem ausgekochten Glas.

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Durch festsitzende Halsbänder und Sicherheitsgeschirre hätte man viele seiner Einsätze vorab vermeiden können, sagt Hölz. „Ich bin außerdem ein absoluter Gegner von Flexi-Leinen. Die rutschen schneller aus der Hand und erzeugen dabei ein Klappergeräusch, was Tiere erschreckt und erst recht zum Weglaufen animiert“.

Katzen und Hunde chippen lassen

Katja Wicher legt Tierhaltern nahe, ihre Hunde und auch Katzen unbedingt chippen zu lassen. Eine Registrierung im Haustierzentralregister der Tierschutzorganisation TASSO sei ebenfalls sehr ratsam. „Auch der Züchterhund, der immer bei einem war, kann sich erschrecken. Einige Hunde werden im Alter dement und verlieren die Orientierung“, erklärt sie.

Daher nutzt die ausgebildete Hundetrainerin und Pettrailerin auch für ihre eigenen Tiere GPS-Tracker. „Ich würde nie die Hand dafür ins Feuer legen, dass mein Hund nicht entläuft“. (dpa)