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StilkolumneSagt man seinen Freunden, dass ihr Essen nicht schmeckt?

Lesezeit 3 Minuten
Symbolbild Frau schmeckt Essen nicht

Das Essen bei Freunden schmeckt nicht – aber sage ich es ihnen?

  1. Aber bitte mit Stil! In unserer Kolumne „Wie geht’s?“ dreht sich alles um das richtige Verhalten. Ob bei offiziellen Anlässen, beim Essen, im Gespräch oder vor dem Kleiderschrank.
  2. Protokollchefin i.R. Ingeborg Arians, Modeexpertin Eva Reik, Restaurant-Chef Vincent Moissonnier sowie Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch schreiben abwechselnd über das richtige und stilvolle Auftreten.
  3. Diesmal erklärt Vincent Moissonnier, wie man sich verhält, wenn das Essen bei Freunden nicht schmeckt.

KölnWas tue ich, wenn mir beim Essen mit Freunden das selbstgekochte Essen nicht schmeckt? Soll man das sagen – und wenn ja, wie? Oder einfach runterwürgen? Maximilian, 34

Als Wirt in einem Restaurant ist man mit zwei Sorten Kritik konfrontiert. Es gibt den höflich vorgetragenen Einwand, auf den ich gern eingehe. Gelegentlich bekommen wir zu hören, das Essen sei nur „lauwarm“ gewesen. Das ist typisch deutsch. Tatsächlich schmecken viele Gerichte lauwarm besser, Fischgerichte zum Beispiel. Es ist also keine Nachlässigkeit unserer Küche, wenn das Gericht maßvoll temperiert auf den Tisch kommt, sondern dient dem Genuss.

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Vincent Moissonnier 

Wenn wir erkennbar einen Fehler gemacht haben, wird das entsprechende Gericht selbstverständlich nicht berechnet. Zahlen für eine Leistung, die nicht stimmt? Geht gar nicht! Bei einem Dissens mit Einsehen auf beiden Seiten gibt es zum Beispiel einen Digestif aufs Haus. Auf Querulanten dagegen gehe ich prinzipiell nicht ein.

Als Gast im Restaurant behalte ich Negatives für mich

Wir selbst übrigens, meine Frau und ich, sagen als Gäste im Restaurant nie etwas Negatives. Mein Urteil reicht mir, ich kann es gut für mich behalten. Wenn in der Küche ein Fehler passiert ist – gut, das kommt vor, was soll’s? Und wenn wir es mit Unvermögen zu tun haben – warum dann noch eine fruchtlose Diskussion anzetteln? Das bringt eh nichts.

Bei privaten Einladungen zum Essen gilt die Grundregel: Respekt muss gegenseitig sein. Als Gastgeber sollten sich Sie sich vorher möglichst nach Unverträglichkeiten, Allergien oder Aversionen erkundigen, um Ihren Gästen die unangenehme Situation zu ersparen, dass sie nicht essen können, was Sie Ihnen vorsetzen. Umgekehrt können Sie als Eingeladener vorher dezent darauf hinweisen, wenn Sie etwas nicht vertragen. Das ist für beide Seiten hilfreich.

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Wenn Sie als Gast dann trotzdem etwas nicht mögen, sollten Sie von allem, was Sie auf dem Teller haben, eine Anstandsportion zurücklassen. Andernfalls wirkt es leicht demonstrativ: „Seht her, ich habe alles gemocht, nur das Gemüse hat nicht geschmeckt!“ Mit einem freundlichen Hinweis auf kleinen Appetit kommen viele weitaus besser zurecht.

Bedenken Sie: Ihre Gastgeber haben sich Mühe gegeben, vielleicht waren sie sogar nervös mit Blick auf die Bewirtung. Und sie freuen sich über Ihren Besuch. Es ist eine Sache der Diplomatie, der emotionalen Intelligenz und eben des Respekts, ihnen nicht den Abend zu verderben.

„Wie geht’s?“

In unserer Kolumne beantworten vier Experten abwechselnd in der Zeitung Ihre Fragen zum stilsicheren Auftreten in allen Lebenslagen. Ingeborg Arians, Protokollchefin der Stadt Köln a.D., weiß, wie man sich bei offiziellen Anlässen richtig verhält. Journalistin Eva Reik kennt sich bestens aus mit Mode und der passenden Kleidung zu jeder Gelegenheit. Vincent Moissonnier, Chef des gleichnamigen Kölner Restaurants, hat die perfekten Tipps zu Tischmanieren ohne Etepetete. Und Anatol Stefanowitsch, Professor für Sprachwissenschaft, sagt, wie wir mit Sorgfalt, aber ohne Krampf kommunizieren. (jf)

Senden Sie uns Ihre Fragen bitte per Mail an:Stilkolumne@dumont.de

Ist tatsächlich ein Gericht misslungen, werden die Gastgeber die ersten sein, die es bemerken, sich darüber ärgern und sich womöglich bei Ihnen entschuldigen. Dann ist es an Ihnen, zu beschwichtigen und zu sagen: „Alles halb so schlimm, machen Sie sich bloß keine Gedanken!“ Das meine ich mit Diplomatie und Respekt.

Der große Gastro-Schriftsteller Jean Anthelme Brillat-Savarin (1755 bis 1826), in Frankreich bis heute eine Ikone, hat einmal geschrieben: „Wer Freunde empfängt und sich keine Mühe gibt, hat keine Freunde verdient.“ Damit hat er vollkommen recht. Wer aber als Freund empfangen wird und sich als Zensor aufspielt, der ist kein Freund.