Bananen, Milch, Streamen, AutofahrenWelche Alltagsdinge wirklich Klimakiller sind
Köln – Gehen wir im Supermarkt einkaufen, wissen wir zwar nicht auf den Cent genau, wie viel Butter, Käse oder Tomaten kosten, haben aber ein Gefühl für die ungefähren Preise. Wir wissen, ohne auf das Preisschild zu schauen, dass Champagner teurer ist als eine Packung Tee. Wir wissen, welche Wohnung wir uns mit unserem Gehalt leisten können oder welches Auto für uns in Frage kommt. Unser Gespür ermöglicht es uns, finanziell kluge Entscheidungen zu treffen.Wie stark genau unser Wocheneinkauf, die eben getippte E-Mail oder das neue Auto das Klima belasten, wissen wir dagegen nicht. Wir ahnen vielleicht, dass die Banane die Umwelt stärker belastet als ein Apfel aus der Region. Im Gegensatz zu Geld, haben wir kein Gefühl für unseren persönlichen CO2-Fußabdruck, erklärt Autor Mike Berners-Lee in seinem Buch „Wie schlimm sind Bananen?“. Wir seien es schlicht nicht gewohnt, über die Kosten von CO2 für unsere Umwelt nachzudenken. Heißt: Wir können nicht einschätzen, wie wir klug mit unserem persönlichen CO2-Budget umgehen. Wie schlecht es um unser persönliches CO2-Konto steht, bemerken wir wahrscheinlich erst in einigen Jahren – wenn wir längst tief in der Schuldenfalle sitzen.
Nachhaltig leben – aber wie?
Dabei versuchen immer mehr Menschen in ihrem Alltag klimafreundlicher zu leben, lassen das Auto stehen, kaufen regionale Produkte oder beziehen Öko-Strom. Drei von vier Deutschen ist ein nachhaltiger Lebensstil wichtig, zeigt eine YouGov-Umfrage im Auftrag des Klimaschutz-Unternehmens Lichtblick.
Viele verkennen aber, an welchen Stellen sie in ihrem Leben am besten CO2 einsparen könnten. „Ein Freund fragte mich einmal, wie man sich die Hände im Büro abtrocknen sollte, um den CO2-Fußabdruck zu reduzieren – mit Papierhandtüchern oder dem Trockner. Gleichzeitig flog er mehrmals im Jahr über den Atlantik“, schreibt Berners-Lee.
Die persönlichen CO2-Sünden
Wer umweltfreundlicher leben möchte, muss seine CO2-Sünden kennen und bei ihnen ansetzen. Durchschnittlich verbrauchen die Deutschen pro Kopf und Jahr rund 11 Tonnen CO2e. Um das 1,5 Grad-Ziel aus dem Pariser Klimaabkommen zu erreichen, müsste jeder seinen Verbrauch auf fünf Tonnen reduzieren, sagt Berners-Lee. Der eigene Fußabdruck wird in CO2-Äquivalenten (CO2e) angegeben.
Was sind CO2-Äquivalente?
CO2 befeuert die globale Erderwärmung derzeit am meisten. Doch auch andere Gase wie Methan oder Stickoxide tragen zum Treibhauseffekt und somit zur Klimakatastrophe bei. Der Effekt der einzelnen Stoffe und die Zeiträume, in denen sie in der Atmosphäre bleiben, variieren.
Um die Wirkung der verschiedenen Gase vergleichen zu können, werden CO2-Äquivalente (CO2e) berechnet. Das bedeutet: Mit dem Kohlenstoffdioxid-Äquivalent gibt man an, wie sehr ein Gas in einem bestimmten Zeitraum im Vergleich zur gleichen Menge an CO2 zur Erderwärmung beiträgt.
Wie hoch der ungefähr ist, lässt sich mit den Rechnern des Umweltbundesamtes oder der Organisation WWF ausrechnen. Dass das eigene Verhalten Einfluss auf den Klimanotstand hat, davon ist Autor Mike Berners-Lee überzeugt. „Wer umweltfreundlichere Lösungen für seinen Alltag findet, zeigt anderen, dass es möglich ist.“ Verhalten sich immer mehr Menschen so, würde es bald als unverantwortlich angesehen, verschwenderisch mit CO2 umzugehen. Das habe auch Einfluss auf die Politik.
Den CO2-Fußabdruck verbessern
Jeder kann für sich schauen, ob er beim Wohnen, Essen, Reisen oder durch sein sonstiges Konsumverhalten am besten CO2 einsparen kann. Doch um klug mit unserem CO2-Budget umzugehen, müssen wir ein Gefühl für die Preise bekommen. Hier ein Überblick:
Unter 10 Gramm
• Ein halber Liter Leitungswasser verursacht 0,2 Gramm CO2e *.
• Eine kurze E-Mail von Laptop zu Laptop verursacht 0,3 Gramm CO2e.
• Eine fünfminütige Google-Suche auf dem Smartphone verursacht 5,6 Gramm CO2e.
10 bis 100 Gramm
• Ein einstündiger Zoom-Videoanruf auf einem Laptop verursacht 10 Gramm CO2e.
• Ein Apfel (lokal und saisonal) verursacht 32 Gramm CO2e. Bei einem importierten Apfel außerhalb der Saison, der gekühlt werden muss, fallen ganze 290 Gramm CO2e an.
• Ein Liter Wasser mit dem Wasserkocher kochen verursacht 40 Gramm CO2e.
• Eine Zugfahrt von 1,6 Kilometern (eine Meile) mit der U-Bahn in London verursacht 68 Gramm CO2e, mit einem Intercity sind es 80 Gramm CO2e.
Tipps, um CO2 im Alltag einzusparen
Lebensmittel
• weniger Fleisch und Milchprodukte essen• alle Lebensmittel, die man kauft, auch verzehren• Nahrungsmittel vermeiden, die per Luftfracht importiert werden• unverpackt einkaufen
Reisen/Fortbewegung
• das Auto abschaffen/stehen lassen• mit dem Zug fahren, statt zu fliegen• Urlaub näher am eigenen zu Hause machen
Wohnen
• zu einem Öko-Strom-Anbieter wechseln• Geräte ausschalten, die nicht gebraucht werden – auch den WLAN-Router über Nacht• die Heizung nicht zu hoch aufdrehen• LED-Leuchtmittel nutzen
Konsum
• Kleidung, Möbel oder Elektrogeräte gebraucht kaufen• insgesamt weniger konsumieren• Dinge reparieren, statt sie neu zu kaufen• beim Kauf von Neuware möglichst auf eine faire, ethische und umweltfreundliche Herstellung achten
Geld
• Wechsel zu einer Bank, die das Geld nachhaltig investiert (zum Beispiel GLS, Triodos oder Umweltbank)• in grüne Fonds investieren
100 Gramm bis 500 Gramm
• Eine Banane verursacht 110 Gramm CO2e.
• Eine Wegwerfwindel verursacht 130 Gramm CO2e.
• Eine Stunde Fernsehen (Mediathek) auf einem 55-Zoll-LED-Fernseher verursacht 206 Gramm CO2e.
• Eine Literflasche Wasser aus der Plastikflasche verursacht im Durchschnitt 400 Gramm CO2e.
• Eine Rolle Toilettenpapier aus Recyclingpapier verursacht 450 Gramm CO2e und aus Neupapier 730 Gramm CO2e.
500 Gramm bis 1 Kilogramm
• 1,6 Kilometer (eine Meile) Autofahrt mit einem Kleinwagen bei konstanten 90 Kilometern pro Stunde verursacht 290 CO2e und bei einem Mittelklassewagen mit einem Verbrauch von 7,8 Litern auf 100 Kilometern sind es 530 Gramm CO2e.
• Ein Milchkaffee mit Kuhmilch verursacht 552 Gramm CO2e, wer einen Haferdrink statt Kuhmilch nimmt, spart 264 Gramm CO2e ein.
• Eine Pizza (25 Zentimeter Durchmesser) vegan verursacht 1 Kilogramm CO2e und eine „Quattro Formaggi“ verursacht 2,2 Kilogramm CO2e. 130 Gramm CO2e kommen noch durch den Pappkarton oben drauf.
• Eine Portion Fisch (200 Gramm) frischer Seelachs (lokal gefangen und verkauft) verursacht 880 Gramm CO2e, Thunfisch aus der Dose verursacht 1,9 Kilogramm CO2e.
1 bis 10 Kilogramm
• Ein Liter Milch verursacht 3,2 Kilogramm CO2e (globaler Durchschnitt) nur 0,9 Kilogramm CO2e sind es bei einem Haferdrink.
• Eine 6er Packung Eier verursacht 2 Kilogramm CO2e.
• Eine Waschmaschinenladung bei 40 Grad und im Wäschetrockner getrocknet verursacht 2 Kilogramm CO2e, wer lufttrocknet verbraucht nur 540 Gramm CO2e.
• 250 Gramm Käse verursacht 4,8 Kilogramm CO2e bei Parmesan und 3 Kilogramm CO2e bei Cheddar.
10 bis 100 Kilogramm
• Ein Paar Lederschuhe verursacht 15 Kilogramm CO2e.
• Eine Nacht im Luxushotel, das keine Öko-Labels hat, verursacht 75 Kilogramm CO2e.
• Eine Lammkeule (2 Kilogramm) verursacht 42 Kilogramm CO2e.
• Das Smartphone ein Jahr lang 195 Minuten am Tag zu nutzen verursacht 69 CO2e.
100 bis 1.000 Kilogramm
• Eine Tankfüllung (50 Liter) mit Diesel verursacht 196 Kilogramm CO2e, mit Benzin 173 Kilogramm CO2e.
• Ein Begräbnis verursacht 410 Kilogramm CO2e bei der Einäscherung und 840 Kilogramm CO2e bei der Erdbestattung.
• Ein Katze verursacht 310 Kilogramm CO2e pro Jahr und 2.500 Kilogramm CO2e fällt für eine Deutsche Dogge pro Jahr an.
1 bis 10 Tonnen
• Eine Tonne verursacht im globalen Durchschnitt mit einem Recyclinganteil von 25 Prozent 1,8 Tonnen CO2e, neur Stahl der im Hochofen produziert wird 2,3 Tonnen CO2e.
• Ein Flug von London nach Hongkong und zurück in der Economy Class verursacht 3,5 Tonnen CO2e.
• Eine Tonne Stickstoffdünger verursacht 2,7 Tonnen CO2e bei effizienter Herstellung.
Zum Weiterlesen
Mike Berners-Lee: „Wie schlimm sind Bananen? Der CO2-Abdruck von allem”, Midas, 280 Seiten, 22 Euro
Foto: Midas
10 bis 1.000 Tonnen
• Ein neues Auto verursacht 4 Tonnen CO2e bei einem Peugeot 107 mit Basisausstattung, 8 Tonnen CO2e bei einen Ford Focus Titanium und 25 Tonnen CO2e bei einen Range Rover Sport HSE.
• Ein Mensch verursacht im Jahr durchschnittlich 7 Tonnen CO2e, ein Bewohner Malawis nur 0,2 Tonnen CO2e, der durchschnittlicher Einwohner Nordamerikas 21 Tonnen CO2e.
• Ein neues Einfamilienhaus aus Steinen und Mörtel verursacht 53 Tonnen CO2e.
Millionen Tonnen
• Der Ausbruch des Vulkans Ätna verursacht pro Jahr 1 Million Tonnen CO2e.
• Die Fußball-WM 2014 in Brasilien verursachte 2,7 Millionen Tonnen CO2e.
• Die Rechenzentren der Welt 2020 verursachen 160 Millionen Tonnen CO2e.
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Milliarden Tonnen
• Flächenbrände verursachten weltweit in 2019 ganze 8,6 Milliarden Tonnen CO2e.
• Weltweite Informations- und Kommunikationstechnik (gesamt inklusive aller Rechenzentren, Geräte und Netzwerke) verursachen 1,4 Milliarden Tonnen CO2e.
• Abholzungen verursachen 5-10 Milliarden Tonnen CO2e (globale Rodungen im Jahr).
*Hinweis zu den Berechnungen: Mike Berners-Lee lebt in Großbritannien und legt vielen seinen Rechnungen dies als Ort zu Grunde. Für viele Berechnungen geht er von dem britischen Strommix aus. Der Energiemix in Deutschland ist etwas anders.