Genügt ein Hinweis, damit Gaststätte oder Arztpraxis nicht für die Garderobe haften? Rechtsanwalt Martin Huff erklärt die Rechtslage.
In der Kneipe oder Arztpraxis„Für die Garderobe wird nicht gehaftet“ – gilt das wirklich so pauschal?
„Für die Garderobe keine Haftung“: Dieses Schild findet sich tatsächlich in ganz vielen Gaststätten, aber auch in Arztpraxen oder bei Veranstaltungen. Doch wie beim Warnhinweis „Eltern haften für ihre Kinder“ handelt es sich um eine Angabe, die wenig mit der Rechtslage zu tun hat. Es kommt nämlich sehr auf den genauen Sachverhalt an, um zu entscheiden, wer am Ende für einen Verlust oder einen Schaden haftet.
Bei Hinweisschildern, die die Garderobenhaftung ausschließen, handelt es sich ganz grundsätzlich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) gemäß den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Von den AGB war kürzlich auch im Rahmen dieser Kolumne die Rede.
Was die Aufbewahrung von Gegenständen der Garderobe betrifft, ist ein solcher pauschaler Haftungsausschluss aber nicht zulässig, weil Verbraucherinnen und Verbraucher unangemessen benachteiligt werden. Dementsprechend ist die Klausel nach Paragraf 309 BGB unwirksam. Sonst wäre nämlich die Haftung zum Beispiel auch ausgeschlossen, wenn der Inhaber eines Lokals oder seine Angestellten aufbewahrte Kleidungsstücke vorsätzlich beschädigen oder stehlen würden.
„Keine Haftung“? Davon sollte man sich nicht abschrecken lassen
Daher mein erster Ratschlag: Wenn mit der Garderobe etwas passiert, darf man sich durch das „Keine Haftung“-Schild auf keinen Fall von vornherein davon abschrecken lassen, seine Ansprüche durchzusetzen.
Ob ein Restaurantbetreiber für Schäden oder Verlust haftbar gemacht werden kann, hängt von der jeweiligen Situation ab: Wenn der Gast seine Kleidung selbst aufhängt und sie sich in seiner Sichtweite befindet, haftet der Betreiber des Restaurants nicht. Denn dafür bedürfte es einer vertraglichen oder gesetzlichen Pflicht. Handelt der Gast selbst, so kommt beim Bewirtungsvertrag zwischen ihm und dem Gastronomen nicht zu einer sogenannten Nebenpflicht, auch auf die Garderobe aufzupassen. Auch ohne das Schild müsste der Gastwirt in solch einem Fall nicht haften.
Hier kann es besonders ärgerlich werden, wenn etwa aus einem Mantel erst der Autoschlüssel und dann das Auto gestohlen wird. Die Kfz-Versicherung könnte sich auf den Standpunkt stellen, dass die Aufbewahrung des Schlüssels in der Jackentasche und das Aufhängen ohne direkten Kontakt eine grobe Fahrlässigkeit dargestellt habe. Damit wäre der Versicherungsschutz gefährdet. Also der zweite Ratschlag, so simpel wie wirkungsvoll: Keine wertvollen Gegenstände im Mantel oder in der Tasche lassen, wenn diese nicht ständig unter Aufsicht ist.
Abgabe an zentraler Garderobe ist kein Haftungsausschuss möglich
Anders ist die Lage, wenn Mäntel oder Jacken an einer zentralen Garderobe abgegeben werden und für die Aufbewahrung möglicherweise sogar ein Entgelt verlangt wird. Im Theater ist das die Regel, aber auch im Restaurant kommt diese Variante vor. Dann entsteht ein eigener Verwahrungsvertrag, und das Schild „Für Garderobe keine Haftung“ ermöglicht dem Betreiber keinen Haftungsausschluss. Der Gast ist hier schließlich nicht in der Lage, selbst auf seine Garderobe zu achten. Neben den Kleidungsstücken selbst sind in der Regel auch darin befindliche Gegenstände wie etwa Schlüssel von der Haftung umfasst.
Das gleiche gilt meines Erachtens auch dann, wenn in einem Restaurant das Servicepersonal dem Gast die Garderobe abnimmt und sie weghängt. Hier handelt es sich dann juristisch betrachtet um die Übernahme einer vertraglichen Nebenpflicht, sorgfältig auf die Garderobe zu achten und sie entsprechend zu verwahren. Der Gastwirt könnte nun durch Allgemeine Geschäftsbedingungen seine Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränken. Doch das kommt in der Praxis nicht vor, jedenfalls habe ich es noch nicht erlebt.
Für Schäden an aufbewahrten Kleidungsstücken gilt: Bestand die Haftung eines Dritten, dann muss dieser den Schaden ersetzen. Er muss zum Beispiel die Reinigung eines Mantels bezahlen, wenn dieser verschmutzt wurde. Bei einer Beschädigung muss die Reparatur bezahlt werden, wenn dies möglich ist – etwa bei einem eingerissenen Futter. Ist das Kleidungsstück endgültig weg, wird nur der Zeitwert und nicht der Kaufpreis für ein neues Stück ersetzt, und der Geschädigte muss überdies das Eigentum und – zum Beispiel über den Kaufbeleg mit Datum und Preis – den Wert nachweisen.
Dieser Text ist eine Folge unserer Rechtskolumne „Recht & Ordnung“. In dieser Serie schreiben Staatsanwältin Laura Neumann (Düsseldorf) sowie die Rechtsanwälte Pia Lorenz („Beck aktuell“), Martin W. Huff (ehem. Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Köln) und Thomas Bradler (Verbraucherzentrale NRW, Leiter Markt und Recht). In ihren Kolumnen geben sie Auskunft zu oft kniffligen Fragen des Rechts, können aber keine Rechtsberatung bieten oder in konkreten Fällen den Gang zu einem Anwalt ersetzen. Haben Sie eine Frage an unsere Experten? Dann schreiben Sie uns eine Mail an: recht-und-ordnung@kstamedien.de