Eine neue Studie erklärt, warum es zu Falschfahrten kommt. Wie soll man sich verhalten, wenn einem ein Auto entgegenkommt?
Neue StudieViele Geisterfahrer fahren absichtlich falsch – was dann zu tun ist
Es ist die Horrormeldung schlechthin im Autoradio: „Vorsicht, auf der Autobahn kommt ihnen ein Geisterfahrer entgegen.“ Sofort tauchen zwei Fragen im Kopf auf: Wie soll ich mich jetzt verhalten? Und wie konnte das bloß passieren?
Die Unfallforschung der Versicherer (UDV) im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat jetzt dazu die Ergebnisse eines mehrjährigen Forschungsprojekts vorgestellt. Untersucht wurden 288 Unfälle aus dem Zeitraum ab 2015, an denen Geisterfahrer beteiligt waren. Dazu hat die UDV unter anderem Schadenakten der Versicherer, Gerichtsprotokolle und Medienberichte ausgewertet. Das Ergebnis ist erschreckend: Etwa 45 Prozent der Falschfahrten passieren mit Absicht. In rund einem Drittel der Fälle wurde der Studie zufolge im fließenden Verkehr gewendet.
Fast die Hälfte der Geisterfahrer ist über 65 Jahre alt
Die mit Abstand häufigste Aktion, die zu einer Geisterfahrt führt, ist mit 52,1 Prozent die falsche Auffahrt auf eine Autobahn an einer Anschlussstelle oder Raststätte. Die Studie zeigt außerdem, dass mit 48,1 Prozent fast die Hälfte aller Geisterfahrer älter als 65 Jahre sind. Besonders hoch ist dabei der Anteil der über 75-Jährigen, auf die 41 Prozent aller Falschfahrten entfielen. Demgegenüber machen unter 24-Jährige lediglich 9,1 Prozent der Falschfahrer aus. In 96 Prozent der Fälle werden die Falschfahrten durch PKW verursacht. Rund die Hälfte der Fahrten sind kürzer als zwei Kilometer.
Bei den Senioren werden eher Verwirrtheit oder Demenz als Ursache vermutet, weniger Absicht. Wenn jüngere Menschen falsch fahren, sind sie entweder auf der Flucht vor der Polizei oder haben eine Suizidabsicht. Alkohol spielt in knapp einem Fünftel der gesamten Fälle als Begleitumstand ebenfalls eine Rolle.
Wie können Geisterfahrten verhindert werden?
„Die Ergebnisse sind erschreckend und zeigen, dass wir bisher unsere Hoffnungen auf Maßnahmen gesetzt haben, die nur begrenzt Wirkung entfalten können“, so UDV-Chef Siegfried Brockmann. Eine deutlichere Markierung auf der Straße und große Stopp!-Schilder an der Autobahnauffahrt, wie es sie in anderen Ländern gibt, könnten eine Maßnahme sein, um das Auffahren in die falsche Richtung zu verhindern. Einige Autos verfügen auch über Technik, die erkennen kann, wenn das Auto in die falsche Richtung unterwegs ist. Wenn jemand absichtlich zum Geisterfahrer werden will, nutzen all diese Einrichtungen allerdings nichts.
Kurz- und mittelfristig sollte nach Ansicht der UDV auf optimierte Information via Verkehrsfunk, Verkehrsbeeinflussungsanlagen und vor allem App-Lösungen im Fahrzeug oder Smartphone gesetzt werden. Da aber der Einfluss auf die Verursacher ohnehin gering sei, müssten vor allem die anderen Verkehrsteilnehmer informiert werden.
Was tun, wenn einem ein Falschfahrer entgegenkommt?
Und was macht man nun, wenn einem ein Falschfahrer entgegenkommt? Der Auto Club Europa (ACE) empfiehlt, sofort per Notruf 110 die Polizei zu verständigen und Angaben zur eigenen Position zu machen. In keinem Fall sollte man auf eigene Faust versuchen, einen Geisterfahrer zu stoppen. Wer aus dem Verkehrsfunk bereits von einem falsch fahrenden Fahrzeug auf seiner Route weiß, sollte das Radio eingeschaltet lassen, die Geschwindigkeit kontrolliert verringern und die Warnblinker einschalten.
Zudem rät der ACE, am Rand der äußersten rechten Spur zu fahren und den Standstreifen zum Ausweichen im Notfall im Auge zu behalten. Und es gilt, Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug halten und keinesfalls zu überholen. Dann am besten von der Autobahn abfahren oder am nächsten Parkplatz warten.
Laut Brockmann ist zwar die bisherige Empfehlung richtig, äußerst rechts zu fahren und nicht zu überholen, jedoch sollte diese um die Empfehlung ergänzt werden, nicht schneller als 80 Kilometer pro Stunde zu fahren. Voraussetzung ist eine örtlich verlässliche und zeitnahe Information über die Falschfahrt.
Und wenn man selbst in die falsche Richtung fährt?
Wer sich nach einem Irrtum unvermittelt selbst in der falschen Richtung wiederfindet, sollte laut ACE als Erstes die Warnblinkanlage und das Licht einschalten, um besser gesehen zu werden. Unbedingt das Tempo reduzieren, möglichst auf den Standstreifen wechseln und dort anhalten. Anschließend aussteigen, Warnweste anlegen, hinter der Leitplanke Schutz suchen und dort den Notruf 110 wählen. Dann auf das Eintreffen von Polizei und Rettungskräften warten. Auf gar keinen Fall dürfen Geisterfahrer wenden oder gar versuchen, im Rückwärtsgang die Autobahn zu verlassen. (mit dpa)