Navi, Handy, TouchscreenWelche Geräte darf man beim Autofahren bedienen?
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In unserer Serie „Recht und Ordnung“ befassen wir uns mit juristischen Themen aller Art – und verschaffen Ihnen mehr Durchblick im Paragrafen-Dschungel.
Dafür befassen sich eine Staatsanwältin, ein Rechtsanwalt und eine Jura-Professorin in ihrer Kolumne regelmäßig mit einem konkreten Fall.
Diesmal erklärt Martin W. Huff, welche Geräte man am Steuer benutzen darf und was das Gesetz unter einem „elektronischen Gerät“ versteht.
Köln – Um diese Frage zu beantworten, muss man sich die entsprechende Vorschrift in der Straßenverkehrsordnung (StVO) ansehen. Der Paragraf 23 in der seit 2017 geltenden Fassung ist erstens durchaus schwer zu lesen und zweitens in seiner Tragweite kaum bekannt. Das führt immer wieder zu Auseinandersetzungen vor den Gerichten, weil Autofahrer, gegen die auf Basis dieser Vorschrift ein Bußgeld verhängt wurde, sich dagegen wehren.
Der umstrittene Paragraf lautet in den wesentlichen Passagen: „Wer ein Fahrzeug führt, darf ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, nur benutzen, wenn (1.) hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird und (2.) entweder (a) nur eine Sprachsteuerung und Vorlesefunktion genutzt wird oder (b) zur Bedienung und Nutzung des Gerätes nur eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist.
Geräte im Sinne des Satzes 1 sind auch Geräte der Unterhaltungselektronik oder Geräte zur Ortsbestimmung, insbesondere Mobiltelefone oder Autotelefone, Berührungsbildschirme, tragbare Flachrechner, Navigationsgeräte, Fernseher oder Abspielgeräte mit Videofunktion oder Audiorekorder. Handelt es sich bei dem Gerät im Sinne des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, um ein auf dem Kopf getragenes visuelles Ausgabegerät, insbesondere eine Videobrille, darf dieses nicht benutzt werden.“
Zusammengefasst bedeutet dies: Jedes Benutzen eines elektronischen Geräts – nicht nur des Mobiltelefons – während der Fahrt ist verboten und kann mit einem Bußgeld von 100 bis 200 Euro geahndet werden. Kommt es zu einer Gefährdung oder einem Schaden, ist auch ein Fahrverbot von einem Monat möglich. Und bei einem Unfall kann der Fahrer oder die Fahrerin durchaus allein auf seinem Schaden sitzenbleiben.
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Foto: Uwe Weiser
Martin W. Huff, geboren 1959 in Köln, ist seit 2008 Geschäftsführer und Pressesprecher der Rechtsanwaltskammer Köln. Er war lange Jahre Mitglied der Wirtschaftsredaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und Chefredakteur der Neuen Juristischen Wochenschrift, der größten Fachzeitschrift für Juristen. Er befasst sich als Rechtsanwalt in der Kanzlei LLR Rechtsanwälte intensiv mit dem Medienrecht und dem Recht der Freiberufler. Er ist zudem Mitglied der Expertenrunde Recht der Stiftung Warentest.
Doch was ist, abgesehen vom Handy, unter einem „elektronischen Gerät“ zu verstehen? Der Bundesgerichtshof (BGH) hat vor kurzem eine Entscheidung (Beschl. v. 16.12.2020 – 4 StR 526/19) veröffentlicht, die zum einen die Vorschrift als genau genug bezeichnet und zum anderen klarstellt, dass auch ein elektronischer Taschenrechner unter das Verbot fällt. Ein Makler hatte damit während der Fahrt eine Provision ausgerechnet und war erwischt worden. Die Verurteilung wegen des Verstoßes gegen Paragraf 23 StVO gehe in Ordnung, entschied der BGH – im Gegensatz zum Beispiel zu den Richtern am Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg, die dies noch anders gesehen hatten.
Auch Bedienung des Touchscreens am Auto kann verboten sein
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Ein gründlicher Blick in die Rechtsprechung zeigt, dass eben nicht nur Mobiltelefone, sondern auch den elektronischen Scanner eines Paketboten, die Digitalkamera und eine Powerbank mit Touchscreen als „elektronisches Gerät“ angesehen werden, welches am Steuer nicht genutzt werden darf. Die Nutzung lenke deutlich vom Verkehrsgeschehen ab und sei daher zu ahnden.
Entscheidend dafür, dass ein Verstoß vorliegt, ist das tatsächliche Benutzen des Geräts. Als verbotene Nutzung eines elektronischen Geräts sieht das OLG Karlsruhe (Beschl. v. 27.3.2020 – 1 Rb 36 Ss 832/19) auch die Programmierung des fest installierten Touchscreens eines Tesla an. Ein Fahrer hatte hier versucht, über den Touchscreen die Scheibenwischergeschwindigkeit zu ändern. Dadurch offenbar abgelenkt, geriet er von der Fahrbahn ab. Das Bußgeld wurde vom Gericht mit der Begründung verhängt, es habe sich nicht um eine – erlaubte - nur kurzfristige Bedienung gehandelt, sondern um eine verbotene Nutzung. Was allerdings in der juristischen Literatur durchaus umstritten ist.
Ein rechtssicherer Ausweg dürfte nur die immer besser werdende Sprachsteuerung dieser Geräte sein. Diese ist ausdrücklich erlaubt. Zwar müssen diese Geräte die Stimme des Fahrers erst kennenlernen, und der Fahrer selbst muss lernen, richtig zu sprechen. Aber das lenkt jedenfalls deutlich weniger vom Verkehr ab als das Tippen auf Bildschirme oder Tastaturen.