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Abend mit EinrichtungsexperteAuf diesen Raum kommt es in jeder Wohnung besonders an

Lesezeit 7 Minuten
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Die Küche ist der zentrale Raum einer Wohnung, nicht das Wohnzimmer. 

  1. Rick Mulligan ist renommierter Experte für Interior Design und Lebensraum-Planung.
  2. Um schick und gemütlich zu wohnen, braucht man keine 160-Quadratmeter-Wohnung. Mit den richtigen Tricks klappt das auch auf engem Raum.
  3. Uns erklärt er die perfekte Raumaufteilung einer Wohnung und was im Bad gar nicht geht.

Köln – Was die Menschen, die zu ihm kommen, wirklich wollen, muss er erst einmal aus ihnen heraus kitzeln. Rick Mulligan ist renommierter Experte für Interior Design und Lebensraum-Planung. Wer seinen Rat sucht und will, dass er tätig wird, der hat zumindest den festen Entschluss gefasst, dass sein Wohnumfeld einer deutlichen Aufbesserung bedarf. Den meisten Ratsuchenden ist nach mehrfach teuren und trotz allem gescheiterten Selbstversuchen klar geworden: Da muss ein Profi ran, sonst wird das nichts.

„Also“, Herr Mulligan, „wir wollen es richtig schön haben, es soll kuschelig und gemütlich sein“, so beginnen die meisten Gespräche. Was aber heißt das: überall Teddyfell, ein Kissenmeer in dem man versinkt, das totale Design oder doch lieber rustikal mit langlebiger Eiche à la Kellerbar? „Komfort und Gemütlichkeit“, so Rick Mulligan, „unterliegen keinem einheitlichen Schema, sondern sind absolut individuell.“

Gleichgewicht zwischen Komfort und Gemütlichkeit finden ist etwas für Profis

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Rick Mulligan, Experte für Interior Design und Lebensraum-Planung

Klar definiert ist hingegen, was Komfort und Gemütlichkeit zunichte macht. Mulligan: „Das schafft man durch zu viel und durch zu wenig. Wer sich zu reduziert einrichtet, der schafft eine kalte und distanzierte Atmosphäre. Wer überall etwas rumstehen hat, die Kerzenleuchter-Grüppchen und anderen Nippes, der betreibt den Overkill, der die Luft zum Atmen nimmt. Es ist wie bei einem Autoreifen: Bei zu viel Luft droht er zu platzen, bei zu wenig Luft fährt sich das Profil ziemlich schnell ab.“

Veranstaltung „Komfort mit Köpfchen“

Im Gespräch: Rick Mulligan, Experte für Interior Design und Lebensraum-PlanungModeration: Marie-Anne Schlolaut

Donnerstag, 6. Februar, 19 Uhr, studio dumont, Breite Straße 72, Köln

Karten im Vorverkauf: 16 Euro, 13 Euro mit Abocard, jeweils inkl. VVK-Gebühren, ab sofort erhältlichAbendkasse: 18 Euro, 15 Euro mit Abocard

Abocard: 0221 / 28 03 44 / www.abocard.de/ticketsKölnticket: 0221 / 28 01 / www.koelnticket.deForum Blau: www.forumblau-akademie.de

Das Komfort-und-Gemütlichkeit-Gleichgewicht in Wohnräumen auszubalancieren, schaffen meist nur geschulte Profis oder diejenigen, die den Rat der Profis beherzigen und mit deren Unterstützung umsetzen. Mulligan steht oft sprachlos vor dem, was sich Menschen in ihre Wohnung gestellt haben, nicht selten basierend auf dem Rat von irgendwem. „Man sollte sich beizeiten entscheiden, wie viel mir mein Wohnumfeld wert ist und sich kundig machen. Ich gehe ja auch nicht ins Nagelstudio, um mir die Zähne richten zu lassen.“

Eine Wohnung schick einzurichten geht auch bei 3,5 Zimmern

Um das Ziel zu erreichen, bedarf es keiner 160 Quadratmeter Wohnfläche in einer Jugendstil-Villa, sondern das geht auch in einer 3,5-Zimmer-Wohnung, vorausgesetzt man folgt angesichts des kleineren Wohnraums der Logik des Manhattan-Style. Manhattan, der Stadtteil von New York, ist teuer, Wohnungen sind noch teurer und daher sind kleine Wohnräume gefragt – denn je größer, je unerschwinglicher. Die New Yorker in Manhattan haben gelernt, klein und fein zu leben und selbst in beengten Wohnzeilen Lebens-Luxus und Komfort unterzubringen. Rick Mulligan fasst das zusammen unter: „Bequem, angenehm, praktisch - ohne viel Mätzchen. Das macht das Leben zu Hause leichter.“

Natürlich weiß auch er, dass man auf 160 Quadratmetern mehr Spielraum hat, aber „bei zu viel Platz geht schnell die Intimität verloren und die Gemütlichkeit kommt zu kurz. Je mehr Platz man hat, desto weniger weiß man oftmals damit anzufangen. Es wird dann eher repräsentativ.“ Jede Gesellschaftsschicht hat für ihren Lebensraum eindeutige Statussymbole. Bei den einen ist es die Hifi-Anlage Modell „allerletzter Schrei“ und Sofas mit hohem Kopfteil, bei den anderen die Top-Küche als kostspieliges Schauobjekt, gespickt mit Apparaten der Marke „sehr teuer“. Das, was dazwischen liegt, geht laut Mulligan mehr und mehr verloren, „denn unsere Gesellschaft hat bisweilen die Perspektive verloren“. „Mensch und Wohnung“, so der Interior-Design-Profi, „atmen die gleiche Luft. Das ist Harmonie. Wenn jemand elegant daher kommt, sich in der Wohnung dieser Stil fortsetzt, dann ist das stimmig. Jedoch: Kleine Unzulänglichkeiten machen oftmals den Charme aus, auffallende Unzulänglichkeiten dagegen wirken chaotisch.“

Qualität hat ihren Preis, billige China-Importe schaffen keine Wohn-Harmonie

Für viele ist der Anspruch, sich Wohn-Harmonie zu schaffen, schlichtweg die Quadratur des Kreises. Nicht unbedingt weil sie es nicht können, sondern weil sie geblendet werden von Superbillig-Angeboten und längst nicht mehr wissen und wahrhaben wollen, dass Qualität ihren Preis hat. Für Mulligan spiegelt sich das in vorwurfsvollen Äußerungen der Kunden wieder wie: „Als wir uns das letzte mal eingerichtet haben, da war das aber alles deutlich günstiger.“ Die Schere zwischen billigen China-Importen und der „Exklusivität bis zum Erbrechen“ klafft immer weiter auseinander.

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Hinzu kommt, so der Lebensraum-Planer, dass die „gesunde Mittelklasse fehlt“. Jene Schicht also, die weiß und es schätzt, dass beispielsweise eine gute Fensterdekoration bedeutet: gefütterte Gardinen. Das ist keine Marotte verschrobener Berater oder ein luxuriöser Tick, sondern hat für Rick Mulligan handfeste Vorteile: „Gefütterter Stoff wirkt exklusiv, das Futter schützt die Gardinen vor UV-Strahlen der Sonne, die den Stoff beschädigen. Das Material hält länger, fällt besser, sieht edel und schön aus.“ Zu ergänzen wäre: Beides, die qualitativ gute Gardine samt Futterstoff inklusive Schienen gibt es nicht als Schnäppchen. „Warum auch“, argumentiert Mulligan, gebürtig aus den USA, „your home is your castle, und das muss es mir wert sein.“

Abschied von tradierten Vorstellungen

Auch der noch jungen Generation, die es teilweise vorzieht, ihr Geld lieber in weite und häufige Reisen zu investieren anstatt in ihr Zuhause. Reisen und der Fokus auf andere Kulturen empfiehlt sich, so Mulligan, „wenn dadurch der Blick geschärft und das Wissensspektrum erweitert wird, was dem privaten Lebensraum zugute kommen kann und oftmals zu der klugen Erkenntnis führt: Ich muss hier nichts ändern, aber ich will hier etwas ändern. Wenn man muss, dann ist eh schon alles zu spät.“

Den „Platz zum Leben“ in der Ferne und zu Hause muss jeder individuell kreieren, unabhängig von Vorgaben der Altersgenossen oder der Schicht, der man mittels bestimmter Statussymbole angehören will. Dazu gehört, dass man sich von tradierten Vorstellungen getrost verabschieden kann, als da wäre: Ich will keine offene Küche, denn dann riecht es in der ganzen Wohnung nach Essen. „Eine ziemlich banale Ausrede. Eigentlich geht es nur darum, dass man die Küche nicht aufräumen will. Es gibt super Dunstabzüge, und ich kann auch mal ein Fenster öffnen. Was ist so schrecklich daran, wenn es nach Essen riecht? Warum wollen wir nicht riechen, was wir essen? Ich koche schließlich nicht jeden Tag Kohlsuppe.“

Die Küche ist der zentrale Raum, nicht das Wohnzimmer

Für Mulligan ist die Küche die zentrale Kommunikationsfläche, dort „fängt jede Party an und hört jede Party auf“. Nicht im Wohnzimmer, „wo man auf dem Sofa lümmelt, eh nur fragmentierte Gespräche führt und eben nicht solche am Tisch sitzend und auf Augenhöhe.“ Folglich sollte laut Lebensraum-Planer das Wohnzimmer das kleinere Zimmer sein.

Das flächenmäßig oft großzügig geschnittene Schlafzimmer gehört laut Mulligan den Kindern, wo sie ihr Reich haben und ihren Bewegungsdrang ausleben können, während die Eltern gemütlich im Kinderzimmer schlummern können.

Badezimmer brauchen keine Eckbadewannen

Eltern-Schlafzimmer und Bad sind jedoch „die wichtigsten, introvertierten Räume. Sie dienen der Hygiene für Körper und Geist“. Wobei es im Bad weder einer Dusche wie in einer Autowaschanlage bedarf noch einer Eckbadewanne. „Wer will eigentlich in die Ecken kriechen und die ewig sauber machen? Das ist alles nur ein Modegag, kommt repräsentativ daher, ist aber leider unreflektiert.“

Wer sich jenseits jeglicher luxuriöser Gedanken eine Drei-Zimmer-Wohnung mit Elternpaar und zwei Kindern teilen muss, kommt nicht ohne Kompromisse aus. Ja, der Laufstall müsse dann eben im Wohnzimmer stehen, „aber das ist nur für eine bestimmte Zeit und nicht für 18 Jahre. Das ist zudem eine sehr schöne Zeit, das nimmt man gern in Kauf.“

Bloß keine Putzmittel hinter die Toilette stellen

Die Waschmaschine im eh schon engen Bad steht unverrückbar auf ihrem Platz, aber „man sollte sie geschickt verkleiden, damit mich das Bullauge nicht immer anglotzt“. So sollte auch verfahren werden mit den diversen Putzmitteln, die sich in einem Haushalt ansammeln. Alle in den Schrank, aber nicht auf den Badewannenrand oder hinter die Toilette. Wer sich das Ambiente im Bad ruinieren will, kann sich einen Wäscheständer aufstellen. Rick Mulligan: „Das ist tödlich, absolutes No-go.“

Kleider regelmäßig aussortieren

Und: Wer mit seiner Familie in einer kleinen Wohnung lebt, kann sich „den Luxus mit viel Klamotten nicht leisten. Ich brauche weder teure Kleider en masse und schon gar nicht haufenweise billige Kleidung. Große Eitelkeiten erfordern große Schränke, und wer sich in einer kleinen Wohnung weder das eine noch das andere leisten kann, muss klug konsumieren, beizeiten aussortieren und zwangsläufig Wintergarderobe und Regensachen im Keller oder auf dem Dachboden lagern.

Lebensraum heißt nicht Stauraum“, sagt Mulligan, und das gilt genauso für die in der Jugendstil-Villa wie die in der Drei-Zimmer-Wohnung.