Gartenprofi gibt Tipps„In der Natur gibt es auch keine Bewässerungssysteme“
Hilden – Gartendesigner Peter Janke hat zwar ein riesengroßes, 14.000 Quadratmeter umfassendes Grundstück, aber er hat auch die gleichen Probleme wie Besitzer eines kleinen Gartens. Das Klima in Deutschland hat sich bereits verändert – und er kämpft immer öfter mit fehlendem Regen und anderen Wetterextremen.
Darüber schreibt er in seinem neuen Buch – und verrät darin und in diesem Interview, warum er trotzdem seinen Rasen nicht künstlich bewässert.
Herr Janke, Sie schreiben in Ihrem Buch, dass sich Ihr Garten in den vergangenen 15 Jahren eklatant verändert habe. Was ist denn passiert?
Peter Janke: Ich habe diesen Garten vor 15 Jahren angefangen. Dieses Grundstück habe ich ausgesucht, weil es eine Besonderheit in den Bodengefügen hat. Vor 8000 bis 10.000 Jahren ist hier der Rhein entlang geflossen und hinterließ ein zerrissenes Bodengefüge. Ich habe auf verhältnismäßig kleiner Fläche unterschiedlichste Böden: Wir haben auf der einen Seite eine trockene Sandbank, auf der anderen eine sprudelnde Quelle mit der Möglichkeit, Teiche zu speisen.
In den Anfangsjahren konnte man sich auf diese Aufteilung verlassen. Aber ungefähr in den letzten zehn Jahren hat eine Entwicklung begonnen, die sich in den letzten drei, vier Jahren ganz, ganz eklatant herausgebildet hat – nämlich, dass auf einmal der feuchte Teil unseres Gartens gar nicht mehr so feucht ist. Die Quelle ist versiegt, die Teiche sind in den letzten Sommern trockengefallen.
Das macht in einem Garten, in dem ich die Pflanzenauswahl ja genau für diesen Standort festgelegt habe, einen riesen Unterschied.
Ist die Trockenheit Ihrer Ansicht nach das größte Problem für unsere Gärten?
Das Schwierigste ist eine zunehmende Unberechenbarkeit des Wetters. Also ein ständiges Hin- und Herschwanken zwischen Wetterextremen. Und dazu zählt auch, dass einige regionale Gesetzmäßigkeiten komplett ausgehebelt wurden.
Ein Beispiel: Wir sind hier im Westen sehr regenbegünstigt. Doch in den letzten fünf Jahren zogen die großen Regengebiete regelmäßig an uns vorbei. In den vergangenen zwei Jahren hatten wir gerade mal etwas über die Hälfte der üblichen Regenmenge. In anderen Bereichen Deutschlands hat man hingegen mehr Hochwasser. Dazu kommen Temperaturextreme – 40 Grad im Sommer zum Beispiel.
Übrigens, diese für mich müde Argumentation, dass es das ja immer schon mal gegeben hat, ist Nonsens. Denn die Taktung ist so stark geworden. Das sind ja nicht einmalige Phänomene. Das macht mir Angst.
Denn zum Beispiel haben unsere sehr alten Buchen am Gartenrand über zwei Jahrhunderte sicherlich schon mal einen extremen Sommer oder mal einen extrem nassen Winter erlebt. Aber sie hatten dann bis zum nächsten Wetterextrem ausreichend Zeit, sich zu regenerieren. Denn wenn ein Organismus durch zu wenig Nahrung oder zu wenig Feuchtigkeit geschwächt wird, dann muss er erst mal Luft holen können, um wieder fit zu werden und den nächsten Schuss verkraften zu können.
Das wird sicherlich ein ganz wichtiger Punkt werden beim Überdenken, welche Pflanzen wir sinnvollerweise künftig für unsere Gärten nutzen werden.
Sie schreiben in Ihrem Buch, Sie haben schon einige Pflanzenarten in ihrem Garten aufgeben müssen. Welche sind das?
Eine Gattung, die mir früher immer ganz viel wert war, ist der Germer (Veratrum). Es gibt davon eine europäische Art aus den Alpen, die auf kühlen, sonnigen Bergwiesen wunderschön blüht. Die kann ich hier im Rheinland nicht mehr halten, es wird ihr zu warm.
Müssen Gartenpflanzen also künftig viel stärker nach regionalen Aspekten als bisher ausgewählt werden?
Davon gehe ich stark aus. Nun ist Deutschland immer schon zu groß, um ein Patentrezept für alle Gärten zu haben. Das hat auch was mit den Böden zu tun – in der Pfalz können Sie sich nicht vorstellen, was für ein Sandkasten in Brandenburg ist. Aber die Notwendigkeit zur Differenzierung, auch regional, wird absolut steigen.
Dazu braucht es, dass nicht nur Gartenbesitzer, sondern jeder wieder ein bisschen mehr Verständnis von natürlichen Prozessen hat. Ich kann ja nur etwas verbessern und Pflanzen dauerhaft halten, wenn ich die Mechanismen der Natur zumindest ansatzweise kenne.
Nun könnten Sie die Trockenheit im Sommer ja mit Bewässerung lösen. Sie wollen aber zum Beispiel keine Rasenbewässerung einbauen, sondern das Problem anders lösen. Warum?
In der Natur gibt es auch keine Bewässerungssysteme. Und in Mitteleuropa gibt es keine Wüsten. Also muss es doch auch Gewächse geben, die für unsere Standorte ohne Bewässerung geeignet sind.
Und wenn es für so eine Pflanze im Sommer doch zu trocken wird, dann wächst sie mit ihren Wurzeln tiefer in den Boden, wo im Normalfall mehr Feuchtigkeit ist. Gibt es ein Bewässerungssystem, das stetig von oben ein bisschen Wasser gibt, dann wächst die Pflanze aber mit den Wurzeln dorthin nach oben. Wenn ich dann an auch nur an einem Tag Probleme mit der Bewässerung habe, und es ist heiß und windig, sind meine von oben mit Wasser verwöhnten Gewächse dem Tode geweiht.
Ich will dieses Problem bei der Wurzel packen, und nicht mit einem menschgemachten Hilfsmittel kaschieren. Das meist auch aus Kunststoff besteht, was kein Mensch jemals wieder aus dem Boden herausholt. Heutzutage muss bei Bauvorhaben der Oberboden zum Teil entsorgt werden, weil zu viel Plastik drin ist. Und Energie und Kosten spielen natürlich auch eine Rolle. Und erst recht die Ressource Wasser.
Es ist für mich schwierig, wenn ich das mal nett ausdrücke, für die Tatsache, dass ich es um mich herum hübsch haben will, eine so wertvolle Ressource wie Trinkwasser verjubeln würde.
Und wenn ich mir einen Brunnen baue?
Der Brunnenbau wird in Zukunft berechtigterweise schwieriger werden. Denn wenn wir so alle Grundwasser abpumpen, dann werden die eh schon sinkenden Grundwasserstände sicherlich nicht besser werden. Es gibt daher ja jetzt schon regelmäßig in manchen Kommunen ein generelles Bewässerungsverbot – für Grund- und Trinkwasser.
Das könnte Sie auch interessieren:
Ich als Gartenbesitzer kann dann zwar sagen: „Das ist alles nur Ökopopulismus und mir doch egal. Ich habe das Geld, ich hab die Lust auf blühende 'Annabelle'-Hortensien vor meiner Haustür. Ich mach das so, wie ich denke.“ Und dann dürfen Sie aber irgendwann nicht mehr bewässern. Nun können Sie eigentlich nur auf Ihrer Terrasse sitzen und beobachten, wie Ihr Garten langsam vor sich hin vertrocknet, weil Sie die falsche Pflanzenauswahl getroffen haben.
Also ist ihr Rat Nummer 1, nur noch auf die zur Region passenden Pflanzen zu setzen?
Richtig. Natürlich ist es verlockend, Raritäten und seltene Schätze auszuprobieren, und es wäre absolut falsch zu behaupten, dass ich davor gefeit wäre. Ich bin oft schon in meinem Gärtnerleben diesem Verlangen unterlegen, weil eine Pflanze so schön ist. Aber musste dann auch oftmals eingestehen: „Nee, das war erwartungsgemäß ein Fehler, und er hat sich jetzt auch tatsächlich gezeigt.“
Sind Sie denn optimistisch, dass das private Gärtnern in Zukunft noch einfach ist?
Ja, es ist immer einfach, einen tollen Garten zu gestalten, wenn man sich diese winzige Mühe macht, zu gucken, welche Pflanze was kann. Kann die gut in meiner Region, in meinem Boden, bei meinen Windverhältnisse gedeihen? Und es gibt so viele Pflanzen! Daher: Einen schönen Garten, den kriege ich immer. Und zwar relativ einfach. (dpa/tmn)