Inflation bedeutet, dass Preise steigen – nun aber sinken sie im Discounter und Supermarkt. Wie das zusammenpasst, erklärt ein Marktexperte.
Trotz InflationDiscounter und Supermärkte senken Preise – welche Produkte jetzt billiger werden
Die Nahrungsmittelpreise haben die Budgets der Verbraucher im Juni mit einem Anstieg von 13,7 Prozent belastet. Nun rabattieren Discounter und Supermärkte einige Eigenmarkenprodukte deutlich. Wie passt das zusammen?
Seit Ausbruch des Ukraine-Krieges und der Inflationskrise steigen die Preise für Lebensmittel bei Discountern und Supermärkten immer weiter an. Damit soll vorerst Schluss sein. Zumindest für einige Eigenmarkenprodukte senkten Discounter und Supermärkte ihre Preise deutlich – teilweise bis zu 17 Prozent.
Ende Juni hat Aldi angekündigt, seine Preise für insgesamt acht Produkte seiner Eigenmarke zu senken – darunter folgende Produkte:
- „Kokett“ Toilettenpapier (3-lagig 10 × 200 Blatt) von 4,05 Euro auf 3,59 Euro (-11 Prozent)
- „Bellasan“ Sonnenblumenöl (1 Liter) von 1,99 Euro auf 1,79 Euro (-10 Prozent)
- „Tandil“ Colorwaschmittel (1,1-Liter) von 3,55 Euro auf 3,25 Euro (-8 Prozent)
- „Goldland“ Honig (500 Gramm) von 3,79 Euro auf 3,19 Euro (-16 Prozent)
Im Eigenmarkensortiment von Lidl gibt es ebenfalls Preissenkungen bei insgesamt 39 Artikeln. Folgende Produkte sind günstiger:
- „Vita D’or“ Sonnenblumenöl (1 Liter) von 1,99 Euro auf 1,79 Euro (-10 Prozent)
- „Floralys“ Toilettenpapier (4-lagig 10 × 180 Blatt) von 5,05 Euro auf 4,45 Euro (-12 Prozent)
- „Maribel“ Blütenhonig (500 Gramm) von 3,79 Euro auf 3,19 Euro (-16 Prozent)
- „Formil“ Ultra Plus Colorwaschmittel Power (30WL) je 2,025-kg-Packung von 5,29 Euro auf 4,89 Euro (-8 Prozent)
Auch Kaufland drückte die Verkaufspreise seiner Eigenmarken K-Classic und K-Bio. Einige Beispiele der K-Classic-Eigenmarke:
- Sonnenblumenöl (1 Liter) 1,79 statt 1,99 Euro (-10 Prozent)
- Mayonnaise (500 Gramm) 1,85 statt 1,99 Euro (-7 Prozent)
- Spülmittel (1 Liter) 0,95 Cent statt 1,15 Euro (-17 Prozent)
- Toilettenpapier soft (3-lagig, 10 × 200 Blatt) 3,59 statt 4,05 Euro (-11 Prozent)
Preissenkungen: Wie sieht es bei Edeka, Netto, Rewe und Penny aus?
Auf Anfrage versprechen sowohl Edeka, Netto, Rewe als auch die Rewe-Group-Tochter Penny ihren Kunden eine ähnliche Preissenkung. Wie auch Aldi und Co. wolle man die Preise für die Eigenmarkenprodukte in den Segmenten Honig, Kochöle, Reinigungsmittel und Toilettenpapier sowie Milchprodukte in vergleichbarem Umfang senken, heißt es aus der Unternehmenskommunikation von Edeka, Netto Marken-Discount und der Rewe-Group.
Begründet wird die Entscheidung bei allen Händlern mit fallenden Rohstoffpreisen. Bei der Rewe-Group heißt es zudem: „Sobald sich ein Spielraum für Preissenkungen ergibt, werden wir diesen nutzen und an unsere Kundinnen und Kunden weitergeben.“
Für Bernhard Burdick von der Verbraucherzentrale NRW sind die Preissenkungen jedoch keine wohlwollende Konsequenz der Discounter und Supermärkte auf die Inflation, sondern ein längst überfälliger Schritt in einem Versuch der Händler, die Preisschraube insgesamt nach oben drehen zu wollen.
Burdick ist Leiter der Gruppe Markt und Konsum der Verbraucherzentrale NRW. „Dass die Preise bei vielen Eigenmarken jetzt runtergehen, ist also vielmehr die Reaktion auf die Kritik seitens unter anderem der Verbraucherzentralen auf die großen Händler Aldi, Lidl, Rewe, Edeka bezüglich ungerechtfertigter Preissteigerungen“, sagt Burdick. So wären die Preise der Eigenmarken im vergangenen Jahr deutlich stärker gestiegen als Markenprodukte.
Markt-Check der Verbraucherzentrale: Preisunterschied von mehr als 100 Prozent bei fast allen Produkten
In einem Markt-Check hat die Verbraucherzentrale die Preise von 19 Grundnahrungsmitteln in verschiedenen Filialen von den vier großen Einzelhändlern in NRW-Großstädten untersucht. Das Ergebnis: Ein Preisunterschied von mehr als 100 Prozent bei fast allen Produkten und über alle Filialen hinweg – und dafür fehle jegliche Erklärung, sagt Burdick.
„Es hieß seitens der Händler dann, Lieferketten seien nicht intakt, Rohstoffe verknappt und Lieferengpässe würden weiter bestehen“, sagt Burdick. Diese Begründungen seien laut Burdick aber nicht mehr haltbar. Vielmehr lasse sich seit einigen Monaten eine Diskussion nach Schuldigen für die nach wie vor hohen Lebensmittelpreise feststellen, sagt Burdick. Dabei stehen Händler und Hersteller im Zentrum, sie streiten um Preise und schieben einander die Schuld zu. Die Händler sagen, sie verzichten auf Marge, weil die Hersteller zu sehr erhöhen. Die Hersteller wiederum sagen, sie können ihre Mehrkosten ansonsten nicht decken.