„Mama gesucht!“Warum ein Agentur-Chef nur Mütter einstellen will
Damit hätte er nicht gerechnet. Der Freisinger Agentur-Chef Michi Kasper ist der neue Liebling der Mütter. Denn er bietet ihnen etwas, was andere so oft nicht wollen: Einen Job. In Teilzeit oder als Freelancer. „Mama gesucht“ titelt er in seiner Stellenanzeige, denn genau diese sucht er für sein kleines Unternehmen nahe München. „Mamas sind stressresistent, gut vernetzt, oft bestens ausgebildet und können mit Kindern sowie Kindsköpfen umgehen“, schreibt er dort.
Mit dieser Aussage hat er offenbar einen Nerv getroffen, denn seitdem sind nicht nur hunderte Bewerbungen bei ihm eingegangen, sondern auch viele Nachrichten, in denen sich Mütter bei ihm bedanken.
Inzwischen ist die Bewerbungsphase bei ihm vorbei, aber das positive Feedback endet trotzdem nicht. Michi Kasper ist selbst erstaunt über die große Resonanz und sieht darin eine Bestätigung für die gesellschaftliche Relevanz des Themas.
Mütter beherrschen die Dinge auf ihre eigene Art
Auf die Idee mit der Suche nach den Müttern sei er gekommen, weil es in Freising kaum Arbeitslosigkeit gebe – dafür aber viele Mütter, die zwar hochqualifiziert, aber ohne Arbeit seien. „Außerdem habe ich nach einer Person gesucht, die das Regiment im Büro übernimmt. Mit der Güte einer Mutter und auch mit dieser Strenge“, sagt Kasper.
Diese Qualifikationen wolle er Männern und Frauen ohne Kinder nicht absprechen, aber Mütter würden diese Dinge auf eine andere Art und Weise beherrschen.
Er nennt dabei das Beispiel seiner Schwester, die Arbeits- und den Familienalltag so gut meistert, wie er selbst es nie könnte. Auch vor seiner Frau habe er großen Respekt: Seit der Geburt ihrer vier Monate alten Tochter würde sie mit so wenig Schlaf auskommen, das es für ihn unfassbar sei zu sehen, was sie trotzdem leisten könnte.
Mütter werden im Job oft diskriminiert
So eine Einstellung ist keine Selbstverständlichkeit, wie die Autorin Christina Mundlos in ihrem Buch „Mütter unerwünscht“ zeigt. Sie hat Erfahrungsberichte von Frauen gesammelt, die im Beruf oder im Bewerbungsgespräch diskriminiert wurden – weil sie Mütter sind. Trotz gleicher Qualifikation den Job nicht bekommen, Verträge wegen Schwangerschaft nicht verlängert, Mobbing im Büro, es gibt viele Beispiele für die Benachteiligung, die Mütter hier aus ihrer Erfahrung nennen.
Eine quantitative Statistik gibt es dazu natürlich nicht. Welcher Chef würde es schon zugeben, eine Frau wegen ihrer Schwangerschaft nicht eingestellt zu haben? Schließlich gibt es Gesetze, die eine solche Arbeitsrechtliche Diskriminierung ahnden. Doch wie Arbeitsrechtler in „Mütter unerwünscht“ mit ihren Fällen zeigen, sieht die Realität anders aus.
Die große Sorge der Unternehmen: Mehrkosten durch Mütter
Als eine Ursache dafür nennt Christina Mundlos die Sorge der Unternehmer wegen Mehrkosten durch Mütter. Sogar die Frauen selbst würden sich häufig als Belastung und Kostenfaktor wahrnehmen, schreibt sie. „Tatsächlich kann die Wirtschaft es sich aber eigentlich nicht leisten, auf das Potenzial der Frauen zu verzichten“, heißt es dort weiter.
So sieht es auch Alexander Krapp, Gründer und Geschäftsführer der Münchner Digitalagentur Soulsurf. Er unterstützt in seinem Blogeintrag auf „wuv.de“ die Idee Kaspers und erklärt, auch er wolle mehr Mütter einstellen. „Die Frage nach dem Für und Wider von Teilzeit-Mamas ist vor allem eine Frage des eigenen Mindsets. Wir Agenturchefs wissen, wie's zu laufen hat, oder? Rendite – das geht nur mit den hungrigen Karriere-Twens. Aber, was würde passieren, wenn wir unsere Blickrichtung radikal änderten?“ fragt er dort und erklärt weiter, dass Eltern nicht als Sonderfall betrachtet werden sollten, sondern als Normalfall.
Es muss ein Umdenken stattfinden
Dass sich in den Köpfen der Leute etwas ändern muss, findet auch Michi Kasper. Er denkt darüber nach, wie es jetzt weiter gehen kann: „Wenn ein so großes Interesse an der Thematik besteht, möchte ich dabei helfen, es auszubauen. Vielleicht können wir uns mit einigen Unternehmen zusammen tun und etwas bewirken – wir werden sehen!“
Mit seiner Bevorzugung von Müttern in der Stellenausschreibung verstößt der Werbe-Experte übrigens gegen das Gleichbehandlungsgesetz. Das lässt ihn allerdings kalt. „Diese ganzen Gesetze, diese „durchgegenderten“ Stellenanzeigen, das ist nett gemeint, aber es ist doch total nutzlos. Jeder stellt doch eh ein, wen er möchte.“ Kasper findet, dass es diskriminierender sei, wenn man schreiben würde: „Mütter bevorzugt“. „Das hört sich an wie: Du bist eine Mutter, aber ich stelle dich trotzdem ein. Ich möchte aber sagen: Ich stelle dich ein, gerade weil du eine Mutter bist!“
Auch auf die Gefahr hin, dass ihn deswegen jemand verklagen würde. „Das wäre es mir wert“, sagt er. Wenigstens habe er dann vielleicht ein paar Leute damit aufgerüttelt.
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