StilkolumneWie kommuniziere ich trotz Alltagsmaske höflich und freundlich?
- Aber bitte mit Stil! In unserer Kolumne „Wie geht’s?“ dreht sich alles um das richtige Verhalten. Ob bei offiziellen Anlässen, beim Essen, im Gespräch oder vor dem Kleiderschrank.
- Protokollchefin i.R. Ingeborg Arians, Redakteurin und Modeexpertin Eva Reik, Restaurant-Chef Vincent Moissonnier sowie Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch schreiben abwechselnd über das richtige und stilvolle Auftreten.
- In dieser Woche: Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch gibt Tipps für die Kommunikation mit Alltagsmaske.
Köln – Mir liegt viel an einem höflichen, freundlichen Auftreten. Deshalb finde ich die Kommunikation zurzeit extrem anstrengend. Mein Gesicht ist hinter der Maske verborgen, beim Einkaufen muss ich oft schreien, damit ich überhaupt verstanden werde. Was ich kann ich – außer noch häufiger „bitte“ und „danke“ zu sagen – mit Hilfe der Sprache für das Gelingen von Dialogen tun?
Zunächst: Ihr Gefühl trügt nicht. Dass der Mund-Nasen-Schutz den zwischenmenschlichen Umgang anstrengender macht, lässt sich objektiv nachweisen. Er stört die Kommunikation gleich zweifach: Zum einen beeinträchtigt er, wie Sie beobachtet haben, die Verständlichkeit, zum anderen verdeckt er mit dem Mund ausgerechnet den Teil des Gesichts, der beim Ausdruck von Gefühlen eine besonders wichtige Rolle spielt.
Dass die Verständlichkeit leidet, liegt nicht nur daran, dass die Maske unsere Stimme dämpft. Es liegt auch daran, dass wir uns, wie die amerikanischen Psychologen William Sumby und Irwin Pollack schon in den 1950er Jahren nachgewiesen haben, beim Sprachverstehen auch auf visuelle Informationen verlassen. Wir lesen die Lippen unseres Gegenübers. Das ist umso wichtiger, je unruhiger die Kommunikationssituation ist.
Mit Maske ist es schwerer die Mimik zu erkennen
Dass der Mund-Nasen-Schutz es erschwert, die Mimik unseres Gegenübers zu erkennen, leuchtet unmittelbar ein, wird aber zusätzlich durch die wissenschaftliche Forschung bestätigt. Der Bamberger Psychologe Claus-Christian Carbon zeigt in einer gerade erschienenen Studie, dass unsere Fähigkeit, die Emotionen unseres Gegenübers zu erkennen, um bis zu 50 Prozent reduziert wird, wenn dieses Gegenüber eine Alltagsmaske trägt.
Wie gehen wir mit diesen Problemen nun am besten um? Zum einen sicher, indem wir sie akzeptieren. In der aktuellen Situation ermöglicht es der Mund-Nasen-Schutz ja überhaupt erst, dass wir uns in die Situationen begeben, in denen er dann die Kommunikation erschwert. Die zusätzliche Anstrengung ist also der Preis, den wir dafür zahlen, uns und unser Gegenüber vor einer Ansteckung zu schützen. Zum anderen können wir diese Probleme aber als Herausforderung verstehen, denn die Beschränkungen lassen sich wenigstens teilweise ausgleichen.
Das hilft bei der Kommunikation mit Alltagsmaske
Zunächst können wir verstärkt darauf achten, gut verständlich zu sprechen. Das kann bedeuten, etwas lauter zu sprechen, aber auch langsamer und deutlicher zu artikulieren und die Sprechmelodie stärker zu variieren. Das wird sich anfänglich merkwürdig anfühlen, aber wir haben uns ja in den letzten Monaten an noch weit Merkwürdigeres gewöhnt.
„Wie geht’s?“
In unserer Kolumne beantworten vier Experten abwechselnd in der Zeitung Ihre Fragen zum stilsicheren Auftreten in allen Lebenslagen. Ingeborg Arians, Protokollchefin der Stadt Köln a.D., weiß, wie man sich bei offiziellen Anlässen richtig verhält. Journalistin Eva Reik kennt sich bestens aus mit Mode und der passenden Kleidung zu jeder Gelegenheit. Vincent Moissonnier, Chef des gleichnamigen Kölner Restaurants, hat die perfekten Tipps zu Tischmanieren ohne Etepetete. Und Anatol Stefanowitsch, Professor für Sprachwissenschaft, sagt, wie wir mit Sorgfalt, aber ohne Krampf kommunizieren. (jf)
Senden Sie uns Ihre Fragen bitte per Mail an:Stilkolumne@dumont.de
Das Lippenlesen fehlt vor allem dann, wenn die Kommunikation unvorhersehbar wird – wir sollten deshalb versuchen, uns auf kommunikative Handlungen zu beschränken, die unser Gegenüber an diesem Punkt des Gesprächs erwartet. Auf ein „Darf's auch etwas mehr sein?“, zum Beispiel, antworten wir besser mit „Ja, gern“ oder „Nein, danke“ als mit einem Exkurs darüber, dass wir die betreffende Schnittwurst zum ersten Mal vor vielen Jahren auf einer romantischen Reise nach Paris probiert haben.
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Das, was der Mund-Nasen-Schutz an Gesichtsausdrücken verdeckt, können wir durch andere Aspekte der Körpersprache ausgleichen. Das tun wir am besten, indem wir uns unserem Gegenüber innerlich freundlich und aufmerksam zuwenden – unsere Körpersprache passt sich dann unbewusst an, ohne dass es künstlich wirkt. Auch die mimische Kommunikation profitiert davon – die oben erwähnte Studie zeigt, dass positive Gefühlsausdrücke auch mit Maske erstaunlich gut erkannt werden, nämlich immerhin noch in 74 Prozent der Fälle.
Es lohnt sich also, auch unter der Maske zu lächeln!