RenteMit 30, 40, 50 oder 60 Jahren – wie sorge ich richtig für das Alter vor?
Köln/Düsseldorf/Berlin – Der Plan, endlich für das Alter vorzusorgen, ist schnell um fünf oder zehn Jahre nach hinten verschoben, schließlich scheint die Rente immer noch so weit weg zu sein. Mit 30 Jahren hangeln sich viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen noch von einem befristeten Vertrag zum anderen und haben Angst, langfristige Rentenverträge abzuschließen. Wenig später kommen Kinder oder das Ersparte wird in einen Hauskauf investiert. Warum es besser ist, schon in jungen Jahren an die Altersvorsorge zu denken, welche Punkte wichtig sind und was man mit 30, 40, 50 und 60 Jahren beachten sollte, wenn es um die Altersvorsorge geht. Die Finanzexperten Ralf Scherfling von der Verbraucherzentrale NRW und Hermann-Josef Tenhagen von Finanztip geben Tipps.
Grundlagen für die Altersvorsorge
Es hat Vorteile, so früh wie möglich mit der Altersvorsorge zu beginnen, erklärt Ralf Scherfling. Warum? Ganz einfach: Je früher Arbeitnehmer anfangen, für die Rente zu sparen, umso kleiner sind die monatlichen Spar-Beiträge. „Bevor man sich um die Altersvorsorge Gedanken machen kann, sollte die eigene finanzielle Situation stabil sein: das Girokonto im Plus, ein finanzielles Polster angespart und existenzbedrohende Risiken abgedeckt“, rät der Finanzexperte. Außerdem sollten diese beiden Aspekte vor Abschluss einer privaten Rentenversicherung geklärt werden: Zum einen ist es gut zu wissen, wie viel Rente Arbeitnehmer schon durch die gesetzliche Rente erwarten dürfen und zum anderen sollte überschlagen werden, wie hoch die Ausgaben als Rentner überhaupt sind. Heißt: Abschätzen, wie viel man für Wohnkosten, Versorgung mit Lebensmitteln und Hygieneprodukten, Steuern und Krankenkassenbeiträgen ausgeben muss. Manche Ausgaben, wie die Fahrtkosten für den Arbeitsweg oder das Essen in der Kantine, fallen ja später weg. „Es gilt also, in jedem Alter zu analysieren, wie gut man im Alter schon aufgestellt ist und welche Lücken noch geschlossen werden müssen“, fasst es Scherfling zusammen.
Ziel der Altersvorsorge sollte es sein, dass angesparte Geld möglichst zu vermehren. „Wir leben seit Jahren in einer Zeit, in der es quasi keine Habenzinsen gibt. Heißt: Bei Tagesgeldkonten oder Sparbriefen liegen die Zinsen unter der Inflationsgrenze. Baue ich die Altersvorsorge ausschließlich auf diesen risikofreien Produkten auf, mache ich Jahr für Jahr ein reales Minus“, erklärt Scherfling. Durch diese Situation gibt es unabhängig vom Alter verschiedene Wege, um eine private Altersvorsorge aufzubauen: beispielsweise Riester-Rente, betriebliche Altersvorsorge und Fondssparpläne.
Mit 30 Jahren
Der Finanzexperte hält Anfang/Mitte 30 für ein gutes Alter, um damit anzufangen für den eigenen Lebensabend vorzusorgen. „Es lohnt sich immer anzufangen – auch schon mit einem Betrag von 50 Euro monatlich“, sagt Ralf Scherfling.
Der Chefredakteur des unabhängigen Geld-Ratgebers Finanztip Hermann-Josef Tenhagen appelliert vor allem an junge Frauen, nicht in eine Teilzeit-Falle zu tappen und sich mit ihrer Altersvorsorge zu beschäftigen. Durch das gesetzliche Rentensystem, was sich am Durchschnittseinkommen der Deutschen orientiert und bei geringen Einkommen kaum Rentenpunkte verteilt, sei das der wichtigste Hinweis, um den Lebensabend frei von finanziellen Sorgen zu verbringen. Denn: „Arbeitnehmer müssen für eine solide gesetzliche Rente gut verdienen, rund 3.000 Euro brutto monatlich – das ist erforderlich, um kein armer Rentner zu werden.“
Jungen Menschen mit Familie empfiehlt der Finanzexperte einen Riester-Vertrag. Durch staatliche Förderungen erhalten Arbeitnehmer selbst jährlich einen Bonus von 175 Euro und je Kind (nach 2008 geboren) 300 Euro Förderung im Jahr. Vor allem Menschen mit einem niedrigen Einkommen profitieren stark von einem Riester-Vertrag. Er lohnt sich aber auch für alleinstehende Gutverdiener, weil sie oft durch Steuervorteile profitieren. Für Singles mit 3.000 bis 4.000 Euro monatlichem Bruttoeinkommen, lohne sich eher die betriebliche Altersvorsorge. „Arbeitnehmer sollten bei ihrem Unternehmen nachfragen, was sie ihnen anbieten. Wichtig: Der Arbeitgeber sollte mindestens 25 Prozent beisteuern.“ Ob es ein gutes Angebot des Arbeitgebers ist, können Verbraucher leicht prüfen: wenn sie pro Jahr 1.200 Euro ansparen möchten, berechnen sie, welche Rente sie mit der betrieblichen Altersvorsorge bekommen würden und vergleichen dies mit der Rente aus einem Riester-Vertrag. Achtung: Bei befristeten Verträgen oder wenn Arbeitnehmer wissen, dass sie bald das Unternehmen verlassen möchten, bietet sich die betriebliche Altersvorsorge nicht an. „Der Chef schließt den Vertrag ab und ob ich ihn in der neuen Firma noch nutzen kann, ist fraglich“, sagt Tenhagen.
Vor- und Nachteile kurz und knapp
Riester-Rente
+ 175 Euro Grund - und 300 Euro Kinderzulage jährlich
+ Steuervorteile in der Ansparphase
- unflexibel
- mindestens 70 Prozent der Ersparnisse im Vertrag müssen als Rente genutzt werden
- Rückzahlung der Förderung und Versteuerung, wenn man das Ersparte nicht als monatliche Rente nutzen will
Weitere Informationen bei der Verbraucherzentrale NRW und Finanztip.
Betriebliche Altersvorsorge
+ Ersparnisse bei Sozialabgaben in der Ansparphase
+ Zuschuss des Arbeitgebers
+ Steuervorteile in der Ansparphase
- durch die Sozialabgabenersparnis, erhält man weniger Arbeitslosen-, Eltern, oder Krankengeld und weniger gesetzliche Rente
- als Rentner muss man volle Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge sowie Steuern zahlen (hier gilt natürlich Freigrenze bzw. Freibetrag)
- Arbeitgeber schließt Vertrag ab
- unflexibel
Weitere Informationen bei der Verbraucherzentrale NRW und Finanztip.
Fondssparplan
+ flexibel
+ Raten können ausgesetzt werden (z.B. bei Arbeitslosigkeit)
+ bei langer Laufzeit sind hohe Renditen möglich
- risikobehaftet
- ungeeignet bei kurzer Laufzeit
- keine staatlichen Förderungen
Weitere Informationen bei der Verbraucherzentrale NRW und Finanztip.
Wer flexibler sein möchte und nicht an Vorgaben der staatlich geförderten Rentenprodukte gebunden sein will, kann Fondssparpläne nutzen. Wichtig: Es sollten Produkte sein, die weltweit und in viele Unternehmen investieren, erklärt Ralf Scherfling. Risiken, zum Beispiel durch Verluste in Finanzkrisen, können durch eine lange Laufzeit ein Stück weit reduziert werden. Hermann-Josef Tenhagen sagt, dass es bei einem ETF-Sparplan zwar keine Förderung gebe, sich aber in den vergangenen Jahrzehnten im Schnitt eine Rendite von sieben Prozent erwirtschaften ließ.
Mit 40 Jahren
„Grundsätzlich würde ich für einen 40-Jährigen noch das Gleiche empfehlen, wie für einen 30-Jährigen“, sagt Tenhagen. Es gilt nur zu beachten, dass Arbeitnehmer monatlich eine viel höhere Summe sparen müssen, wenn sie beispielsweise bis zum Renteneintritt noch 100.000 Euro zur Seite legen möchten. Die typisch 40-Jährige oder der typisch 40-Jährige hat meist auch eine Immobilie gekauft. Tenhagen rät, darauf zu achten, dass das Haus bei Renteneintritt abbezahlt ist und genügend Rücklagen für anfallende Reparaturen gebildet werden. „Auch ein abbezahltes Haus lässt sich mit einer Rente von 1.000 Euro monatlich nicht unterhalten.“
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Ralf Scherfling weist darauf hin, dass Verbraucherinnen und Verbraucher genau auf die Konditionen schauen müssen – bei Riester-Fonds-Sparplänen beispielsweise könne es sein, dass aufgrund der Garantie zu Rentenbeginn nicht mehr im Sinne der Verbrauchers investiert werde und die Rendite am Ende kleiner ausfällt als erhofft.
Mit 50 Jahren
„Es macht einen Unterschied, ob ich noch eine Lücke füllen muss, oder nur versuche noch etwas Geld on top zu bekommen.“ Wer noch Basiskosten decken muss, sollte nicht zu risikobehaftet investieren – Aktien zu bestimmten Produktklassen, bei denen man Kapital ganz oder größtenteils verlieren könnte, sollten keinesfalls als Altersvorsorge genutzt werden. „Da die Laufzeit bis zum Rentenbeginn nicht mehr so lang ist, lohnen sich auch keine Produkte, bei denen hohe Abschlusskosten verlangt werden“, sagt Ralf Scherfling.
Mit 60 Jahren
„Ist die angestrebte Laufzeit unter zehn Jahren, ist es sehr gewagt, in reine Aktienfondssparpläne zu investieren.“ Es könne sein, dass Verbraucher genau dann Geld aus dem Fonds entnehmen wollen, wenn eine Krise an der Börse herrscht. Hatten sie beispielsweise schon 15.000 Euro angespart und der Kurs bricht um die Hälfte ein, erhalten sie nur 7.500 Euro. „Mit steigendem Alter ist es wichtig, Stück für Stück aus risikobehafteten Produkten rauszugehen und das Ersparte auf sichere Produkte umzuschichten, rät Ralf Scherfling.
Beratung zu Geldanlage und Altersvorsorge bei der Verbraucherzentrale NRW
Für kurze Fragen gibt es immer mittwochs, 11-13 Uhr, eine Telefon-Sprechstunde unter 0900/1 89 79 62 (1,81 €/Minute aus dem deutschen Festnetz).
Wer sich ausführlich beraten lassen möchte, kann ein Beratungsgespräch in Anspruch nehmen. Es dauert 90 Minuten und kostet 165,72 Euro. Termine bei der Beratungsstelle in Köln, Frankenwerft 35, 50667 Köln, können normalerweise hier vereinbart werden. Wegen der aktuellen Lage in der Corona-Pandemie können momentan keine Beratungsgespräche vor Ort durchgeführt werden.
Hermann-Josef Tenhagens Eltern sind mittlerweile 90 Jahre alt – bei der heutigen hohen Lebenserwartung spricht für den Finanzexperten nichts dagegen, die Fondssparpläne auch mit 65+ noch weiter laufen zu lassen, oder nur Teile des Ersparten zu entnehmen. Einzige Voraussetzung: Die Basiskosten sollten auf jeden Fall schon abgedeckt sein. „Fällt die Rendite des Fonds gut aus, besuchen Rentner ihre Schulfreunde in Kalifornien, fällt sie schlecht aus, wird es der Besuch der Freunde in der Eifel", sagt Tenhagen.