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StilkolumneSind Gebühren für eine kurzfristige Absage im Restaurant gerechtfertigt?

Lesezeit 4 Minuten
Reservierung Restaurant

Reserviert, aber der Tisch bleibt leer: ein Ärgernis für den Wirt und andere Gäste.

  1. Aber bitte mit Stil! In unserer Kolumne „Wie geht’s?“ dreht sich alles um das richtige Verhalten. Ob bei offiziellen Anlässen, beim Essen, im Gespräch oder vor dem Kleiderschrank.
  2. Protokollchefin i.R. Ingeborg Arians, Modeexpertin Eva Reik, Restaurant-Chef Vincent Moissonnier sowie Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch schreiben abwechselnd über das richtige und stilvolle Auftreten.
  3. In dieser Folge erklärt Vincent Moissonnier, warum kurzfristige Absagen von Restaurant-Reservierungen ein großes Ärgernis sind – und, ob er entsprechende Gebühren befürwortet oder nicht.

KölnIch erlebe es bei Reservierungen immer häufiger, dass eine Ausfallgebühr bei kurzfristiger Absage oder Nichterscheinen in Aussicht gestellt wird. Was halten Sie davon?

Ich muss hier philosophisch beginnen: In der besten aller Welten ist die Tischreservierung in einem Restaurant für alle Beteiligten ein Teil der Vorfreude. Der Gast freut sich auf einen schönen Abend, der Kneipier auf die Bewirtung und ein gut ausgelastetes Lokal.

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Vincent Moissonnier 

Im richtigen Leben aber haben Gedankenlosigkeit und Dreistigkeit dazu geführt, dass wir Barrieren zwischen Reservierung und Restaurantbesuch errichten mussten. Ihre Frage ist trotzdem berechtigt, weil unsere Branche keine einheitliche Linie verfolgt. Damit Sie sich eine Vorstellung machen können, schildere ich Ihnen unsere Situation: Wir hatten noch vor drei Jahren bis zu 60 Plätze pro Woche, die kurzfristig oder gar nicht abgesagt wurden. Bei einem Lokal unserer Größe mit 18 Tischen ist das beim besten Willen nicht zu verkraften: Wir sind gezwungen, Ware wegzuwerfen. Wir haben Umsatzausfälle. Und wir müssen Gästen absagen, die wir sonst hätten bewirten können.

Ein nicht genanntes großes Kölner Unternehmen bestellt zur Messezeit in vier Restaurants parallel einen Achtertisch und lässt seine Gäste entscheiden: Möchten Sie vielleicht italienisch, französisch, japanisch oder regional essen gehen? In drei Lokalen bleibt an diesem Abend ein Achtertisch frei – ohne Absage…

Restaurants müssen Maßnahmen treffen

Gegen solche Ungezogenheiten haben wir uns inzwischen gewappnet. Erstens nehmen wir Reservierungen nur noch zwei Monate im Voraus an, damit nicht auf Verdacht schon im Januar der Tisch für die Adventsfeier gebucht wird. Zweitens haben wir auf Online-Buchung umgestellt, damit wir etwas Schriftliches in der Hand haben. Drittens rufen wir – wie beim Zahnarzt – ein, zwei Tage vor dem gebuchten Termin an, um an die Reservierung zu erinnern. Und viertens lassen wir uns von Gästen, die wir nicht kennen, oder bei der Bestellung einer großen Anzahl von Plätzen eine Kreditkarte als Garantie nennen.

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Über die ultimative Waffe reden viele Wirte ungern, obwohl fast alle sie nutzen: die schwarze Liste. Darauf stehen Namen von Gästen, die wiederholt nicht erschienen sind . Die können dann auch keine Online-Buchung mehr vornehmen, und wenn sie unter anderem Namen reservieren, haben sie spätestens beim Betreten des Lokals ein Problem.

Ein Restaurant ist kein Inkasso-Büro

Wenn Sie mich jetzt fragen, ob wir bei Nichterscheinen – neudeutsch „No-Show“ – tatsächlich eine Ausfallgebühr auf der Kreditkarte belasten, antworte ich salomonisch. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen geben uns die Möglichkeit. Einerseits. Andererseits sind wir kein Inkasso-Büro, sondern ein Restaurant, und wir haben Verständnis für die Wechselfälle des Lebens. Aber eine Absage der Gäste ist dann doch das Mindeste, was man erwarten darf. Wenn nicht aus reiner Höflichkeit, so doch mit dem Gedanken, dass es vielleicht eine Warteliste gibt.

„Wie geht’s?“

In unserer Kolumne beantworten vier Experten abwechselnd in der Zeitung Ihre Fragen zum stilsicheren Auftreten in allen Lebenslagen. Ingeborg Arians, Protokollchefin der Stadt Köln a.D., weiß, wie man sich bei offiziellen Anlässen richtig verhält. Journalistin Eva Reik kennt sich bestens aus mit Mode und der passenden Kleidung zu jeder Gelegenheit. Vincent Moissonnier, Chef des gleichnamigen Kölner Restaurants, hat die perfekten Tipps zu Tischmanieren ohne Etepetete. Und Anatol Stefanowitsch, Professor für Sprachwissenschaft, sagt, wie wir mit Sorgfalt, aber ohne Krampf kommunizieren. (jf)

Senden Sie uns Ihre Fragen bitte per Mail an:Stilkolumne@dumont.de

Es soll übrigens auch den umgekehrten Fall geben: Ein Restaurant sagt seinen Gästen einen reservierten und bestätigten Tisch ab. Da gilt das Gleiche: Geht gar nicht! Wenn so etwas passiert, hat es meistens damit zu tun, dass der Wirt einen besonders wichtigen Gast kurzfristig nicht enttäuschen will. Aber das darf nicht auf Kosten Dritter gehen. Da wäre dann ein Gratis-Essen für diejenigen angesagt, die das Nachsehen haben. Zu deren Wunschtermin, versteht sich. Da bin ich dann doch wieder zurück in der besten aller Welten: Wer ins Restaurant geht, soll sich wohlfühlen. Und wer ein Restaurant betreibt, dem soll es so sehr um das Wohlgefühl seiner Gäste gehen wie um das eigene.