Über Rot fahren erlaubt?Rettungsgasse bilden – so machen Sie es richtig
Chaos an der Kreuzung: Ein Rettungswagen versucht, sich mit Blaulicht und Martinshorn seinen Weg zwischen den Autos hindurch zu bahnen. Das Problem: Einige fahren ein Stück nach rechts, andere nach links, und manche bewegen sich gar nicht.
Eine aktuelle Umfrage des Deutschen Roten Kreuzes unter 96 Rettungsteams hat ergeben, dass in 80 Prozent aller Fälle die Rettungsgasse durch andere Verkehrsteilnehmer blockiert wird. Die befragten Sanitäter gaben außerdem an, dass mehr als 20 Prozent der Fahrer gar nicht auf die Einsatzfahrzeuge reagierten.
Laut DRK-Bundesarzt Prof. Dr. Peter Sefrin betrage der durchschnittliche Zeitverlust durch solche Behinderungen bis zu fünf Minuten. „Für einen Patienten, der reanimiert werden muss, kann dann jede Hilfe zu spät sein“, so Sefrin.
Insgesamt sei es in den vergangenen Jahren für Rettungsfahrzeuge deutlich schwieriger geworden, an einen Unfallort zu gelangen. Nach wie vor sei vielen nicht klar, wie sie sich verhalten sollen, wenn sich ein Einsatzfahrzeug nähere.
Das bestätigt auch René Schönhardt von der Polizei Hamburg: „Wir erleben im Einsatz alles, von absolut vorbildlichem Verhalten bis hin zu größtmöglicher Unsicherheit.“ Dabei ist klar geregelt, wie die Rettungsgasse gebildet werden muss. Hier noch mal im Überblick:
Wie bildet man eine richtige Rettungsgasse?
Unabhängig von der Anzahl der Spuren muss die ganz linke Spur nach links ausweichen und die anderen nach rechts. Allerdings gebe es häufig noch Probleme, weil die Fahrzeuge nicht mehr Platz machen könnten, wenn sich etwa auf der Autobahn der Stau schon gebildet hat.
Welche Sonderrechte haben Einsatzfahrzeuge im Notfall?
Wie und wann Einsatzfahrzeugen Platz gemacht werden muss, ist in den Paragrafen 35 und 38 der Straßenverkehrsordnung (StVO) geregelt. Unterschieden wird hier zwischen Sonderrechten und dem Wegerecht.
„Unter Sonderrecht versteht man die vollständige oder teilweise Befreiung von den Vorschriften der StVO“, erklärt Daniela Mielchen, Fachanwältin für Verkehrsrecht aus Hamburg. Hierzu gehöre das Überfahren roter Ampeln ebenso wie das Fahren im Gegenverkehr oder das Übertreten des Tempolimits.
Welche Einsatzfahrzeuge haben Sonderrechte?
Sonderrechte seien zudem nicht an Blaulicht und Martinshorn gebunden und könnten nicht nur von Polizei, Krankenwagen oder Feuerwehr in Anspruch genommen werden, sondern zum Beispiel auch von Zivilfahndern oder dem Zoll, erklärt Mielchen.
Muss ich auch ausweichen, wenn nur das Blaulicht an ist und nicht das Martinshorn?
Paragraf 38 regelt das Wegerecht. „Wenn sich beispielsweise ein Krankenwagen mit Blaulicht und Martinshorn nähert, nimmt er Wegerecht in Anspruch, und alle anderen Verkehrsteilnehmer müssen sofort Platz machen“, so Mielchen. Blaues Blinklicht allein hingegen gewähre keinen Vorrang, mahne aber zu erhöhter Vorsicht. Der Fahrer des Einsatzfahrzeugs muss sich daher an die StVO halten.
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Darf ich über eine rote Ampel fahren, um einem Einsatzfahrzeug auszuweichen?
Dass gerade im innerstädtischen Bereich oft nicht schnell genug Platz gemacht wird, liegt nach Ansicht von Polizist Schönhardt auch daran, dass Autofahrer mitunter nicht die Gesamtsituation im Auge hätten und beispielsweise vor einer roten Ampel stehend nicht über die Haltelinie fahren würden. Doch selbst wer in so einem Fall geblitzt wird, muss mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mit einem Bußgeld rechnen.
Was ist, wenn ich dabei geblitzt werde?
„Empfehlenswert ist es, sich dann Datum und Uhrzeit und Art des Einsatzfahrzeugs zu notieren, für das man Platz gemacht hat“, sagt Sefrin. Komme dann ein Bußgeldbescheid ins Haus, könne der Autofahrer mit Hilfe dieser Angaben seinen Einspruch begründen.
Was droht mir, wenn ich Einsatzfahrzeugen nicht ausweiche?
Machen Autofahrer nicht vorschriftsmäßig Platz, drohen Bußgelder ab 200 Euro und sofort zwei Punkte in Flensburg. Wer andere sogar behindert, muss mit 240 Euro Geldbuße rechnen. Bei Gefährdung sind es 280 Euro und bei Sachbeschädigung werden 320 Euro daraus. Und in den letzten drei Fällen verhängen die Behörden ein einmonatiges Fahrverbot.
Muss ich auch für Politiker-Kolonnen Platz machen?
Wird das Auto eines Politikers unter Blaulicht begleitet, genießt es kein Wegerecht und hat entsprechend auch keinen Vorrang. Das blaue Blinklicht dürfe in diesem Fall nur als Warnzeichen verwendet werden. Anders verhält es sich bei hochrangigen Staatsgästen, wenn die Polizei dem Tross mit Blaulicht und Martinshorn vorwegfahre. Dann könne sie Sonderrechte in Anspruch nehmen, erklärt Mielchen. (dpa)