Gartenarbeit und Segelschein statt Bürojob bis 67. Für viele ein Traum. Wir zeigen, wie man vorgeht, damit daraus Realität wird.
Mit 45, 55 oder 63Wie ein früher Renteneintritt gelingen kann
Für viele ist es eine verlockende Vorstellung: Mit 63, 55 oder noch früher aus dem Berufsleben aussteigen und sich Hobbys und Familie widmen. Doch ist das realistisch? In Deutschland wird das Renteneintrittsalter derzeit schrittweise auf 67 Jahre angehoben. Während in Frankreich ein ganzes Land gegen ein höheres Renteneintrittsalter auf die Barrikaden geht, wird auch hierzulande diskutiert, ob die Deutschen nicht eigentlich noch länger arbeiten müssten.
Dabei kann der Traum vom vorgezogenen Ruhestand durchaus Wirklichkeit werden. In seinem Buch „Früher in Rente und Ruhestand“ hat Matthias Kowalksi für die Stiftung Warentest die wichtigsten Informationen, Tricks und Kniffe zusammengetragen, damit ein früherer Ausstieg aus dem Berufsleben möglich wird – beispielhaft mit 45, 55 und 63 Jahren. Ein Überblick.
Mit 45 in die Rente mit dem FIRE-Prinzip
Zugegeben: Mit 45 nicht mehr arbeiten zu müssen – das ist für die meisten Menschen kaum erreichbar. Doch auch wer keine große Erbschaft zu erwarten hat oder im Lotto gewinnt, kann unter bestimmten Voraussetzungen schon mit Mitte 40 finanziell unabhängig sein und sich weitgehend aus dem Erwerbsleben verabschieden.
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Darum bemühen sich zum Beispiel die sogenannten Frugalisten. Frugalisten wollen in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Geld verdienen. Ein Großteil des Geldes wird gespart und an der Börse angelegt. Um dies zu erreichen, üben sich Frugalisten in striktem Verzicht: keine Restaurant- oder Kinobesuche, nur Secondhand und keine teuren Urlaube, Hobbys oder Statussymbole. In der Ansparphase, also während des Berufslebens, wird so viel Geld zurückgelegt, dass es für den Rest des Lebens reicht. Dazu setzen sich Frugalisten detaillierte Spar- und Anlageziele. Realisiert werden soll der Traum zum Beispiel mit dem FIRE-Prinzip (Financial Independence, Retire Early).
Früher Renteneintritt: Das FIRE-Prinzip
Die Idee stammt aus den USA: Nach Ansicht der FIRE-Bewegung sollte die Ansparquote mindestens zwanzig Prozent, besser aber bis zu 50 Prozent betragen.
Um genau abschätzen zu können, wie hoch Einkommen und Sparquote sein müssen, haben die Frugalisten das Prinzip verfeinert. Sie berufen sich dabei auf eine Studie der texanischen Trinity University aus dem Jahr 1998. Die Wissenschaftler Philip Cooley, Carl Hubbard und Daniel Walt haben ein fiktives Geldvermögen, das in Aktien und Anleihen angelegt war, über einen Zeitraum von 70 Jahren beobachtet, um herauszufinden, wie viel man innerhalb von 30 Jahren ausgeben kann, ohne pleite zu gehen. Das Ergebnis: Selbst in finanziell turbulenten Zeiten reicht das 25-fache des durchschnittlichen Jahreseinkommens, um in Rente gehen zu können. Wer also 20.000 Euro im Jahr verbraucht, muss 500.000 Euro ansparen, um nicht mehr arbeiten zu müssen.
Wer schon mit 45 in Rente gehen will, hat trotzdem einen ambitionierten Finanzplan vor der Brust. Wer 1500 Euro im Monat verkonsumiert, braucht das doppelte Einkommen – und zwar schon ab dem 20. Lebensjahr. Doch auf die 3000 Euro netto muss man erst einmal kommen – vor allem als Berufseinsteiger. Und die Hälfte davon auf die hohe Kante zu legen, wird spätestens dann schwierig, wenn Kinder dazu kommen.
Das Konzept wird aber nicht nur deshalb kritisiert, weil es für viele Menschen schwer zu realisieren ist. Auch die Dauer, für die das Ersparte reichen soll, ist mit 30 Jahren knapp bemessen. Immerhin kommt aber in Deutschland ab 67 Jahren die Rente als Einnahmequelle hinzu – auch wenn diese nicht besonders hoch ausfallen würde, ginge man schon mit 45 in den Ruhestand.
Trotzdem ist die 25er-Regel laut Stiftung Warentest eine gute Richtschnur, um einen frühen Ausstieg aus dem Berufsleben zu kalkulieren.
Ruhestand ab Mitte 50: Mit 55 in Rente
Für die meisten Menschen dürfte ein vorzeitiger Ruhestand mit 55 Jahren deutlich einfacher zu kalkulieren und zu realisieren sein. Zum einen, weil viele Ausstiegswillige mit Anfang 50 die künftigen Rentenansprüche und den privaten Vermögenszuwachs besser einschätzen können. Und zum anderen, weil ein erprobtes Modell zur Verfügung steht, das in vielen Unternehmen angeboten wird: Die Altersteilzeit.
Ein Rechtsanspruch auf Altersteilzeit besteht nicht. Das Modell wird jedoch häufig genutzt, wenn das Unternehmen Kosten einsparen will. Die Altersteilzeit ermöglicht den Beschäftigten einen gleitenden Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand, indem die Arbeitszeit in der Regel halbiert wird. Der große Vorteil: Weniger Arbeit bedeutet nicht weniger Lohn. Denn die Beschäftigten erhalten einen Aufstockungsbetrag von mindestens 20 Prozent. In manchen Betrieben sind es sogar 80 Prozent. Teilweise sind die Beträge in Tarifverträgen geregelt. Ansonsten kommt es auf das Verhandlungsgeschick des Rentenanwärters an.
Um Altersteilzeit in Anspruch nehmen zu können, müssen jedoch drei Voraussetzungen erfüllt sein:
- Sie müssen mindestens 55 Jahre alt sein
- Sie müssen in den letzten fünf Jahren vor Beginn der Altersteilzeit mindestens drei Jahre sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sein
- Die Altersteilzeit muss so lange dauern, bis eine Rente beantragt werden kann
Zwei Modelle der Altersteilzeit sind üblich: das Blockmodell und das Gleichverteilungsmodell. Beim Blockmodell arbeitet man die Hälfte der Zeit zu einem reduzierten Gehalt und erhält in der anderen Hälfte das Gehalt, ohne zu arbeiten. Einen sanfteren Ausstieg bietet das Gleichverteilungsmodell: Hier arbeitet man über den gesamten vereinbarten Zeitraum halb so viel wie bisher. Welches Modell in Frage kommt, hängt von den persönlichen Präferenzen und den Verhandlungen mit dem Unternehmen ab.
Laut Stiftung Warentest lohnt sich die Altersteilzeit jedenfalls in vielen Fällen. Auf ihrer Internetseite bietet die Verbraucherorganisation einen Rechner an, um abschätzen zu können, wie hoch das Gehalt in der Altersteilzeit ausfällt.
Rente mit 63
Für alle, die mit 63 in Rente gehen wollen, ist die Anzahl der Versicherungsjahre entscheidend.
35 Versicherungsjahre sind die Grenze, ab der man einen Rentenanspruch hat. Wer dann in Rente gehen will, muss allerdings mit Abschlägen rechnen. Wer 45 Versicherungsjahre zurückgelegt hat, kann unabhängig vom Alter abschlagsfrei in Rente gehen.
Mit 63 ohne Abschläge in die Rente
Mit 45 Versicherungsjahren auf dem Konto ist ein abschlagsfreier Start ins Rentenleben möglich, doch eine schnelle Rechnung zeigt: Für die meisten ist das unerreichbar. Denn um mit 63 auf die nötigen Versicherungsjahre zu kommen, müsste man schon mit 18 Jahren angefangen haben, in die Rentenkasse einzuzahlen. Und das ohne Unterbrechung. Und: Ohne Abschläge heißt nicht, dass die Rente genauso hoch ist, wie wenn man bis zum regulären Rentenalter gearbeitet hätte. Trotzdem lohnt es sich in vielen Fällen, früher in Rente zu gehen. Denn die wenigen verbleibenden Arbeitsjahre erhöhen die Rente meist nicht mehr entscheidend.
Mit 63 mit Abschlägen in die Rente
Wer die 45 Versicherungsjahre noch nicht ganz erreicht hat, kann trotzdem mit 63 Jahren in Rente gehen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Rente zum Teil deutlich niedriger ausfallen kann. Zum einen, weil Frührentner natürlich weniger in die Rentenkasse eingezahlt haben. Zum anderen, weil Abschläge hinzukommen. Für jeden Monat, den ein Versicherter früher in Rente geht, sinkt die Rente um 0,3 Prozent. Wer also vier Jahre früher aus dem Berufsleben ausscheidet, muss mit 14,4 Prozent weniger Geld rechnen.
Diese Abschläge können jedoch ausgeglichen werden: Wer aus eigener Tasche in die Rentenkasse einzahlt und damit Rentenpunkte kauft, kann die Abschläge ganz oder teilweise neutralisieren. Das lohnt sich vor allem dann, wenn man realistischerweise mit einem langen Leben rechnen kann. Hinzu kommt, dass der größte Teil dieser Einzahlungen steuerlich geltend gemacht werden kann.
Wie hoch die Ausgleichszahlung ausfallen muss, um abschlagsfrei in die Rente gehen zu können, hängt maßgeblich von der monatlichen Bruttorente ab. Hier haben wir mit Beispielrechnungen erklärt, wie das Rentenpunktesystem funktioniert und für wen es sich lohnt.
Matthias Kowalski: „Früher in Rente und Ruhestand. Finanzielle Freiheit ab 45, 55 oder 63“, Stiftung Warentest, 160 Seiten, 22,90 Euro