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„Pickel ausdrücken reicht ja auch nicht“Wie man richtig auf Schimmel reagiert und wer für den Schaden zahlt

Lesezeit 5 Minuten
Schimmelflecken am Rand eines Fensters. 

Wer Schimmel entdeckt, sollte schnell handeln.

Aktuell haben ungewöhnlich viele mit Schimmel im Haus zu kämpfen. Weshalb der erste Griff nicht immer zum Schimmelentferner gehen sollte.

Immerhin: Die vielen Ermahnungen aus der Politik haben gewirkt, die Deutschen haben in diesem Winter fleißig Gas gespart. Eine Gasmangellage, wie vielerorts befürchtet, ist ausgeblieben. Viele Haushalte sind bei dem Ziel, Heizkosten zu sparen, aber offenbar über das Ziel hinausgeschossen. Das zeigt sich daran, dass aktuell viele Menschen mit Schimmelbefall in der Wohnung zu kämpfen haben. „Teilweise haben sich die Zugriffszahlen auf unsere Internetseiten zum Thema Schimmel verdoppelt“, sagt Rita Maria Jünnemann, Referentin für Sanierung und Wohnungsmarkt bei der Verbraucherzentrale NRW.

Zwar gäbe es keine einheitlichen Statistiken, doch auch Vorträge zur Schimmelbekämpfung und Podcasts über das Thema würden aktuell besonders viel Aufmerksamkeit erregen. Derweil sind Schimmelentferner bei Baumärkten wie Obi und Bauhaus begehrt, wie die Unternehmen auf Anfrage mitteilen. Bei Obi sei die Nachfrage um 50 Prozent gestiegen, Bauhaus vermeldet einen Anstieg um rund ein Drittel.

Wir haben mit Experten gesprochen und erklären, wie Schimmel entsteht, wie man ihn dauerhaft loswird und wer dafür zahlen muss.

Warum gibt es gerade so viel Schimmel?

„Schimmel-Schimanski“ Jürgen Jörges ist in vielen von Schimmel befallenen Wohnungen unterwegs. Bei ihren Bewohnern ist die Angst vor den gestiegenen Heizkosten groß. „Das Problem sind aber nicht nur die niedrigen Temperaturen in den Wohnungen“, sagt der Sachverständige im Maler- und Lackierer-Handwerk. „Das Problem ist, dass zu wenig gelüftet wird.“

Schimmel entsteht dort, wo es feucht ist. Für feuchte Wände etwa können äußere Faktoren wie ein Rohrbruch oder ein undichtes Dach verantwortlich sein. Aber auch dort, wo die Raumluft zu feucht wird, ist das Risiko für Schimmel hoch. Durchs Atmen, Schwitzen oder Kochen wird jede Menge Feuchtigkeit produziert. Kalte Luft kann diese Feuchtigkeit weniger gut aufnehmen. „Dann fängt das Wasser an, zu kondensieren. Und zwar vor allem an kalten Stellen wie an Wänden oder an Fenstern“, erklärt Jörges, der sich den Beinamen „Schimmel-Schimanski“ gegeben hat. Wer dann noch die Fenster geschlossen hält, weil er befürchtet, dass die Wohnung sonst auskühlt, schafft ideale Bedingungen für Schimmel.

Wie verhindert man Schimmel?

Jörges Rat ist deswegen naheliegend: „Einer der wichtigsten Grundstoffe, die wir Menschen brauchen, ist Sauerstoff. Jetzt haben wir dummerweise die Angewohnheit, mit jedem Atemzug Sauerstoff zu verbrauchen und CO₂ auszuatmen.“ Durchs Lüften beugt man deswegen nicht nur Schimmel vor, auch insgesamt sei frische Luft wichtig für die Gesundheit. „Auch wenn es abgedroschen klingt, das Thema Lüften hat es in sich.“

Ein erstes Alarmzeichen für Schimmel seien beschlagene Fenster im Winter: „Nasse Fensterscheiben sind ein klares Anzeichen für eine zu hohe Luftfeuchtigkeit und ein Vorbote für Schimmel“, sagt Jörges.

Wie oft man die Fenster öffnen sollte, hänge von der Größer der Zimmer ab und davon, wie man sie nutzt. Wer es genau wissen will, dem empfiehlt Jörges die Anschaffung eines CO₂-Messgeräts. Helfen kann auch ein sogenanntes Hygrometer, das die Luftfeuchtigkeit misst.

Was sollte ich tun, wenn ich Schimmel entdecke?

Wenn der Schimmel einmal da ist, kommt es vor allem auf eine Sache an: Schnelligkeit. „Sobald ich Schimmel bemerke, sollte ich ihn beseitigen. Und zwar so lange der Fleck noch klein ist“, sagt Jörges. Er empfiehlt hoch konzentrierten Alkohol oder Schimmelentferner aus der Drogerie oder dem Baumarkt. „Doch damit habe ich erstmal nur den Schimmel beseitigt und nicht seine Ursache.“

Wer der Sache nicht auf den Grund gehe, müsse damit rechnen, dass der Schimmel wiederkommt. „Manchmal liegt es am Nutzer, manchmal am Gebäude, manchmal hilft eine Innendämmung. Da gibt es ganz unterschiedliche Ursachen.“ Diese müssen von Fachleuten aufgeklärt werden.

Wie sollten Mieter bei Schimmel reagieren?

Für Mieter allerdings sollte der erste Gang nicht in den Baumarkt führen, sondern zum Vermieter, mahnt Hans Jörg Depel vom Mieterverein Köln an. „Als Mieter habe ich die Verpflichtung, Mängel an der Wohnung dem Vermieter unverzüglich zu melden“, sagt er. Damit würden sich Mieter auch absichern. „Die Beweislast liegt dann nämlich auf der Seite des Vermieters. Er muss nachweisen, dass der Schimmel nicht auf Baumängel zurückzuführen ist und im Gegenteil der Mieter für den Schimmel verantwortlich ist.“

Wer den Schimmelbefall rechtzeitig meldet und auch sonst regelmäßig lüftet und heizt, sei auf der sicheren Seite. Bevor nicht der Vermieter den Schimmelbefall untersucht hat, sollte man nicht selbst Hand anlegen. Auch, weil erst die Ursache geklärt werden müsse: „Wenn ich einen Pickel ausdrücke oder ein bisschen Make-up darüber schmiere, reicht das ja auch nicht. Dann ist der Pickel zwar nicht mehr sichtbar, aber die Ursache ist noch vorhanden. Durch rein dekorative Maßnahmen kriegt man den Schimmel jedenfalls nicht gebannt.“

Wann muss ich die Sanierung selbst zahlen?

Ist der Schimmel auf Baumängel zurückzuführen, hat der Vermieter die Pflicht, die Ursache für den Schimmelbefall zu finden und zu beseitigen. Und das kann je nach Ursache ziemlich aufwendig sein. Bei einem Rohrbruch etwa müssten die Wände teilweise über Wochen getrocknet werden. In vielen Fällen winkt eine Mietminderung. Wie hoch diese ausfällt, sei schwer zu sagen und vom Einzelfall abhängig, sagt Depel. „Wie groß ist die Wohnung, welches Zimmer ist betroffen und wie lange kann es nicht genutzt werden – bei der Berechnung der Mietminderung bedarf es sehr viel Fingerspitzengefühl.“

Kann der Vermieter aber nachweisen, dass der Mieter selbst Schuld am Schimmelbefall hat, muss er auch für dessen Behebung aufkommen. Und das kann teuer werden. „Mehrere Tausend Euro kann das schonmal kosten“, warnt Depel.