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Bis zu 2300 EuroMehr Geld dank Steuerreformen – wer alles profitiert

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Die Bundesregierung will die Bürger mit Steuerreformen entlasten. Es lohnt sich also, seine Papiere im Blick zu behalten. 

  1. Wegen der angespannten wirtschaftlichen Lage in der Coronakrise will die Bundesregierung die Steuerzahler entlasten.
  2. Vom Soli-Abbau bis zum Kindergeld: Für 2021 sind mehrere Steuerreformen geplant, die unter anderem Familien inklusive Alleinerziehenden helfen sollen.
  3. Wer profitiert und wie stark die Steuererleichterungen ausfallen, zeigt unser Überblick.

Berlin/Köln/München – Im kommenden Jahr sollen die Steuerzahler entlastet werden und mehr Geld behalten dürfen. Für fast alle fällt 30 Jahre nach der Wende die Soli-Abgabe weg. Außerdem werden Familien entlastet und für einige Gruppen steigen die Pauschbeträge, das sind Beträge, die sie ohne Belege absetzen dürfen. Die Änderungen treten zum 1. Januar 2021 in Kraft. Welche Steuerreformen bereits beschlossen sind, wer profitiert und wie viel Geld das tatsächlich bringt: ein Überblick.

Grundfreibetrag und Einkommensgrenzen

Von dieser Änderung haben alle Steuerzahler etwas: Um die Inflation auszugleichen, wird der Grundfreibetrag bei der Einkommenssteuer erhöht. Bis zu dieser Grenze bleiben alle Einkommen steuerfrei. Im kommenden Jahr steigt er von 9408 Euro auf 9696 Euro. Auch die Einkommensgrenzen, ab denen der nächsthöhere Steuersatz fällig wird, verschieben sich. Das hat auch zur Folge, dass der Spitzensteuersatz von 42 Prozent erst ab einem zu versteuernden Einkommen von 57.919 Euro statt wie bisher ab 55.961 Euro gilt.

Wie stark die Steuerentlastung dadurch ausfällt, geht aus Zahlen des Deutschen Steuerzahlerinstituts hervor: Ein Alleinstehender mit einem Jahresbruttoeinkommen von 30.000 Euro spart 77 Euro Einkommenssteuer im Jahr. Mit 40.000 Euro brutto liegt die Entlastung bei 92 Euro, mit 50.000 Euro bei 111 Euro und mit 60.000 Euro bei 136 Euro.

Solidaritätszuschlag

Der Solidaritätszuschlag soll für rund 90 Prozent der Steuerzahler abgeschafft werden. Ab 2021 sollen nach einem Beschluss des Bundestages nur noch Spitzenverdiener den Zuschlag zahlen müssen. Der Soli beträgt 5,5 Prozent der Körperschaft- und Einkommensteuer und war nach der Wende als Sondersteuer vor allem für den Ost-Aufbau eingeführt worden.

Die Pläne der Großen Koalition sind nicht neu, trotzdem sorgen sie seit Monaten für Streit. Thema der Debatte ist vor allem, warum der Soli nicht komplett abgeschafft wird, auch für die reichsten zehn Prozent. Und ob man den Soli nicht schon Ende 2019 hätte abschaffen müssen mit Auslaufen des Solidarpakts II. Eine Musterklage hat inzwischen den Bundesfinanzhof in München erreicht, das höchste deutsche Steuergericht.

Kindergeld und Kinderfreibeträge

Das sogenannte Familienentlastungsgesetz sieht ab Januar eine Erhöhung des Kindergeldes um 15 Euro je Monat vor, auf dann 219 Euro monatlich für das erste und zweite Kind. Für das dritte Kind steigt das Kindergeld auf 225 und für das vierte und jede weitere Kind auf 250 Euro. Schon zu Beginn ihrer Regierungszeit hatten Union und SPD eine Erhöhung es Kindergeldes von insgesamt 25 Euro in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart. Die erste Anhebung um 10 Euro gab es im Juli 2019, zum 1. Januar 2021 kommen nun noch einmal 15 Euro hinzu.

Zudem sind höhere Freibeträge geplant: Familien mit höheren Einkommen, die nicht vom Kindergeld profitieren, werden dadurch steuerlich entlastet. Der Kinderfreibetrag steigt um mehr als 500 Euro auf insgesamt 8388 Euro. Dieser Teil des Einkommens wird nicht besteuert.

Entlastung für Alleinerziehende

Alleinerziehende profitieren in diesem und im kommenden Jahr von einem höheren Entlastungsbetrag: Statt 1908 Euro beträgt dieser nun 4008 Euro im Jahr. Diesen Steuerfreibetrag gibt es, wenn ein Elternteil mit mindestens einem Kind zusammenlebt, für das ein Kindergeldanspruch besteht – und wenn keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen erwachsenen Person besteht.

Mit der Erhöhung soll die besondere Belastung von Alleinerziehenden durch die Folgen der Corona-Pandemie abgefedert werden. Alleinerziehende mit einem Kind, die monatlich 3500 Euro brutto verdienen, werden beispielsweise um 448 Euro entlastet, erklärt Finanzwissenschaftler Frank Hechtner gegenüber dem „Handelsblatt“.

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Bei Arbeitnehmern wird der Freibetrag in der Regel bereits beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt, Ist keine steuerliche Entlastung erkennbar, sollten Alleinerziehende das zuständige Finanzamt bitten, die Lohnsteuerabzugsmerkmale zu prüfen. Die steuerliche Entlastung kann alternativ mit der Steuererklärung nachgeholt werden. Das gilt auch für Alleinerziehende, die keine Arbeitnehmer sind. Wichtig: Alleinerziehenden mit mehreren Kindern steht ein zusätzlicher Freibetrag von 240 Euro pro Kind zu. Dieser Freibetrag wird weiterhin nur auf Antrag berücksichtigt (Antrag auf Lohnsteuerermäßigung mit Anlage „Kind“).

Fallbeispiele: So viel Geld bringen die Steuerentlastungen

Der Bund der Steuerzahler hat die Pläne gelobt, sie wirkten sich positiv auf das Portemonnaie der Bürger aus. Am stärksten profitieren Gutverdiener und Familien von den Steuerentlastungen, erklärt Frank Hechtner von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg gegenüber dem „Handelsblatt“. Der Finanzwissenschaftler rechnet vor, dass für sie bis zu 2342 Euro Ersparnis im Jahr 2021 drin sind, rund 200 Euro im Monat. So viel spart ein gut verdienendes Ehepaar mit zwei Kindern, bei dem ein Partner 9500 Euro und der andere 4000 Euro brutto im Monat verdient. Hechtner berücksichtigt dabei den Soli-Wegfall, die Korrektur der Steuersätze und die Entlastungen für Familien.

Auch kinderlose Paare und Alleinstehende profitieren laut Hechtner von den Reformen. Verdient ein Ehepaar 3000 und 4000 Euro brutto im Monat, muss es im kommenden Jahr 1035 Euro weniger an Einkommenssteuer zahlen. Ledig, ohne Kinder und mit einem monatlichen Bruttolohn von 6000 Euro zahlt man 1040 Euro weniger. Und auch ein Normalverdiener mit 3000 Euro monatlichem Einkommen spart noch 368 Euro.

Pauschbetrag für Schwerbehinderte verdoppelt

Auch die 7,9 Millionen Menschen mit einem Schwerbehindertenausweis sollen entlastet werden. Die absetzbaren Pauschbeträge für Behinderte werden erstmals seit 40 Jahren angehoben und ab dem Veranlagungszeitraum 2021 verdoppelt. Die konkrete Höhe ist vor allem vom Grad der Behinderung (GdB) abhängig. Am häufigsten bekommen Menschen einen GdB von 50 anerkannt, sie dürfen künftig 1140 Euro absetzen. Mit einem GdB von 100 werden 2840 Euro statt wie bisher 1420 Euro anrechenbar. Den Höchstsatz von künftig 7400 Euro dürfen Menschen geltend machen, die als blind oder hilflos eingestuft wurden. Die Steuererleichterungen sollen höhere Aufwendungen, die Betroffenen durch ihre Behinderung entstehen, abmildern. Auch die steuerliche Nachweispflicht wird vereinfacht, etwa bei bestimmten Fahrtkosten.

Pauschbetrag für Pflege von Angehörigen erhöht

Darüber hinaus soll die Pflege von Angehörigen steuerlich stärker begünstigt werden als bisher. Der Pflege-Pauschbetrag für die beiden höchsten Pflegestufen soll den Regierungsplänen zufolge auf 1800 Euro pro Jahr angehoben und damit nahezu verdoppelt werden. Bei den niedrigeren Pflegestufen zwei und drei, die bisher nicht bedacht wurden, wird künftig ein Pflege-Pauschbetrag von 600 beziehungsweise 1100 Euro gewährt. Dank Pauschbeträgen können bestimmte Summen pauschal von der Steuer abgesetzt werden, ohne dafür Belege vorweisen zu müssen. (mit dpa/tmn)