Ärger abbauenWie sage ich meinem Chef die Meinung?
Immer ehrlich seine Meinung zu sagen, ist schon im Privatleben oft nicht einfach. Wenn es um den Job geht, können kritische Äußerungen gar zum verbalen Tretminenfeld werden. Vor allem, wenn es dabei um den Chef geht.
Denn für viele Führungskräfte kommt eine Kritik seitens der Mitarbeiter einer Beleidigung ihrer Kompetenzen gleich – und so etwas hört niemand gern. Um sich vor daraus resultierenden Spannungen zu schützen, halten Arbeitnehmer sich deshalb oft lieber zurück, als ihre Meinung zu sagen.
Denn die meisten Menschen, erklärt Dr. Constantin Sander, Coach und Trainer für Potentialentwicklung, haben Angst vor Konflikten. „Gerade in sehr hierarchisch aufgebauten Organisationen ist das ja auch nicht ganz unberechtigt. Wenn Chefs die Deutungshoheit dafür reklamieren, was richtig ist, wird es für den Kritiker schwierig.“
Wann ist der richtige Zeitpunkt für die Kritik?
Also lieber alles aussitzen, als die Wut des Chefs auf sich zu ziehen? Das kann und darf keine Option sein. Denn zu viel Frust kann schnell an die Substanz gehen. Besser ist es, sich professionell mit dem Problem auseinander zu setzen und die Konfrontation gut vorzubereiten. Dazu so es wichtig, für Kritik einen Zeitpunkt zu wählen, zu dem "negative" Emotionen auf ein kontrollierbares Maß abgeklungen sind, empfiehlt Dr. Constantin Sander.
Zur Person
Dr. Constantin Sander ist Coach und Trainer für Potentialentwicklung - mehr Informationen zu Ihm finden Sie auf der Seite mind-steps.de
Denn der häufigste Fehler bei der Äußerung von Kritik liege darin, dass nicht zwischen Person und Sache getrennt werde. „Wenn man sich zum Beispiel ungerecht behandelt fühlt, sauer auf den Chef ist, gleitet Kritik schon mal gern in einen persönlichen Angriff ab“, meint er.Deshalb heißt es bei akuter Wut: Erst einmal durchatmen. Am besten nicht nur für den Moment, sondern sich ein paar Tage Zeit nehmen, um eine gewisse Distanz zu den eigenen Gefühlen aufzubauen.
Der Abstand kann auch dabei helfen, einen anderen Blick auf den Konflikt zu gewinnen und sich zu fragen, ob hier wirklich Handlungsbedarf besteht oder ob es sich doch nur um ein kurzweiliges Ärgernis handelte.
Wie man sich auf das Gespräch vorbereiten kann und Tipps zur Formulierung der Kritik
Wie kann ich mich auf das Gespräch vorbereiten?
Falls dies nicht der Fall ist, sollte der Arbeitnehmer das Gespräch mit dem Chef suchen - und zwar nicht zwischen Tür und Angel, sondern mit einem anberaumten Termin dafür. Außerdem gilt es, sich gut auf das Gespräch vorzubereiten. „Kritiker sollten sich selbst darüber klar werden, was sie mit dem Gespräch erreichen wollen. Geht es nur darum, Dampf abzulassen? Oder möchte ich auf ein anderes Verhalten des Chefs hinwirken oder eine getroffene Entscheidung noch einmal zur Diskussion stellen?“ sagt der Experte.
Es gehe darum, zu wissen, was sich nach dem Gespräch geändert haben sollte. Manchmal geht es aber nicht nur um das Gefühl, ungerecht behandelt zu werden.
Auch von Führungskräften getroffene Entscheidungen können bei Arbeitskräften sauer aufstoßen. Doch auch hier gilt es, die Kritik differenziert zu vermitteln: „Wenn Sie etwas in der Sache klären wollen, dann bleiben Sie auch bei der Sache und bewerten bitte nicht das Verhalten des Chefs.
Der hat seine Gründe für seine Entscheidungen - und Sie haben dazu einen anderen Standpunkt“, meint Dr. Sander. Es sei in Ordnung, über Bedürfnisse und Empfindungen mit den Chef zu sprechen, doch andersherum müsse der Arbeitnehmer auch die des Vorgesetzten respektieren.
Wie kann ich die Kritik am besten formulieren?
Zum Schluss gilt noch eine wichtige Regel für die Kritik, die jeder in seinem Job beherzigen sollte: Finde nicht nur den Fehler, sondern suche auch nach der Lösung – vielleicht sogar zusammen mit dem Chef. Wer nur rummotzt und nicht zeigt, dass er das Problem klären will, wird weniger ernst genommen.
So rät Dr. Constantin Sander: „Bleiben Sie nicht beim Zerpflücken des Problems stehen, sondern formulieren Sie klar, was Sie möchten.“ Die Kritik sollte deshalb am besten lösungsorientiert formuliert werden.Allerdings sollte sich jeder Arbeitnehmer darüber im Klaren sein, dass kritische Äußerungen, auch wenn sie gut formuliert und vorbereitet sind, nicht sofort vom Chef ernst genommen werden.
Aber für den eigenen Frieden lohnt es sich, darüber gesprochen zu haben – zur Not eben mehr als ein Mal. Erst wenn sich dann nichts ändert, sollte die eigene Zufriedenheit in der Firma noch einmal neu durchdacht werden. (chs)