Die Erntezeit für Hasel- und Walnüsse hat begonnen. Manche Sorten wachsen in Deutschland. Viele Früchte werden jedoch exportiert. Anbau und Verarbeitung sind oft fragwürdig.
Erntezeit in Deutschland begonnenWorauf beim Kauf von einheimischen und importierten Nüssen zu achten ist
In der griechischen Mythologie gilt sie als „göttliche Kugel“. Die Walnuss war einst dem Göttervater Zeus gewidmet. Allein das zeigt, wie wertvoll die Nuss schon für die Menschen in der Antike war. Sie symbolisierte Glück und Fruchtbarkeit, wurde aber nicht nur verehrt, sondern auch gegessen. Über viele Jahrtausende schon stehen Nüsse auf dem Speiseplan der Menschen. Sie sind schmackhaft und liefern vor allem viel Energie.
Das macht sie gerade in der kalten Jahreszeit zu einem beliebten und gesunden Snack. Ihren hohen Fettanteil stellen größtenteils ungesättigte Fettsäuren, von denen der Körper einige nicht selbst herstellen kann. Auch Kalium, Natrium, Magnesium und Phosphor sowie wichtige B- und E-Vitamine sind in den Schalenfrüchten enthalten. Das Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) empfiehlt täglich eine Handvoll Nüsse. Doch in ökologischer und sozialer Hinsicht ist der Genuss nicht ohne Beigeschmack.
Erntezeit für Haselnuss und Walnuss
Für die beiden in Deutschland heimischen Nussarten, Walnuss und Haselnuss, ist gerade Erntezeit. Wer keinen Zugang zu einem Walnussbaum oder Haselstrauch hat, findet auf der kostenlosen Plattform mundraub.org Erntemöglichkeiten in der Nähe. Ansonsten bleibt nur der Gang in den Supermarkt. Ob es sich bei der dort angebotenen Ware tatsächlich um deutsche Nüsse handelt, ist jedoch oft nicht leicht zu erkennen. Laut Lebensmittelrecht muss nur auf den Verpackungen von ungeschälten Hasel- und Walnüssen ein Herkunftsland angegeben sein – bei anderen Nüssen oder verarbeiteten Produkten entfällt diese Pflicht.
Ohnehin gilt: Auch wenn sie bei uns heimisch sind, kommen in Deutschland so gut wie alle Nüsse im Handel aus der Ferne. „Haselnüsse und Walnüsse werden in Deutschland praktisch nur auf Selbstvermarktungsebene vertrieben. Denn der Markt für Nüsse und Schalenfrüchte ist ein Importmarkt”, heißt es auf der Website des BZfE. 70 Prozent aller weltweit verkauften Haselnüsse stammen aus der Türkei.
Dort werden die Nüsse oft unter prekären Arbeitsbedingungen von Wanderarbeitern geerntet, die teils in Zeltstädten leben. Das zeigte unter anderem 2022 der Schweizer Radio- und Fernsehsender SRF in einer Reportage. Dass unter den ausgebeuteten Arbeitskräften nach wie vor zahlreiche Kinder sind, prangern Kinderschutzorganisationen seit Jahren an. „Bei Haselnüssen aus der Türkei solltet ihr fair gehandelte Produkte bevorzugen“, mahnt unter anderem das Nachhaltigkeitsportal „Utopia“ und weist darauf hin, dass Nüsse auch in Schokolade und Brotaufstrichen, Brot, Eis und in vielen weiteren Lebensmitteln vorkommen.
Bei Nüssen aus Italien auf Biosiegel achten
Das einzige europäische Land, das dem Haselnussmonopol der Türkei etwas entgegenzusetzen hat, ist Italien. Dort werden die Nüsse größtenteils maschinell geerntet – die Arbeitsbedingungen in dem EU-Land sind also nicht das Problem. Weil beim konventionellen Anbau der Haselnuss, die sich in wärmerem Klima noch wohler fühlt, viel Chemie zum Einsatz kommt, lohne es sich aber der Umwelt zuliebe, bei Nüssen aus Italien auf ein Biosiegel zu achten, heißt es bei „Utopia“.
Die meisten Walnüsse, die weltweit verkauft werden, kommen aus China. Der Anbau in Deutschland ist bisher zu vernachlässigen: 2023 importierte Deutschland dem Statistikportal Statista zufolge mehr als 40?000 Tonnen Walnüsse aus dem Ausland, im Land selbst werden pro Jahr laut BZfE nur 20 bis 50 Tonnen geerntet. Das könnte sich allerdings in den kommenden Jahrzehnten ändern: Zwischen 2017 und 2023 hat sich die Anbaufläche für Walnüsse in Deutschland beinahe verdreifacht. Für einen guten Ertrag brauche es jedoch 15 bis 20 Jahre, erklärte Vivian Böllersen, Geschäftsführerin eines deutschen Walnussbetriebes, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Zudem gebe es keine Erfahrungswerte, welche Sorten in Deutschland gut funktionierten, so die Landwirtin.
Bionüssen ohne giftige und ozonschädigende Stoffe behandelt
Wer Nüsse aus Deutschland kaufen möchte, wird unter anderem beim Verein Bayerischer Haselnusspflanzer fündig. Auch Walnüsse aus deutschen Betrieben kann man im Internet bestellen. Beim Kauf auf ein Biosiegel zu achten, kann aus mehreren Gründen sinnvoll sein: Erstens lässt sich aus dem Code unter dem jeweiligen Siegel das Herkunftsland ablesen. Zweitens kommen im konventionellen Anbau oft Pestizide zum Einsatz. Bei Bionüssen sei die Behandlung mit dem ozonschädigenden Methylbromid oder giftigen Phosphorsäureestern verboten, so das BZfE. Auch die Bleichung der Schale mit Schwefel sei nicht erlaubt, sodass Bionüsse oft fleckiger aussehen.
Nicht nur bei Hasel- und Walnuss, auch bei anderen beliebten Nussarten – Paranüsse und Pistazien sowie Mandeln, Erdnüsse und Cashews, bei denen es sich botanisch gesehen gar nicht um echte Nüsse handelt – gibt es einiges zu beachten. Mandeln etwa haben einen enormen Wasserverbrauch, und belasten den Grundwasserspiegel der Regionen, in denen sie angebaut werden, erklärt Elisabetta Gaddoni. Sie ist Sprecherin von Slow Food Deutschland, einem Netzwerk, das sich für gutes, sauberes und faires Essen weltweit einsetzt. Bei Pistazien verhält es sich ähnlich.
Schlechte Arbeitsbedingungen bei Cashewkernen
„Cashew und andere Importnüsse stellen unter anderem das Problem dar, dass in den Nicht-EU-Produktionsländern meist Pestizide verwendet werden, die in der EU nicht mehr zugelassen sind“, erklärt Gaddoni weiter. „Diese belasten Boden und Wasser und schaden vor allem der Gesundheit der Menschen, die sie anbauen beziehungsweise dort leben.“ Oft herrschen zudem schlechte Arbeitsbedingungen. Cashewkerne werden in mühevoller Handarbeit geröstet und geschält. Dabei kommen die Arbeitenden mit dem giftigen Schalenöl Cardol in Berührung, das die Haut verätzt. Paranüsse wiederum werden von Hand im lateinamerikanischen Dschungel geerntet, da sich die Bäume nicht kultivieren lassen. Bei Erdnüssen, die wenig Wasser brauchen und daher eine recht gute Ökobilanz aufweisen, können die langen Transportwege einen Strich durch die Nachhaltigkeitsrechnung machen.
Verbraucherschützer raten beim Nusskauf, Betriebe zu unterstützen, die sich für gute Umwelt- und Arbeitsbedingungen einsetzen. Zudem sollte man auf Nachhaltigkeitssiegel achten. Denn die Nuss ist auch heute noch zu wertvoll, um sie vom Speiseplan zu streichen.