Daniel Hug zur Art Cologne„Die Messe findet defintiv statt“
Köln – Herr Hug, wenige Tage vor Eröffnung scheint sich die Art Cologne einen Wettlauf mit den Infektionszahlen zu liefern. Wird die Messe, nach zuletzt mehreren Absagen, stattfinden?Daniel Hug: Wir werden definitiv stattfinden. Als ich in London auf der Kunstmesse Frieze war, gingen die Inzidenzen dort auch gerade durchs Dach. Viele trugen sogar keine Maske. Das wird bei uns anders sein. Man muss Masken tragen, außer wenn man sitzt, etwa in der Gastronomie oder in den Ruhezonen.
Die Koelnmesse hat ein aufwendiges und mittlerweile erprobtes Hygienekonzept erstellt. Haben Sie trotzdem Sorge, dass viele Sammler angesichts der etwas bedrückenden Pandemielage weg bleiben?Nein, habe ich nicht. Die Menschen haben Lust, endlich wieder auf eine Messe zu gehen, das habe ich auf den Herbstkunstmessen gesehen. Wir planen derzeit mit der 3G-Regelung und rechnen mit zehn Prozent weniger Besucher. Aber wer weiß, vielleicht kommen auch zehn Prozent mehr? Es gibt einfach keine Erfahrungswerte für diese Situation.
Große internationale Galerien haben abgesagt, deutsche Galerien rücken dafür nach
Die Messe ist mit rund 150 Ausstellern etwas schlanker geworden. Haben viele Galerien abgesagt?Im Gegenteil, das Interesse ist sogar gewachsen, auch von Galerien aus Übersee. Aber wir mussten die Gänge verbreitern, von 3,50 Meter auf fünf Meter, das hört sich nicht nach viel an, macht aber einer Riesenunterschied. Jetzt haben wir eine gewisse Luftigkeit, dadurch fällt jedoch Ausstellungsfläche weg. Im Grunde haben wir sogar 30 Galerien mehr auf der Messe als zuletzt, wenn man die gleichzeitig stattfindende Cologne Fine Art & Design hinzurechnet. Dort gibt es 60 Aussteller, insgesamt sind es also 210.
Zwei Schwergewichte des Kunstmarkts, die Galerien Hauser & Wirth und David Zwirner, haben dieses Jahr abgesagt. Das hat verschiedene Gründe. Aber ich bin ziemlich sicher, dass beide im nächsten Jahr wieder dabei sind. Dafür geben wir jetzt anderen Galerien, Sprüth Magers und neugerriemschneider, die Chance, sich auf diesen zentralen Plätzen zu präsentieren. Das gibt der Messe eine andere, vielleicht sogar bessere Dynamik.
Wird die Messe eine Corona-Sparversion?Nach der letzten Verschiebung im April war ein Großteil des Budgets schon ausgegeben. Deswegen wollten wir uns auf den Kern der Messe konzentrieren. Keine Partys, keine Touren, keine Talks und Sonderschauen. Nur Händler, Kunst und Besucher nach Köln bringen und basta. Dank der Unterstützung verschiedener Partner haben wir jetzt aber fast ein besseres Rahmenprogramm als in der Vergangenheit. Es wird eine sehr schöne Art Cologne.
Die beiden großen Kunstmarktthemen in der Pandemie sind der Online-Handel und NFTs. Sie sind im Frühjahr mit der Galerienplattform.de in den Online-Handel eingestiegen. Waren Sie mit der Premiere zufrieden?Ja, war ich. Wir wollten definitiv keine Onlinemesse machen, da haben wir schnell festgestellt, dass das für die Mehrzahl unsere Aussteller nicht funktioniert. Ich wollte etwas machen, was demokratischer und übersichtlicher ist, und so haben wir uns an die Strategie der Auktionshäuser gehalten. Statt einer digitalen Messe mit zwei- bis dreitausend Kunstwerken, die sich kein Mensch alle anschauen kann, weil man sonst blind wird, haben wir die Galerienplattform.de mit einem auf drei Werke je Anbieter reduzierten Angebot geschaffen – ganz bewusst mit diesem spießigen deutschen Namen übrigens. Wir sind die einzigen, die das so gemacht haben.
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Wie waren die Reaktionen der Galerien?Ein Drittel happy, ein Drittel neutral und ein Drittel negativ. Das ist noch ausbaufähig. Ich glaube, die Leute müssen sich an dieses neue Konzept, das eigentlich ein altes ist, erst einmal gewöhnen. Positiv ist, dass auch die Art Karlsruhe die Plattform für ihre Online-Sales verwenden will. Über die Zeit baut sich das Publikum dann auf. Auch die Online-Versteigerungen der Auktionshäuser fingen klein an und jetzt werden überraschend hochwertige Kunstwerke auf diesem Weg vermittelt. Ich glaube aber nicht, dass der digitale Kunstmarkt den physischen ersetzen kann.
Sind NFTs für die Art Cologne interessant?Ich sehe NFTs eher als digitale Kapitalanlage, das ist nicht die Kunst selbst. Und deswegen ist es nicht unsere Aufgabe, NFTs zu vermarkten. Es gibt einige deutsche Galerien, die auf diesem Gebiet sehr aktiv sind, Nagel/Draxler etwa plant gemeinsam mit dem Künstler Kenny Schachter für die Art Cologne eine physische NFT-Verkaufsstation. Wir sind auch dafür offen, man darf bei uns alles ausstellen, was Künstler produzieren. Aber wir werden dafür keine eigene Plattform anbieten. Das können andere besser.
Auch die Art Cologne hängt jetzt am Geldtropf des Bundes
Viele Galerien haben vom Förderprogramm „Neustart Kultur“ des Bundes profitiert, und Sie können ihren Teilnehmer jetzt dank „Neustart Kultur“ einen Rabatt auf die Standmiete geben. Wie fühlt es sich an, am Geldtropf des Staates zu hängen?Ich glaube, das geht vorüber. Aber dieses Programm ist brillant. Ich kenne viele, vor allem junge Galerien, die ohne „Neustart Kultur“ nicht überlebt hätten. Das ist einzigartig in der Welt, darauf sind alle neidisch.
Bislang haben die Galerien stets über den deutschen Staat geschimpft – etwa wegen der Erhöhung der Mehrwertsteuer und des Kulturgutschutzgesetzes. Das sind immer noch wichtige Themen, das ist nicht vom Tisch. Aber für eine andere Zeit.
Bleibt es beim November-Termin?Ja, zumindest für die kommenden Jahre. Es gibt im Herbst keine Osterferien und kein Pessachfest, das ist das Schöne. So lässt sich besser planen. Außerdem wäre eine Aprilmesse sechs Monate nach der Herbstmesse für uns ohnehin nicht zu stemmen.
Art Cologne, Koelnmesse, 17. bis 21. November.