Köln – Genauso voll wie vor der Corona-Pandemie war es nie – das berichten fast alle Kölner Kulturveranstalter. Trotzdem freuten sich die Zuschauer und Zuschauerinnen, nach dem langen Lockdown endlich wieder Theater, Konzerte, Kino oder Lesungen zu erleben.
Und jetzt? Steigen die Zahlen wieder. Und damit nehmen auch die Sorgen derjenigen zu, die das kulturelle Leben der Stadt aufrecht erhalten. Die von Christos Nicopoulos zum Beispiel, Intendant des Horizont Theaters.
„Ich mache mir Sorgen um unser Weihnachtsprogramm“, sagt er mit Blick auf die hohen Inzidenzen. Denn um diese Zeit im Jahr zeigt sein Theater traditionell jede Menge Weihnachtsstücke. Die waren fast immer ausverkauft, auch weil viele Kitas kamen.
Doch jetzt, in Pandemie-Zeiten? „Die Leute haben Angst, unterwegs zu sein“. Dabei sei gerade im Winter die Zeit, wo das Theater das Geld für das ganze Jahr verdiene. Das Laufpublikum bleibe fast ganz weg, „spontan kommt kaum jemand mehr“, seufzt Christos Nicopoulos.
Und auch einige seiner Schauspieler und Schauspielerinnen hat er während der Pandemie-Zeit verloren, sie mussten sich andere Jobs suchen.
Dass viele Kinder nur noch selten oder gar nicht mehr ins Theater gehen und nur noch Bildschirme kennen, macht ihm ebenfalls Sorgen: „Wir haben es hier tatsächlich erlebt, dass Kinder versucht haben, die Bühnen-Szenen wie auf einem Handy wegzuwischen, wenn es etwas Böses passiert“, erzählt er.
Auch Senftöpchen-Theaterleiterin Alexandra Franziska Kassen bekommt zu spüren, dass das Publikum nur sehr vorsichtig und vor allem kurzfristig Karten kauft: „Das erschwert unsere Arbeit enorm, da nichts wirklich planbar ist. Für die außergewöhnliche Opernshow von »The Cast« am kommenden Sonntag gibt es aktuell beispielsweise noch einige Karten zu kaufen – vor Corona hatten wir sie häufig mit Doppelterminen im Programm, jetzt ist nicht einmal die Köln-Premiere richtig voll.“
Freiwillig mit Abstand
Dabei wird auch im Senftöpfchen das Publikum mit viel Abstand platziert – und das machen die meisten Veranstalter freiwillig so, obwohl das allein natürlich schon Einnahme-Ausfälle bedeutet. „Wir haben die Plätze ganz bewusst deutlich reduziert, weil wir aus Gesprächen das Gefühl haben, dass die Menschen gerade nicht gerne in einem richtig vollen Saal sitzen“, erzählt Bernd Schlenkrich, Geschäftsleiter des Bauturm-Theaters.
Und trotzdem kommen lange nicht so viele Menschen wie vor der Pandemie, etwa 35 sind es im Moment pro Vorstellung: „Mit diesem Zuschauerschnitt können wir uns auf Dauer nicht finanzieren“, so Schlenkrich.
„Ältere sind zurückhaltender“
Das jüngere Publikum zwischen 20 und 40 hat nach dem Lockdown schneller wieder den Weg zurück ins Gloria-Theater gefunden, „die älteren sind da ein bisschen zurück haltender“, berichtet Marcus Ehlert, Geschäftsführer des Gloria-Theaters.
In der Kölner Comedia gibt es zwar schon ab und zu mal einen ausverkauften Abend. Aber ausverkauft heißt hier im Moment eben auch nur zwei Drittel der Auslastung: „Wir hatten so viel Berufsverbot, wir gehen jetzt auf Nummer sicher“, sagt Astrid Hage. Das bedeutet auch, dass das Publikum auf den Plätzen Maske tragen muss. Manche schrecke das ab, so Hage, die meisten aber fänden das gut. „Die Maschinerie läuft wieder an, aber schleppend“, ist ihr Fazit.
Doch auch sie spürt trotz allem ein riesiges Bedürfnis nach Kultur, gerade bei den Jüngeren: „Die Schüler haben ein schlimmes Jahr hinter sich und freuen sich jetzt total über einen Theater-Besuch!“
Philharmonie-Intendant verhalten optimistisch
Etwas anders klingt das Echo aus den großen, öffentlich geförderten Kulturinstitutionen. Die Kölner Philharmonie muss zwar seit den Sommerferien – von wenigen Ausreißern wie den Konzerten mit Simon Rattle und Daniel Barenboim abgesehen – in vielen Konzerten einen eher schwachen Besuch hinnehmen. Trotzdem ist Intendant Louwrens Langevoort verhalten optimistisch.
„Der Vorverkauf für alle KölnMusik-Konzerte von Dezember bis Ende März trifft auf eine sehr erfreuliche Nachfrage: Für die Konzerte ab Dezember wurden seit Monatsbeginn mehr als 19 000 Tickets verkauft.“ Generell könne von einem Zögern des Publikums keine Rede sein: „Wir sehen seit Mitte Oktober eine stets steigende Nachfrage, viele Konzerte sind inzwischen besser besucht als noch zu Beginn der Saison.“
Karten bleiben gültig
Wegen der zur Zeit hohen Inzidenzen wollten bislang weder bei Oper noch beim Schauspiel Käufer und Käuferinnen Karten zurück geben. Jana Lösch vom Schauspiel: „Wer kauft, der kommt auch.“ Vor dem Sommer habe es eine solche Erstattungspraxis gegeben, jetzt aber nicht mehr. Auch eine sich verschärfende Corona-Lage begründe keinen Anspruch.
„Eine Kartenrückgabe aufgrund von Bedenken ist nicht möglich“, teilt auch Philharmonie-Intendant Louwrens Langevoort mit. (Mas)
Konzert-Absage wegen Pandemie
Mit corona-bedingten Misshelligkeiten hat hingegen die Westdeutsche Konzertdirektion zu kämpfen, die die illustre Reihe der „Meisterkonzerte“ in der Philharmonie veranstaltet. Der für diesen Freitag angesetzte Gastauftritt des Russischen Nationalorchesters etwa musste „aufgrund des starken Anstiegs der Infektionszahlen und des verhängten Lockdowns in Moskau“ abgesagt werden.
Schauspiel beklagt „Einbruch“ bei Kartenverkauf
Von einem „zögerlichen Verkauf“ und von einem „Einbruch“ beim Kartenverkauf nach noch vergleichsweise gut besuchten Premieren berichtet Schauspiel-Pressesprecherin Jana Lösch. Auch die persönlichen Rückmeldungen von Abonnenten zeugten von „Unsicherheit“ angesichts der sich wieder verschärfenden Pandemie-Situation.
Zuversicht an der Oper
Nicht so schlecht sieht es hingegen nach Auskunft von Intendantin Birgit Meyer an der Kölner Oper aus: „Das Publikum kommt mit großer Freude in die Oper und fühlt sich dort sicher.“ Wie am Schauspiel ist es auch hier schwierig, konkrete Auslastungszahlen zu liefern – „weil wir am ersten November die Bestuhlung von 50 auf 100 Prozent aufgestockt haben“.