Kommentar zu Schulen und CoronaWarum die Wut der Eltern wächst
Es ist Montagmorgen, und unsere Kinder gehen zum ersten Mal seit drei Monaten wieder in die Schule. Es fühlt sich fast wie ein erster Schultag an. Leider mit einem völlig gegensätzlichen Bauchgefühl. Denn in Köln ist pünktlich zum Start der weiterführenden Schulen der 7-Tage-Inzidenzwert über die Marke von 100 gestiegen. Mit Ansage, diese Entwicklung war vorauszusehen, und das betrifft ja weitere NRW-Kommunen bereits seit vergangener Woche.
Und auch bei den Gesprächen am Frühstückstisch wird es in vielen Familien ein Déja-Vu gegeben haben: Es wird sich um all die Initiativen und Möglichkeiten gedreht haben, die die Politik hätte ergreifen können und müssen, um den Präsenzunterricht sicherer zu machen.
Wechselunterricht, medizinische Masken und offene Fenster
Jetzt also das Wechselmodell mit getrennten Klassen. Das bedeutet aber auch, dass statt täglicher Videokonferenzen jeder Schüler nur noch die Hälfte der Woche Distanzunterricht hat und die andere Hälfte allein Hausaufgaben erledigt. Die WLANs der Schulen lassen schlicht keine Unterrichts-Überragung aus dem Klassenraum zu.
Und es gibt die Pflicht zu medizinischen Masken, hurra. Dennoch steigen die Kinder in volle Busse und Bahnen, sitzen oft noch immer über 15 Schülerinnen und Schüler in einem Raum, und die Mutante B.1.1.7. ist weitaus schneller übertragbar als das ursprüngliche Virus. Was ist eigentlich aus den viel diskutierten Luftfiltern geworden? Selbst die Anschaffung auf eigene Kosten wurde Eltern ja untersagt. Und vor allem: Wo ist eine Teststrategie für die Schulen? Von beidem ist nichts zu bemerken.
Es werden also wieder die Fenster aufgerissen. Und wie die Schnelltests, sofern sie dann mal verfügbar sind, durchgeführt werden sollen, ist ebenso unklar. Im Klassenraum unter Anleitung der Lehrer? Und was passiert dann mit den positiv Getesteten? Haben die nicht gerade noch während des Tests ohne Maske ihre Viren verteilt?
Das könnte Sie auch interessieren:
In der Woche vor den Weihnachtsferien, als die Präsenzpflicht ausgesetzt wurde, haben wir unsere Kinder zuhause gelassen – entgegen deren ausdrücklichen Wunsch, da fast alle ihre Freunde auch in der Schule waren. Kinder haben Angst, etwas zu verpassen, und sehen sich nur ungern in einer Sonderrolle, hat diese Erfahrung gezeigt.
Zudem herrschte im Dezember durch diese Regelung Chaos in den Klassen, da auch den Lehrern unklar war, welche Schülerinnen und Schüler nun kommen und welche nicht. Ein erneutes Aussetzen der Präsenzpflicht durch das Land NRW bei gestiegenen Inzidenzen wäre also nur ein erster Schritt, aber sicher keine Ideallösung.
Schulöffnungen nur mit Schnelltest-Strategie
Ideallösungen gibt es ohnehin nicht in der derzeitigen Situation. Aber alles wäre besser, als ein erneutes „Weiter so“, „Wir halten an den Öffnungen fest“, wie es schon so oft aus Düsseldorf von Yvonne Gebauer zu hören war. Eine Erleichterung für viele Familien und auch Lehrer wäre es, nur dort zu öffnen, wo eine Strategie mit mehr als einem Selbsttest pro Woche und einem sicheren Durchführungskonzept gewährleistet ist und eine vertretbare regionale Inzidenz herrscht. Also praktisch nirgendwo in dieser ersten Woche.
Die Stimmung in der Bevölkerung schlägt derzeit massiv um, auch bei denjenigen, die die Corona-Maßnahmen grundsätzlich für richtig halten. Ein wichtiger Faktor sind hierbei Familien mit Kindern im Kita- und Schulalter. Von diesen gibt es rund 1,8 Millionen im Land Nordrhein-Westfalen. Hier kommt vor allem an: Die Politik ist untätig. Die Wut der Eltern sollte nicht unterschätzt werden. Und natürlich auch deren Angst, dass durch die Kinder gefährdete Familienmitglieder angesteckt werden.