Zu AfD-AbgeordnetemMittelfinger-Geste von Ramelow auf Twitter kontrovers diskutiert
Der Mittelfinger, den Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow im Landtag einem AfD-Abgeordneten gezeigt hat, sorgt weiter für kontroverse Diskussionen. Auf Twitter erntete der Linken-Politiker viel Zustimmung, aber auch Kritik. Thüringens SPD-Landeschef Wolfgang Tiefensee schrieb, Ramelow habe eine Grenze überschritten. „Sie begeben sich auf das Niveau derer, die Sie beleidigt haben“, heißt es in dem an Ramelow gerichteten Tweet. Die SPD ist in Thüringen Teil der rot-rot-grünen Regierung.
Widerspruch dafür erntete Tiefensee von SPD-Vize Kevin Kühnert, der schrieb, dass sich das Niveau der AfD nicht an „irgendwelchen ungehobelten Gesten“, sondern an „Menschenfeindlichkeit und Faschismus“ festmache.
AfD lege „rhetorischen Brandsatz im Parlament“
In einem am Freitag ausgestrahlten MDR-Interview hatte Ramelow zudem eingeräumt, Möller im Landtag auch als widerlichen „Drecksack“ bezeichnet zu haben. „Es gehört sich nicht, im Parlament so was zu sagen, was ich gesagt habe, aber ich wiederhole es. Herr Möller ist mit dem, was er gerade im Parlament gemacht hat, aus meiner Sicht ein widerlicher Drecksack“, sagte Ramelow vor der Kamera.
Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) sagte der „Welt“ (Online: Sonntag/Print: Montag): „Als Vizepräsidentin hätte ich die verbale und nonverbale Entgleisung als unparlamentarisch gerügt.“ Sie mahnte aber, „nicht über jeden Stock zu springen, der hingehalten wird“. „Es geht darum, denjenigen, die noch erreichbar sind, deutlich zu machen, was mit den Provokationen bezweckt wird“, sagte Pau. „Das ist die neue Entwicklung, die ich insbesondere aus den Fraktionen der AfD wahrnehme. Sie legen den rhetorischen Brandsatz im Plenum des Parlaments und hoffen, dass ihn außerhalb des Parlaments jemand aufnimmt, um Gewalt gegen Personen oder Sachen auszuüben.“
Geste auch schon von Gabriel, Kühnert und Steinbrück
Manche Twitter-Nutzer verglichen den Eklat im Thüringer Landtag mit einem Vorfall von vor vier Jahren, als der damalige SPD-Chef und Vize-Bundeskanzler Sigmar Gabriel rechten Demonstranten den Mittelfinger gezeigt hatte.
Das könnte Sie auch interessieren:
Gabriel war damit allerdings nicht der erste SPD-Politiker, der mit dem Mittelfinger Schlagzeilen machte. 2013 grüßte der damalige SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück mit einem Stinkefinger vom Titel des Magazins der „Süddeutschen Zeitung“. Er wurde damals in einem Ohne-Worte-Interview-Format nach fiesen Spitznamen gefragt und entschied sich als Antwort für den ausgestreckten Mittelfinger. Im gleichen Interview-Format zeigte später auch Kühnert die Geste. Es war die Antwort auf die Frage: „In CDU-Führungsrunden nennt man Sie offenbar den „niedlichen Kevin“. Einverstanden?“.
Mittelfinger bei Debatte um NSU-Akten
Ramelow hatte sich am Freitag kurz nach der Geste auf Twitter reumütig gegeben: „Dem Landtag gebührt mein Respekt als Verfassungsorgan. Den habe ich heute nicht im gebotenen Maße gezeigt. Gleichwohl werde ich meine antifaschistische Grundhaltung niemals von der AfD instrumentalisieren lassen“, schrieb der 64-Jährige.
AfD-Landessprecher Björn Höcke legte Ramelow einen Rücktritt nahe. „Wenn er einen Funken politischen und menschlichen Anstand besäße, würde er zurücktreten!“, erklärte der Rechtsaußen.
Die Mittelfinger-Geste gerichtet hatte Ramelow am Freitag an den AfD-Abgeordneten Stefan Möller gerichtet. Dieser sprach während einer hitzigen Landtagsdebatte über den Umgang mit Akten zum „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU). (dpa)