Sex-Filme auf dem Computer entdeckt„Es ist normal, dass Jugendliche Pornos anschauen“
Köln – Irgendwann ist es soweit. Sie schauen zuhause am Computer in den Suchverlauf, dort tauchen plötzlich Begriffe wie „sexy carwash“ oder „hot escort girls“ mit Links zu entsprechenden Seiten auf und Sie erstarren. Es ist klar, dass Sie und Ihr Partner sich diese Filme nicht angesehen haben. Also kann es nur das heranwachsende Kind gewesen sein. Fragen über Fragen tauchen auf: Wieso schaut das Kind jetzt schon Pornos? Wie kommt es darauf? Was macht das mit ihm? Wie spreche ich es darauf an und sollte ich das überhaupt tun? Die Sexualpädagogin Ana Acosta von der pro familia-Beratungsstelle in Köln-Chorweiler weiß die Antworten darauf.
Jugendliche sprechen mit Eltern nicht über den ersten Kontakt
„Wie bei so vielen Erziehungsthemen gibt es da leider keinen konkreten Plan, an den Sie sich halten können. Man muss da ganz individuell schauen“, sagt sie. Studien zufolge kommen Heranwachsende zum ersten Mal mit durchschnittlich 12,7 Jahren mit Pornos in Kontakt. Oft auch mit anderen zusammen, weil in der Schule jemand ein Video oder Bilder teilt. „Das ist einfach das Alter, auch, wenn man das als Eltern nicht wahr haben möchte. Durch die Smartphones wird es zudem immer früher und einfacher, an Pornos heran zu kommen“, sagt Acosta. Trotzdem sprechen die meisten Jugendlichen nicht mit ihren Eltern über ihren ersten Kontakt mit Pornos. Wenn überhaupt, tauschen sie sich mit Freunden darüber aus. Verständlich, aber für Eltern schwer auszuhalten, weil man doch so viel erklären möchte.
Wenn das Vertrauen da ist, kann man leichter über Pornos und Sex reden
An diesem Punkt ist es entscheidend, wie vorher in der Familie über Sexualität gesprochen wurde. „Idealerweise wurde der Grundstein für ein Vertrauensverhältnis schon viel früher gelegt und man kann mit seinen Kindern offen reden. Es gibt nicht dieses eine Aufklärungsgespräch in einem bestimmten Alter, sondern man beantwortet alle Fragen altersgemäß, wann und wie sie kommen“, sagt Acosta. Das Kind müsse von klein auf eine Sprache finden und zum Beispiel Geschlechtsteile korrekt benennen können. Wenn eine solche Vertrauensbasis bestehe, könnten auch Themen wie Pornokonsum und Selbstbefriedigung einfacher angesprochen werden.
Hilfreiche Seiten und Broschüren zum Umgang mit Pornos
pro familia bietet Beratung für Jugendliche und Eltern an. In Köln zum Beispiel am Hansaring und in Chorweiler.Für Jugendliche gibt es eine eigene Seite zum Thema.
Weitere hilfreiche Seiten für Eltern und Pädagogen:- Mit Klicksafe sicher im Netz unterwegs.- "Schau hin", was Kinder und Jugendliche im Netz machen.
Für Kinder und Jugendliche:Der „Herzfunk“ vom WDR-Kiraka beantwortet Kinderfragen rund um Körper, Liebe und Gefühle. pro familia Saarbrücken hat mit „Voll pornös“ eine Broschüre für Jugendliche mit Infos über Pornos herausgebracht, die Fragen wie diese beantwortet: Wie sieht es hinter der Kamera aus? Warum stöhnen Frauen immer so laut? Wie sieht es mit Schutz aus? Warum ist da so viel Sperma?
Die Privatsphäre unbedingt respektieren
Entscheidend sei deshalb das Medium, auf dem die Pornos aufgetaucht sind. Ist es ein Gerät, das alle Personen in der Familie benutzen? Oder haben Sie auf dem Smartphone etwas entdeckt, dass dem Kind allein gehört? „Wenn ich etwas auf dem Smartphone finde, setzt das voraus, dass ich da dran gegangen bin, obwohl es nicht meins ist. Warum? Zur Kontrolle? Schaue ich da vielleicht sogar regelmäßig nach? Mit dem Thema Privatsphäre muss man sensibel umgehen“, rät Acosta. Anders verhalte es sich, wenn man bei einem gemeinschaftlich genutzten Gerät zufällig im Suchverlauf auf einen Pornofilm stoße. Wichtig für den richtigen Umgang sei auch das Alter des Kindes. Bei jüngeren Kindern wird man zum Beispiel andere Begriffe benutzen als bei Jugendlichen. „Fragen Sie sich aber bei beiden, ob Sie authentisch erklären können, wie Sie die Filme entdeckt haben und machen Sie klar, dass Sie nicht absichtlich danach gesucht haben“, rät Acosta.
Den Jugendlichen kein Gespräch aufzwingen
Ganz wichtig sei es, nicht übergriffig zu werden. „Man hat Jugendliche befragt, ob sie mit ihren Eltern über Sexualität sprechen würden. Die meisten sagen, dass sie es könnten, aber sie möchten es nicht. Das Thema ist offenbar immer noch schambesetzt, es kann für beide Seiten peinlich werden. Man darf den Kindern ein solches Gespräch also nicht aufzwingen. Das kann für die Kinder so peinlich werden, dass sie danach erst recht nicht mehr mit Fragen zu Ihnen kommen“, fasst Acosta zusammen. Eine Lösung könnte sein, dass man Pornos einmal ganz allgemein anspreche. Zum Beispiel so: „Ich habe von einer Kollegin gehört, dass bei ihrem Sohn an der Schule Pornofilme verschickt wurden. War das bei euch auch mal so?“ Auch Aufklärungsbücher, Broschüren oder Internetseiten können helfen, Informationen zu liefern und im besten Fall ein Gespräch in Gang zu bringen (siehe Kasten).
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Nicht verurteilen, aber über Realität und Fiktion sprechen
Mal angenommen, man hat zu seinem Kind eine gute Beziehung und kann mit ihm über Sex sprechen: Wie geht man mit dem Thema Porno an sich um? Wie vermittelt man Jugendlichen, dass das hier Gezeigte nicht der Realität entspricht? „Am wichtigsten ist es, nicht zu verurteilen. Denn dass sich Jugendliche Pornos ansehen, ist ganz normal. Vermitteln Sie Ihren Kindern, dass es ok ist, sich diese Filme aus Neugier anzusehen. Sie sollten aber auf jeden Fall auch darüber reden, dass das Bild von Sex, Liebe und Beziehung nicht der Realität entspricht. Man kann zum Beispiel ganz klar besprechen, was inszeniert ist und was nicht. Beispiele: Samenflüssigkeit wird mit Wasser und Mehl hergestellt, damit es schön viel aussieht. Auch die Rolle der Frau ist ein sehr wichtiges Thema, über das Sie reden sollten“, empfiehlt Acosta.
Ebenfalls sollte vermittelt werden, dass die Verbreitung pornografischer Inhalte unter Jugendlichen nicht erlaubt ist. Das heißt Bilder und Videos sollten nicht weitergeleitet und wenn möglich vom Smartphone gelöscht werden. Acostas Fazit lautet: „Heranwachsende werden so oder so mit Pornos in Kontakt kommen, egal wie viel Sie sperren oder verbieten. Deshalb ist es so wichtig, dass Sie mit ihnen in Kontakt bleiben und schon so früh wie möglich offen mit ihnen sprechen können.“