Schule in NRWGemischte Gefühle bei Schülern, Lehrern und Eltern am ersten Präsenztag
Düsseldorf/Köln – Das Ende der Weihnachtsferien brachte in diesem Jahr keine Rückkehr in die Klassenzimmer mit sich. Aufgrund der hohen Corona-Infektionszahlen nahmen die Schulen auch in Nordrhein-Westfalen ihren Betrieb vielmehr im Distanzunterricht auf, wobei sie nicht wirklich geschlossen waren: Wer zum Beispiel keinen geeinigten Arbeitsplatz zuhause besitzt, konnte von einer Notbetreuung Gebrauch machen. Dieses Angebot galt auch für die Kindertagesstätten im Land.
Viel Unmut bei den Eltern
In gewisser Weise war also nun dieser Montag ein nachgeholter „richtiger“ Schulbeginn mit Anwesenheit in den Bildungseinrichtungen – zumindest für einen Teil der Schüler. Grundschüler, die Primarstufen der Förderschulen und Abschlussklassen kehrten in den Präsenzunterricht zurück, der sich allerdings mit digitalem Lernen abwechselt; alle mussten auch im Unterricht Masken tragen, und es gilt die Verkleinerung der Lerngruppen auch in den Abschlussklassen. „Es ist ein hoher Aufwand“, sagt André Szymkowiak, Leiter des Gymnasiums Thusneldastraße in Köln-Deutz, „aber die Schüler sind glücklich über die Rückkehr.“
Bei vielen Eltern hingegen scheint der Unmut groß zu sein. „Wir sagen seit Wochen, dass Lehrerinnen und Lehrer ebenso wie Erzieherinnen und Erzieher Menschen sind, die tagtäglich zum Wohle aller, zum Systemerhalt ihre Gesundheit für uns alle riskieren“, sagt Anke Staar, Vorsitzende der Landeselternkonferenz in Nordrhein-Westfalen. Die Frage der Priorisierung beim Impfen sei verschleppt worden – „nun versucht man, durch die FFP-2-Pflicht Schaden abzuwenden, Infektionen zu vermeiden, und verlangt von allen Eltern, dass sie innerhalb von drei Tagen für ihre Kinder entsprechende Masken beschaffen. Wohlwissend, dass Kindermasken immer noch extrem selten und sehr überteuert sind. Hinzu kommt, dass es keine Gleichstellung der Schülerinnen und Schüler und der Lehrkräfte gibt.“
Lehrer äußern Freude – aber auch Sorgen
Auch von Lehrerseite ist die Freude über den Schulbeginn nicht ungetrübt, etwa bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), die „vor allem auch vor dem Hintergrund der aktuellen problematischen Inzidenzentwicklung gemischte Gefühle an den Schulen“ registriert. „Freude sicherlich, dass es wieder losgeht und Unterricht und Begegnungen zumindest teilweise wieder möglich sind, aber auch Sorge, ob die Vorbereitungen zum Gesundheitsschutz wirklich ausreichend sind.“ Vielerorts gebe es Bedenken, wie die Anforderungen an die Lehrkräfte mit der Mischung aus Präsenz- und Distanzunterricht und darüber hinaus die zu gewährleistende Notbetreuung zu stemmen sind.
„Auch wenn das Ergebnis sicherlich erst im Frühsommer Wirkung zeigen kann, wäre eine Impfpriorisierung der Lehrkräfte nicht nur an den Grundschulen angesagt“, heißt es auf Anfrage seitens der GEW. Erzieherinnen und Erzieher wie auch Lehrkräfte hätten kaum Möglichkeiten, Abstände einzuhalten und sich in der Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen zu schützen. „Eine Kombination von alltagstauglicher Teststrategie mit einer Aussicht auf frühestmögliche Impfung schafft bei den Lehrkräften sicherlich mehr Vertrauen.“
„Die Impfproblematik empfinde ich als tatsächliches Dilemma: Natürlich begegnen Lehrkräfte an normalen Unterrichtstagen oftmals über 100 Schülerinnen und Schülern, und natürlich sind nicht nur vorerkrankte Kolleginnen und Kollegen besorgt“, sagt Lüder Ruschmeyer, Direktor des Kölner Gymnasiums Kreuzgasse. „Je eher wir geimpft werden, desto besser ist das ja auch für die uns anvertrauten Schülerinnen und Schüler und deren Familien.“ Ruschmeyers Kollege Szymkowiak vom Gymnasium Thusneldastraße würde es vor allem begrüßen, wenn ältere Lehrer und solche mit Vorerkrankungen zügig geimpft würden, so dass diese wieder zum Präsenzunterricht herangezogen werden könnten. Diese Gruppe mache um die zehn Prozent der gesamten Lehrerschaft aus.
Masken an Grundschulen werden Gesprächsthema
Neben den Abschlussklassen – die gymnasiale Oberstufe kehrt vollständig zurück – sind vor allem die Grundschulen gefordert. Hier sind die Masken ein Gesprächsthema. Nachdem alles für den Schulstart am Montag vorbereitet gewesen sei, berichtet der Direktor der Monheimer Grundschule am Lerchenweg, Achim Nöhles, sei die Landesregierung am vergangenen Freitagabend doch noch ein wenig nervös geworden und habe zum Wochenende die Maskenpflicht für Grundschulkinder noch einmal deutlich verschärft.
„Demnach müssen die Kinder nunmehr auch am Sitzplatz im Unterricht dauerhaft eine Maske tragen. Darüber hinaus sind ab sofort auch für die Kinder medizinische Masken – OP-Masken beziehungsweise FFP2-Masken – vorgeschrieben. Eine Ausnahme gilt nur für Kinder, denen eine medizinische Maske nicht passt. Das ist aber eher selten der Fall.“
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Nachdem sich Eltern, Kinder und Mitarbeitende schon gefreut haben, dass man sich wiedersehen kann, hat diese Nachricht am Wochenende doch noch zu erheblichen Diskussionen über die Zumutbarkeit dieser Maßnahme in der Elternschaft geführt. Der Alltagstest verlief dann aber glimpflich, wie Nöhles bestätigt. „So gut wie alle Kinder kamen mit medizinischen Masken zur Schule und tragen diese, natürlich mit ausreichenden Maskenpausen, tapfer über den Schultag hinweg. Die Kinder waren froh, wieder hier sein zu dürfen und nehmen dafür den ein oder anderen Nachteil gerne in Kauf.“
Wechselunterricht bleibt eine Herausforderung
Ein logistische und pädagogische Herausforderung bleibe der Wechselunterricht. Nun muss Unterricht zu Hause, in der Schule und in der Betreuung gleichzeitig stattfinden. „Das hatten wir, obwohl wir im Verlauf der Pandemie schon viele Organisationsformen durchgespielt haben, so noch nicht“, sagt Nöhles.
„Jetzt, wo das flächendeckende Impfangebot für Lehrerinnen und Lehrer ernsthaft angedacht ist, sollten nicht voreilig weitere Jahrgänge zurück in die Schulen geholt werden“, betont Sabine Mistler, Vorsitzende des Philologen-Verbandes Nordrhein-Westfalen. Es sei weiterhin nicht auszuschließen, dass Covid-19-Erkrankungen in die Schulen getragen werden und sich dort verbreiten können.
„Dies stellt für Lehrinnen und Lehrer sowie für Schülerinnen und Schüler und deren Angehörige ein nicht zu unterschätzendes Gesundheitsrisiko dar“, sagt Mistler. „Erst ein umfassendes Impfangebot und weitreichende Möglichkeiten für Covid-19-Schnelltests können zur Entspannung der Situation beitragen.“