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Wolfgang Niedecken singt Bob DylanJetzt auch auf bairisch

Lesezeit 3 Minuten

Wolfgang Niedecken spielt Dylan

Köln – „Unfassbar vill Rään“, Wolfgang Niedeckens kölsche Version von Bob Dylans „A Hard Rain's A-Gonna Fall“, stand nicht auf dem Programm. Dabei hätte der Song bestens gepasst zu diesem Lesekonzert, bei dem der BAP-Chef Dylan-Songs spielte und aus seinem Dylan-Buch las, das bei Kiepenheuer & Witsch erschienen ist. Denn der eine oder andere Schauer ging auf das Publikum im Kölner Tanzbrunnen nieder. Als einige Besucher, deren Sitzplätze sich nicht unter den schützenden Pilzdächern befanden, unter Kiosk-Dächern Zuflucht suchten, erinnerte sich Niedecken an den Satz seiner Mutter: Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur die falsche Kleidung. Das stimmt – aber ist auch kein Trost.

Mike Herting bildet mit Niedecken ein volltönendes Duo

Ebenfalls auf der Bühne saß Mike Herting. Den Mann am Piano kannte Niedecken bereits, als es BAP noch gar nicht gab, was bekanntlich bedeutet, dass die Beziehung ein nahezu biblisches Alter hat. Herting war ein exzellenter Partner. Er drängte sich nie in den Vordergrund, aber war sehr präsent und zur Stelle, wenn es geboten war. Zuweilen vergaß man gar, dass auf der Bühne keine komplette Band stand, sondern nur ein Duo mit Gitarre und Piano. Herting hat im Übrigen schon einmal ein Niedecken-ohne-BAP-Programm begleitet, als mit der WDR-Big-Band das Album „Niedecken Köln“ eingespielt wurde. Nun sind die beiden wieder auf Tournee.

Beim „Heimspiel“ mischte Wolfgang Niedecken die jeweils kurzen Passagen aus seiner Beschreibung einer Reise auf Dylans Spuren durch die USA mit den Titeln, die darin Erwähnung finden. Die wurden mal in der englischen Originalversion geboten und häufiger noch in der eingekölschten Variante. Und einmal – darf man das historisch nennen? – stimmte Niedecken eine Strophe auf Bairisch an. So geschehen beim Byrds-Song „You Ain't Goin' Nowhere“, den Dylan geschrieben hat. Allerdings ist nicht zu erwarten, dass mit diesem Ausflug in den süddeutschen Dialekt eine neue Ära eingeläutet wurde.

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Ein angenehm intimes Konzert war das. Mit einigen Attraktionen. Mit einem ruhig-getragenen „The Times They Are A-Changin’“, einem musikalisch intensiven „Like A Rolling Stone“ (mit dessen Übertragung ins Kölsche Niedecken, wie er schreibt, mittlerweile seinen Frieden gemacht hat) und dem grandios-archaischen Song „Man In The Long Black Coat“, der dem kürzlich verstorbenen Freund und Konzertveranstalter Roland „Balou“ Temme gewidmet war: „Du woors ene Joode!“

Auch „Songs sind Dräume“ – auf Zeilen aus Dylans Autobiographie „Chronicles“ von 2004 basierend, mit der Niedecken einst auf Lesetour war – und „Schluss Aus Okay“ sind in der reduzierten Besetzung von eigenem Reiz. Zwischendurch krächzten Halsbandsittiche in aufgeregter Unordnung und schnatterten Kanadagänse im strengen Formationsflug über dem Areal. Auch Numa, der „reinrassije Strooßekööter“ der Eheleute Niedecken, trottete einmal auf die Bühne.

Dieser in vielerlei Hinsicht naturnahe Konzertabend war nach offiziellen Angaben „coronabedingt ausverkauft“. Was das bedeutet? Merkwürdigerweise wollte der Bonner Veranstalter nicht mitteilen, wie vielen Personen Einlass gewährt worden war. Es waren jedenfalls zahlreiche Besucherinnen und Besucher, denen Niedecken zum Abschluss zurufen konnte, sich unbedingt impfen zu lassen. Damit endlich wieder ein Konzertleben möglich sei, wie man es vor der Pandemie genießen konnte. Das wiederholte er mit Nachdruck und der Bitte, diese Nachricht weiterzusagen. Und zur Wahl sollten auch alle gehen – „aber wählt keinen Scheiß!“

Wolfgang Niedecken: „Bob Dylan“, Kiepenheuer & Witsch, 238 Seiten, 14 Euro. E-Book: 9,99 Euro.