Kommentar zu ZeugnissenLehrer müssen diesmal besonders gerecht benoten
Manche halten Noten auch in normalen Jahren für einen der unsichersten Faktoren unseres Bildungssystems, denn die Individualität von Kindern und Jugendlichen in ein paar schlichte Zahlen zu zwängen – wie soll sich da Gerechtigkeit herstellen? Andererseits braucht die Schule Kriterien, nach denen sie Leistung misst und Unterschiede bewertet.
Doch gerade im Corona-Jahr ist diese Aufgabe eine ganz besonders heikle Anforderung an die Lehrkräfte: Es war ein Auf und Ab, was alle Beteiligten in den vergangenen Monaten erlebt haben. Eine Berg- und Talfahrt, die noch einmal besonders turbulent wurde, weil zum Beispiel der Digitalunterricht für heftige Abstürze sorgte.
Pandemie verstärkte Kluft zwischen Schülerinnen und Schülern
Und das nicht zuletzt in sozialer Hinsicht: Vielen kam das Lernen am Computer sogar entgegen – andere Schülerinnen und Schüler besonders aus den sogenannten bildungsfernen Familien wurden richtiggehend abgehängt. Trotzdem bekommen sie an diesem Freitag ein Zeugnis.
Nein, es war kein normales Schuljahr – diesem Mantra stimmt auch Bildungsministerin Yvonne Gebauer zu, auch wenn sie auf der Vergleichbarkeit der Abschlüsse mit denen früherer Zeiten beharrt. Die Sorge der Schülerinnen und Schüler, wie sie sich durch die Stellungnahme ihrer Landesvertretung artikuliert, ist nach diesen ganz und gar unnormalen Monaten berechtigt: Noten können angesichts der Defizite, die sich im Distanzunterricht ergaben, nicht nach Schema F vergeben werden – 2021 noch weniger als sonst.
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Es ist zu hoffen und eigentlich auch zu erwarten, dass die Lehrkräfte dies in ihre Notengebung einfließen ließen. Und dass weiterführende Bildungsinstitutionen wie die Universitäten und Arbeitgeber berücksichtigen, was die Bewerber in diesem Jahr durchgemacht haben. Es darf keinen unsichtbare Corona-Note auf den Zeugnissen stehen. Gerade dieser Jahrgang hat es verdient, dass man ihm so viel Gerechtigkeit wie möglich widerfahren lässt.