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30 Verletzte in NRWWas das große Erdbeben im Rheinland 1992 für Folgen hatte

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Ein Auto in Bonn wurde von herabstürzenden Steinen zerstört.

  1. Im April 1992 erschütterte das mit einer Stärke von 5,9 bisher stärkste gemessene Erdbeben in der Region weite Teile von Nordrhein-Westfalen. 30 Menschen wurden verletzt, Sachschäden in Höhe von 100 Millionen Euro waren die Folge.
  2. Aus den damals schweren Verwüstungen haben die Behörden ihre Lehren gezogen. Schließlich bebt es im Rheinland durchschnittlich dreimal die Woche.
  3. Wir blicken zurück und erklären, was Menschen bei einem großen Beben am besten tun.

Köln – Am 13. April, um 3.20 Uhr in der Nacht, wackelt das Rheinland, nein, es schüttelt sich, 15 Sekunden lang, in einer Stärke von 5,9 auf der Richterskala.

Es lärmt auch. Gläser fallen aus Schränken, Porzellan zerbricht, Schornsteine stürzen ein. Häuser werden von der Natur abbruchreif gerissen. Menschen wachen auf. Flüchten auf die Straße. Manche werden von herabstürzenden Dachziegeln getroffen.

30 Verletzte allein in NRW, zum Teil schwer. Eine 79-jährige Rentnerin aus Bonn stirbt an Herzversagen nach einem „Erdbebenschock“. Dazu landesweite Sachschäden in Höhe von 100 Millionen Euro. Im Kölner Dom stürzt eine Kreuzblume ins Zwischendach, zeitweise fällt die Wasserversorgung in den rechtsrheinischen Stadtteilen aus. Der „Spiegel“ schreibt später: „Die Affen im Kölner Zoo entleerten vor Schreck ihre Därme.“

Spürbar bis Mailand und London

Am schlimmsten erwischt es die Stadt Heinsberg bei Aachen. Bewohner berichten, sie hätten zunächst an einen Lkw gedacht, der da in ihr Schlafzimmer gerast sei. 150 Häuser sind hier beschädigt. Allein in Dortmund wählen 2000 Menschen den Notruf. Die Stöße der Erde spüren Menschen bis Niedersachsen, Mailand, sogar noch bis nach London.

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Das Erdbeben von 1992 war das stärkste Beben in der rheinischen Region seit Beginn der Seismographischen Aufzeichnungen, dazu eins der stärksten in Mitteleuropa. Sein Epizentrum lag im niederländischen Grenzort Roermond. In 18 Kilometern Tiefe ereignete sich das, was Klaus Lehmann vom Geologischen Dienst NRW heute so beschreibt: „eine plötzliche Verschiebung der Erdschollen in der Tiefe, die zu den starken Erschütterungen an der Oberfläche führte.“ Und sagt dabei: Glück fürs Rheinland.

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Ein Haus in Heinsberg nach dem Beben

Denn das Beben von Roermond hätte noch viel verheerendere Ausmaße annehmen können. Wenn die Schockwellen nur zehn, oder gar fünf Kilometer unter der Erde ihre Energie freigesetzt hätten, wäre die Region durchaus noch stärker betroffen gewesen.

Ein Erdbeben, sagt Lehmann, sei im Rheinland erst mal nichts Ungewöhnliches. Im Schnitt registrieren er und seine Kollegen drei davon pro Woche. Sie sind nur sonst nicht so heftig, haben meist eine geringere Stärke als 2,0.

„So ein starkes Beben wie das von Roermond kommt etwa alle hundert Jahre am Niederrhein vor“, sagt Lehmann. Merkt aber an, dass er keine Prognosen treffen kann. „Das sind zufällige Prozesse. Es ist nicht so, dass wir jetzt bis 2092 unsere Ruhe hätten.“

Niemand muss sich Sorgen machen

Deswegen sei es so wichtig, dass die zuständigen Behörden aus dem großen Beben vor 27 Jahren ihre Lehren gezogen hätten. Die Messstationen des Geologischen Dienstes wurden von sechs auf 15 erhöht. Seit 2005 sind diese mit dem Erdbebenalarmsystem verbunden. Stärke und Epizentren der Erderschütterungen werden nun automatisch ermittelt. Ab einer Stärke von 3,0 benachrichtigt das Warnsystem umgehend Rettungskräfte, die Landesleitstelle der Polizei und das Lagezentrum des Innenministeriums. Seit 2006 schreibt in NRW eine neue Erdbebennorm zudem Gebäudeeigentümern vor, wie ihre Immobilien vor Erdbeben zu sichern sind.

Serie auch im TV

Das verrückte Jahrzehnt: Auf den Mauerfall folgen die 90er Jahre, in denen Ost und West zusammenwachsen, NRW turbulente Zeiten durchlebt. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ blickt in zehn Folgen auf die schrillen und schönen Jahre zurück. Freitags ab 20.15 Uhr lässt das WDR-Fernsehen in „Unser Land in den 90ern“, produziert durch die Kölner Firma Broadview TV um den Emmy-Preisträger Leopold Hoesch, die damaligen Ereignisse Revue passieren.

„Sorgen machen im Sinne von Angst haben muss sich niemand“, sagt Lehmann. Auch wenn die Niederrheinische Bucht genau wie der Oberrheintalgraben oder die Schwäbische Alb in Deutschland als Erdbebenregion bezeichnet wird – die Gefährdung für Bewohner sei im weltweiten Vergleich gering bis moderat.

„Falls es doch zu einem starken Beben kommt“, sagt Lehmann, „sollte jeder sich mit den gängigen Handlungsempfehlungen schützen“. Und zwar folgendermaßen:

1. Nicht aus dem Haus rennen.

2. Sich unter einen stabilen Tisch legen oder unter einen Türsturz einer tragenden Wand stellen.

3. Wenn die Lage überschaubar, das Beben vorbei ist, dann langsam nach draußen bewegen und freie Flächen suchen.

4. Nicht direkt zum Telefon greifen und mitteilen, was passiert ist. Das überlaste nur die Kommunikationsnetze.

So passiert bei einem Beben mit der Stärke 4,3 im Sommer 2011 in Goch.