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Staufalle Mülheimer BrückeStadt sperrt Schleichweg – Sanierung soll 100 Jahre halten

Lesezeit 5 Minuten

Mit Probebohrungen wird ermittelt, wie viel Gewicht der Boden an der Brücke hält.

  1. Die große Sanierung der Mülheimer Brücke hat begonnen. Die befürchteten Staus sind bislang ausgeblieben.
  2. Doch am Montag sind die Osterferien vorbei und die Stadt sperrt einen Schleichweg durch den Niehler Hafen.
  3. Die Sanierung soll nachhaltig sein: „Wir bauen die Brücke für die nächsten 100 Jahre“, sagt Bauleiter Vjeran Buric.

Köln-Mülheim – Zwei Wochen nach der halbseitigen Sperrung der Mülheimer Brücke wagt Klaus Haubenreisser vom Baustellenmanagement der Stadt Köln eine mutige Prognose. „Außerhalb des Berufsverkehrs wird es auf der Brücke keine größeren Staus geben.“

Mutig deshalb, weil der Verkehrsexperte natürlich auch weiß, dass die Osterferien kein Härtetest für die neue Verkehrsführung waren, an denen er mit seinen Kollegen weit mehr als ein Jahr getüftelt hat.

Dass im Januar die Brücke noch einmal auf 3,5 Tonnen abgelastet und eine Höhenbegrenzung von 2,80 Metern eingeführt werden musste, hat Teile des geplanten Verkehrskonzepts zunichte gemacht. „Damit war klar, dass der gesamte Lkw-Verkehr die Brücke nicht mehr nutzen kann. Sonst wäre das auch bei einer Fahrbahn pro Richtung noch möglich gewesen“, sagt Haubenreisser.

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Im Nachhinein habe es sich als „goldrichtig“ erwiesen, mit der Sanierung der Mülheimer Brücke erst nach Abschluss der Arbeiten am Kalker Stadtautobahntunnel und der Zoobrücke zu beginnen. „Dort können jetzt wieder Lkw bis zu 30 Tonnen Gesamtgewicht fahren. Das entspannt die Lage deutlich“, sagt der Verkehrsexperte.

Großräumige Umleitungen

Vier Wochen Eingewöhnungszeit – so lange brauche es, bis die Autofahrer sich auf die neue Verkehrssituation eingestellt hätten. „Das ist bei jeder Großbaustelle so und das wird auch hier nicht anders sein.“ Haubenreissers Optimismus ist nicht unbegründet.

Die Umleitung ist ausgeschildert

Die Entscheidung, großräumige Umleitungen auszuschildern, scheint Früchte zu tragen. „Wir haben die ersten Hinweisschilder auch schon in Leverkusen aufgestellt und versuchen damit, den Verkehr weiter über die A 3 zu führen.“ Gleiches gelte für die Anschlussstellen Mülheim und Dellbrück. Auch auf der A 4 würden Autofahrer rechtzeitig gewarnt, besser bis Köln-Ost auf der Autobahn zu bleiben und die Zoobrücke zu nutzen.

Nur ein Rückstau am ersten Tag

Die Umleitungen werden offenbar gut angenommen. „Wir hatten in den beiden ersten Wochen mit der neuen Verkehrsführung nur am ersten Tag einen Rückstau bis zum Clevischen Ring. Danach war nichts mehr.“ Die Staugefahr bei der Brückenfahrt ins Linksrheinische ist deutlich höher, weil sie an der Kreuzung zur Boltensternstraße jetzt einspurig vor einer Ampel endet. Vorher gab es dort zwei getrennte Fahrstreifen für das Abbiegen nach links und nach rechts und eine ampelfreie Abfahrt über die Riehler Straße Richtung Innenstadt.

„Das ist klar, dass der Verkehr dort nicht besser laufen kann“, sagt Haubenreisser. „Wir prüfen, ob sich die Grünphase dieser Ampel nicht verlängern lässt.“ Das mache aber nur Sinn, wenn dadurch kein zusätzlicher Stau auf der Boltensternstraße entsteht. Um dem zu entgehen, hätten in den ersten Tagen etliche Autofahrer die verbotene Abkürzung durch das Hafengebiet gesucht. „Das war schon immer verboten. Deshalb haben wir auf Wunsch der Häfen- und Güterverkehr Köln die Zufahrt vom Niehler Gürtel am Mittwoch zugemacht.“ Am Freitag hatte ein Fahrer die Baken vor lauter Frust zwischenzeitlich beiseite geräumt.

Sanierung der Mülheimer Brücke

Umleitungsschilder ausgetauscht

In der Gegenrichtung sei die Staugefahr deutlich geringer, weil die Zufahrt auf die Brücke ins Rechtsrheinische jetzt durch eine Signalanlage an der Boltensternstraße geregelt ist. „Bei einer Grünphase kommen nach der Rheinquerung am Clevischen Ring bisher alle Fahrzeuge durch. Da werden wir außerhalb des Berufsverkehrs gar keine Probleme haben“, so der Verkehrsexperte.

In den kommenden Tagen und Wochen wird das Baustellenmanagement noch etliche Feinjustierungen vornehmen. So werden alle gelben Umleitungsschilder noch einmal ausgetauscht und durch größere ersetzt. „Das war das Ergebnis einer Befahrung mit der Beschilderungsfirma“, so Haubenreisser. Um den Schilderwald zu lichten und für mehr Übersicht zu sorgen, will die Stadt die Altschilder mit den Gewichtsbeschränkungen auf 30 und zwölf Tonnen abmontieren. Der Baustellenmanager hält sie für überflüssig. „Wenn die Brücke saniert ist, wird es keine Beschränkungen mehr geben.“

Warnblinker für Radfahrer

Angenehm überrascht habe ihn die Reaktion von Fußgängern und Radfahrern, die sich den schmalen Weg auf der Nordseite der Mülheimer Brücke seit zwei Wochen teilen müssen. „Ich habe das am Ostermontag mal aus der Entfernung beobachtet. Da waren bei dem schönen Wetter sehr viele Fußgänger und Radfahrer unterwegs.“ Alles sei entspannt und konfliktfrei abgelaufen, die Umleitung für die Radfahrer klar ersichtlich.

Um Frontalzusammenstöße zu vermeiden, hat die Stadt auf dem verbliebenen Geh- und Radweg an den Brückenpylonen gelbe Markierungen auf der Fahrbahn aufgetragen, Blinker und Tafeln warnen vor der Gefahrenstelle. Haubenreisser sagt: „Die Radfahrer haben sich daran offenbar sehr schnell gewöhnt.“

„Wir bauen die Brücke für die nächsten 100 Jahre“

Die Sanierungsarbeiten an der Mülheimer Brücke gehen bei laufendem Verkehr weiter. In den vergangenen Wochen liefen auf der rechtsrheinischen Seite an verschiedenen Stellen Probebohrungen in der Erde. Dabei wird geprüft, wie viel Gewicht der Boden standhält. „Eine besondere Herausforderung ist ein Braunkohleflöz, das 25 Meter tief im Boden liegt“, sagt Vjeran Buric, Leiter des Bauprojekts bei der Stadt.

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Da die Kohle kaum Last tragen könne, müsse das komplette Brückenfundament auf darüberliegenden Schichten errichtet werden, so Buric. Somit müsse das Gewicht auf mehr Pfeiler verteilt werden als bei anderen Neubauten. Hier werden auf beiden Seiten mehrere Tausend Pfähle eingesetzt. Jeder Einzelne hält bis zu 70 Tonnen. „Es gibt Grenzwerte, die wir einhalten müssen. Damit wir auf alle Fälle vorbereitet sind“, sagt Buric. Selbst kleineren Erdbeben könne das neue Bauwerk standhalten. „Wir bauen die Brücke für die nächsten 100 Jahre“, sagt Buric.

Die rechtsrheinische Rampe aus den 1920er Jahren erweist sich indes als maroder als gedacht. Besonders im Winter hat salzhaltiges Wasser den Betonpfählen jahrzehntelang stark zugesetzt. Viele Behelfspfeiler stützen nun den zweigeschossigen Bau. In den Hallen, die nun geleert und entkernt wurden, waren früher Vereine, Restaurants und die Brückenmeisterei untergebracht. „Das ist wie ein Haus mit zwei Etagen, auf dem eine Straße und eine KVB-Trasse verlaufen“, sagt Buric. „So baut man keine Brücke.“ Bald, knapp 100 Jahre später, soll die Brücke nur noch auf Stahlpfeilern stehen.