Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Spaziergänge mit TierenWie man ein flauschiges Alpaka als Haustier halten kann

Lesezeit 6 Minuten
Alpaka Salsa

Alina Tober mit ihren Alpakas Salsa und Taco

Bergneustadt – Am Rand der Wiese reckt Salsa gierig den Kopf in Richtung Grünfläche. Kaum löst Alina Tober die Leine vom Halfter, schüttelt sich der weiße Alpakahengst, macht einen Freudenhüpfer und trabt auf die Wiese, dicht gefolgt von seinem Freund Taco. Hier, auf einer Lichtung im Bergischen zwischen Birken, Fichten und Buchenwäldern, lässt Alina Tober die beiden Tiere täglich laufen.

Tober kennt den Besitzer des Feldes, ihn stört der Alpaka-Besuch nicht. Während Salsa und Taco die wuscheligen Köpfe ins Gras stecken, packt Tober Picknickdecken aus ihrem Rucksack und breitet sie auf dem Rasen aus. „Dieser Ort ist ein Paradies“, sagt sie und lächelt.

Jeden Tag legt sie sich für ein bis zwei Stunden hier auf die Decke, hört Podcasts oder Musik und schaut ihren Tieren beim Grasen zu. Zwei Kaninchen, eine Katze und zwei Alpakas leben auf dem Grundstück der Biologin und ihres Mannes. Ein bisschen wie bei Alice im Wunderland, habe eine Freundin zu Alina Tober gesagt. Taco und Salsa sind ohne Zweifel ihre exotischsten Tiere, deutschlandweit steigt die Zahl der Alpaka-Haltungen jedoch stark an.

Spaziergang mit Alpaka, 40 Euro

Alpakas? Noch nie hier gesehen, hätte bis vor kurzem ein Großteil der Menschen in Deutschland gesagt, doch in den letzten Jahren sprießen die Alpaka-Farmen geradezu aus dem Boden. Einige Hobby-Halter finden die Tiere einfach niedlich. Sind sie ja auch, mit ihrer Punkfrisur, dem leicht irritierten Blick und den hervorstehenden Schneidezähnen. Im Gegensatz zu Lamas spucken Alpakas Menschen nur selten an.

Die Andenkamele bieten auch eine solide Einnahmequelle, einerseits durch die feine Wolle, zum anderen durch Besucher. Ein Alpaka-Hof in Castrop-Rauxel bietet neben Alpaka-Wanderungen „Alpaka-Dates für Zwei inklusive Picknick“, „Zelten auf der Alpaka-Weide“, „Yoga auf der Alpaka-Weide“ und „Alpaka-Dünger, 3kg luftgetrocknet im Papiersack“ an. Eineinhalb bis zwei Stunden mit einem Alpaka an der Seite durchs Ruhrgebiet oder das Bergische wandern kostet im Schnitt 40 Euro, eine alpakalose Begleitperson zahlt 20 bis 30 Euro dazu. Trotzdem sind die meisten Wanderungen ausgebucht, manche für das komplette Jahr. Woher kommt der Alpaka-Hype?

„In den letzten 20 Jahren sind Alpakas in geworden“

Eins vorab: Auch wenn Alpakas in Europa viele Jahre eine Seltenheit waren, sind sie keine exotischen Wildtiere. Vor circa 7000 Jahren züchteten die Inka in Südamerika Lamas und Alpakas als Nutztiere, die sogenannten Neuweltkameliden. Mit ihrer Wolle, als Lastentiere und Fleischlieferanten waren sie unersetzlich für die südamerikanische Landwirtschaft, ähnlich, wie auf europäischen Bauernhöfen Ziegen und Schafe lebten.

Einige Jahrtausende später begannen sich auch in Europa Menschen für die feinen Alpaka-Fasern zu interessieren „In den letzten 20 Jahren sind Alpakas – wie sagt man? – in geworden“, sagt Fritz-Jürgen Hieke, Präsident des Alpaka-Zuchtvereins Deutschland. Zwischen 20.000 und 25.000 Alpakas leben heute in Deutschland, schätzt er. Vor fünf Jahren seien es noch circa 16.000 gewesen.

Auch im Kölner Umland nimmt die Zahl der Alpakahaltungen zu, fällt dem ehemaligen Kölner Zootierarzt Olaf Behlert auf. „Wir haben vorher immer mal wieder ein Alpaka behandelt“, sagt Belehrt. „In den letzten zwei, drei Jahren sind es deutlich mehr geworden, auch die Bestände werden größer.“ Er hält den Hype für eine Art Selbstläufer: Je mehr Menschen im Bergischen an Alpaka-Wiesen vorbei laufen, desto mehr Menschen vergucken sich in die Andenkamele.

Gut angepasst an das europäische Klima

Ähnlich lief es bei Alina Tober: Die Biologin wurde mit Tieren groß, als Kind tollten Hunde und Katzen zwischen ihren Beinen umher. Vor zwei Jahren besuchte sie im Urlaub mit ihrer Tochter einen Tierpark bei Wismar, Mecklenburg-Vorpommern. Damals war ihre Tochter ein Jahr alt und hielt sich nur wackelig auf den Beinen. „Die Alpakas sind an ihr vorbei gelaufen, ganz dicht, ohne sie zu berühren oder umzuschmeißen“, sagt Tober. „Die sind einfach ganz sanft, ganz beruhigend.“ Auf die Postkarte an ihren Mann schrieb sie: „Ich möchte Alpakas!“

Alpaka Spaziergang

Fünf Minuten vom Haus entfernt führt Alina Tober die Alpakas täglich auf eine Wiese.

Alpakas sind gezüchtete Tiere, sie sind die Gesellschaft von Menschen also gewohnt. Auch klimatisch kommen sie in Europa gut zurecht. An den Berghängen der Anden herrscht schließlich kein Wüstenklima. „Hier ist es ein bisschen feuchter“, sagt Alina Tober, „aber das ist kein Problem.“ Wichtig sei nur, dass Halter ihre Tiere einmal im Jahr scheren.

Trotzdem muss man bei der einer Alpaka-Haltung einiges beachten: Gibt es einen Tierarzt in der Nähe, der sich mit Alpakas auskennt? Wer kann die Tiere einmal jährlich scheren, wer füttert sie im Urlaub? Umfasst die Wiese die verlangten 1000 Quadratmeter mit Stall für das erste Alpaka und 100 weitere Quadratmeter für jedes zusätzliche Tier? „Einzelhaltung geht bei Alpakas nicht“, sagt Behlert, man müsse mindestens zwei, besser noch vier oder fünf Tiere zusammen halten.

Zudem müssen sie regelmäßig geimpft und entwurmt werden. Neben viel Heu fressen die Tiere spezielle Alpaka-Pellets und benötigen Nahrungsmittelpräparate mit Zink. Im Gegensatz zu Schafen und Ziegen haben Alpakas einen sehr empfindlichen Magen: Taco erlitt eine lebensgefährliche Kolik, weil Spaziergänger ihn auf einer Weide in der Eifel mit Obst fütterten.

Zutraulich, aber nur ohne Streicheleinheiten

„Alpakas sind angenehme Tiere“, sagt Behlert, „doch Knuddeltiere sind sie auf keinen Fall.“ Streicheleinheiten mögen Alpakas gar nicht, da drehen sie sich weg. Zu enger Kontakt mit den Menschen kann bei jungen Tieren sogar gefährlich werden: Gerade männliche Jungtiere werden schnell fehlgeprägt und ab der Pubertät unheilbar aggressiv. Nein, sagt Tober, kuscheln würde sie ihre Alpakas auch nicht. Stattdessen begrüßen ihre Tiere sie mit einem leichten Stupser, Nase an Nase.

Alpaka Salsa 2

Küsschen statt Streicheleinheiten: Alpaka Salsa und Alina Tober

Taco und Salsa entfernen sich nie weit von der Picknickdecke, auf der Alina Tober sitzt. Den Kopf im Gras vergraben bleiben sie stets zehn bis 20 Meter von Tober entfernt, obwohl die Weide nicht eingezäunt ist. „Wenn Gefahr droht und ein Hund in der Nähe bellt, laufen sie sogar zu mir“, sagt Tober. Gerade wenn sie einen stressigen Tag hat komme sie gerne mit ihren Tieren auf die Wiese. „Alpakas strahlen so eine Ruhe aus“, sagt sie. „Sie sind glücklich, wenn sie hier einfach grasen und entspannen können.“

Tober schnalzt mit der Zunge und ruft nach Salsa, der nur wenige Meter entfernt grast. Sein Vertrauen, sagt die Biologin, habe sie sich hart erarbeitet. Es dauerte einige Wochen, bis Salsa ihr erlaubte, ihm ein Halfter überzuziehen. „Dafür ist der Taco ein bisschen grummeliger“, sagt sie und steckt Salsa ein paar Pellets zu. „Der quatscht mehr. Wenn er etwas nicht mag, legt er die Ohren an und brummelt. Salsa würde einfach weggehen.“

Das könnte Sie auch interessieren:

In einigen Monaten, sagt Tober, möchte sie mit ihren Tieren Umweltbildung machen. Schließlich arbeitet sie im Umweltbildungszentrum Gut Leidenhausen in Köln-Porz: Dort soll eine Streuobstwiese entstehen mit Schaugarten und Trockenmauer, an der Kinder und Erwachsene mehr über die Natur erfahren. „Da sollen die Alpakas einen abgetrennten Bereich haben, zwischen dem Wildschweingehege und den Rothirschen“, sagt sie. Vorausgesetzt natürlich, Taco und Salsa haben nichts gegen Autofahrten.

Alina Tober steht auf, packt die Decke in den Rucksack und lässt die Leine wieder an Salsas Halfter einrasten. Das Tier wartet schon zutraulich neben ihr. Taco dagegen hat wenig Lust, die Wiese mit dem hohen Gras schon zu verlassen. Er dreht den Kopf weg und stakst davon. „Du bist eine Ziege, Taco“, sagt Tober und seufzt. „Na komm“, sagt sie zu Salsa und geht mit dem weißen Hengst ein paar Schritte in Richtung Feldweg. Taco bleibt kurz stehen, guckt und macht ein Grummel-Geräusch. Dann läuft er doch hinterher, lässt sich anleinen und geht zurück nach Hause.