Bei Mordfällen ist die Aufklärungsrate in Deutschland hoch. In diesen Fällen aus der Region um Köln sucht die Polizei jedoch weiter nach den Tätern.
Seit Jahrzehnten ungelöstMordfälle in der Region um Köln – die Täter sind immer noch flüchtig
Es sind Fälle, die die Menschen besonders bewegt und erschüttert haben. Doch bis heute konnten die mutmaßlichen Täter nicht gefasst werden. In Nordrhein-Westfalen hat ein Team aus Ermittlern im Rahmen des Projekts „Cold Case“ solche ungelösten Mordfälle wieder aufgerollt.
Insgesamt 1140 Mordfälle in NRW seit 1970 hat das „Cold Case“-Team noch einmal unter die Lupe genommen. Die Aufgabe war es, sich einen Überblick über den aktuellen Ermittlungsstand zu verschaffen, Akten zu digitalisieren und Asservate zu begutachten.
„In über 400 Fällen sahen die ermittelnden Polizisten der ‚Besonderen Aufbauorganisation‘ gute Chancen, dass die Täter nach erneuten Ermittlungen gefasst werden können“, erklärte Markus Niesczery vom Landeskriminalamt NRW auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Mit rund 90 Fällen seien die Ermittler in Köln zu einem großen Teil mit dieser Aufgabe betraut worden. „Aber auch Bonn bearbeitet perspektivisch mehr als zwei Dutzend Cold Cases“, so Niesczery weiter.
Welche dies genau sind, können die zuständigen Kriminalämter aufgrund ermittlungstaktischen Gründen nicht preisgeben. Unabhängig davon haben wir hier die spektakulärsten ungelösten Mordfälle aus dem Großraum Köln zusammengestellt.
Ungelöste Mordfälle aus Bonn:
Prostituierte Simone „Simi“ D. tot aufgefunden
Der gewaltsame Tod der Prostituierten Simone D., genannt „Simi“, sorgte bundesweit für Schlagzeilen. Auch die Fernsehsendung „Aktenzeichen XY ... ungelöst“ berichtete über den Mordfall.
Die gehörlose Frau arbeitete jahrelang auf dem Straßenstrich in Bonn und Köln. Am Abend des 29. Dezember 2002 soll sie den Ermittlungen zufolge vor einem Gebäude der Telekom in Bonn-Endenich in ein Auto gestiegen sein. Am Neujahrstag wurde ihre Leiche dann bei Schweich im Landkreis Trier-Saarburg in der Nähe eines Parkplatzes an der A1 gefunden.
Was in der Zwischenzeit passierte? Unklar. Die Polizei tappte in dem Fall im Dunkeln. Ein konkreter Verdächtiger wurde nie bekannt.
Niklas P. nach „Rhein in Flammen“ totgeprügelt
Der Kriminalfall Niklas P. sorgte für breite Bestürzung in der Bevölkerung. Der 17-jährige Schüler war nach einem Konzert bei „Rhein in Flammen“ an einer Haltestelle in Bad Godesberg von mehreren Männern angegriffen und brutal verprügelt worden. Er starb wenig später am 12. Mai 2016 im Krankenhaus.
Obwohl es der Polizei gelang, mehrere Tatverdächtige zu identifizieren und vor Gericht zu stellen, gilt der Fall bis heute als ungelöst. Der Prozess gegen den mutmaßlichen Haupttäter Walid S. musste schließlich aufgrund unklarer und widersprüchlicher Zeugenaussagen mit einem Freispruch geschlossen werden.
Der mysteriöse Fall um Jens Bleck
Es ist wohl einer der mysteriösesten Kriminalfälle Deutschlands: Nach einem Diskobesuch in Bad Honnef verschwindet der 19-jährige Jura-Student Jens Bleck am Abend des 9. November 2013 spurlos. Zwei Wochen später wird seine Leiche im Rhein gefunden.
Die Polizei glaubt zunächst an einen Selbstmord, doch die Ermittlungen stoßen bald an Ungereimtheiten. Demnach soll Jens Bleck kurz vor seinem Tod aufgebracht gewesen sein und sogar die Polizei um Hilfe gebeten haben. Er werde von Männern verfolgt und bedroht, gab der Student damals an. Doch Verdächtige konnten bis heute nicht identifiziert werden.
Millionärsehepaar Hagen spurlos verschwunden
Einer der ältesten Fälle aus dem Bonner Raum, wohl aber auch einer der mysteriösesten: Das Verschwinden des Millionärsehepaars Hagen. Seit dem 13. Juli 1994 fehlt plötzlich jede Spur von Doris und Wilfried Hagen aus dem Ortsteil Heidebergen in Bonn-Beuel.
Ein Verbrechen wird stark vermutet, das Ehepaar hatte einen Urlaub geplant, waren dort aber nie angekommen und ihre Reiseutensilien standen in der Garage. Für die Aufklärung wurde bereits in den 1990er Jahren eine Belohnung über eine Million Mark ausgesetzt. Doch die Leichen des Ehepaars wurden nie gefunden.
Bornheimer Mordfall Hingkeldey – Verbindung zu Mord in Velbert
Die unfassbare Brutalität und Grausamkeit im Mordfall Ulrike Hingkeldey sorgt auch heute noch für Entsetzen. Die Leiche der damals 20-jährigen Bonner Studentin wurde am 19. August 1984 auf einem Feld in Bornheim gefunden. Der Mörder hatte ihr Arme und Beine abgetrennt.
2017 wurden Parallelen zu einem Mord in Velbert bekannt. Dort wurde die damals 17-jährige Regina Neudorf im Mai 1979 auf ebenso brutale Art und Weise verstümmelt aufgefunden. Eine DNA-Untersuchung bestätigte, dass es sich um denselben Täter handelt.
Doch auch eine Ausstrahlung des Doppelmordfalls bei „Aktenzeichen XY ... ungelöst“ führte bislang noch nicht dazu, dass der unbekannte Täter gefasst wurde.
Ungelöste Mordfälle aus dem Rhein-Sieg-Kreis:
„Mord ohne Leiche“: Der Fall Sandra D.
Sandra D. aus Eitorf verschwand am 8. September 2012. Als die damals 42-jährige Kassiererin nicht an ihrer Arbeitsstelle erschien, wurde sie als vermisst gemeldet. Die Polizei suchte mehrfach mit einer Einsatzhundertschaft und mit Tauchern in der Sieg. Ihre Leiche wurde nie gefunden.
Der Ex-Freund von Sandra D. galt lange als dringend tatverdächtig. Ein Gericht verurteilte ihn in einem ersten Verfahren wegen Totschlags, doch das Bonner Landgericht hob das Urteil auf, auch das einmal geäußerte Geständnis wurde als fragwürdig eingestuft und der Angeklagte freigesprochen.
Pilzsammler findet Leiche von Birgit Ameis
Lange wurde die Ermittlung im Fall Birgit Ameis als Vermisstenfall behandelt. Die damals 54-Jährige war am Ostersamstag 2015 im Bereich des Flughafens Frankfurt-Hahn, wo die Lohmarerin beim Deutschen Wetterdienst arbeitete, spurlos verschwunden.
Am 5. November 2020 wurde aus dem Vermisstenfall jedoch schlagartig eine Mordermittlung. Ein Pilzsammler fand die sterblichen Überreste der Vermissten in einem Waldstück in der Nähe des Flughafengeländes. Es ergaben sich mehrere Hinweise auf ein Gewaltverbrechen. Der mutmaßliche Täter wurde bislang jedoch noch nicht gefasst.
Tödliche Schüsse auf Bauunternehmer Werner Klostermann
Durch Schüsse aus einer Beretta wurde der Bauunternehmer Werner Klostermann getötet. Seine Leiche wurde am 5. Januar 2001 in seinem Auto auf dem Parkplatz seiner Firma in Troisdorf-Spich gefunden.
Als Motiv vermuteten Mordkommission und Staatsanwaltschaft die damals schwierige wirtschaftliche Lage. Mutmaßlich handelte es sich um einen Auftragsmord. Ein Freund des Unternehmers brachte später den Verdacht vor, es könne sich doch um eine Beziehungstat gehandelt haben. Der Täter wurde bis heute nicht ermittelt.
Ungelöste Mordfälle aus dem Rhein-Erft-Kreis:
Rätsel um Guodi Xuan aus Brühl
Im Fall der Vermissten Guodi Xuan steht die Polizei vor vielen Fragezeichen. Die damals 39-Jährige soll ihre Wohnung in Brühl am 14. Juli 2010 verlassen haben. Ihrem Ehemann und der gemeinsamen Tochter hinterließ sie lediglich eine Notiz, sie sei „für zehn Tage im Urlaub“. Seitdem wurde Guodi nicht mehr gesehen.
Da ein Tötungsdelikt nicht ausgeschlossen wurde, war Ende 2010 eine Mordkommission gebildet worden. Auch die Sendung „Aktenzeichen XY ... ungelöst“ stellte den mysteriösen Fall vor. Doch auch die Hintergründe ihres Verschwindens konnten bislang nicht erhellt werden.
Autofahrer in Bedburg mit Kopfschuss getötet
Einem Jogger fiel ein Auto auf einem Wanderparkplatz Peringsmaar an der Landstraße 361 in Bedburg auf. Zwei Tage muss der schwerverletzte Fahrer in dem Wagen gesessen haben, bis er gefunden wurde.
Ein bislang unbekannter Schütze hatte mutmaßlich am 23. November 2017 zwei Schüsse aus einer Waffe auf den 46-jährigen Bergheimer Sascha K. abgefeuert. Der Mann wurde am Kopf getroffen und erlag Monate später seinen Schussverletzungen. Die Mordkommission „Scheibe“ ermittelt bis heute in dem ungelösten Mordfall.
Ungelöste Mordfälle aus Rhein-Berg:
Joggerin Ida Maria Lukas tot in Gebüsch aufgefunden
Als die leidenschaftliche Joggerin Ida Maria Lukas am 24. Juli 1992 von einem Dauerlauf am Bensberger See nicht nach Hause zurückkehrt, machen sich ihr damals 21-jähriger Sohn und ihr Ehemann auf die Suche nach ihr. Zwischen hohen Sträuchern fanden sie schließlich ihre Leiche.
Die Mordkommission zufolge soll die 46-jährige Versicherungsangestellte in das Gebüsch gedrängt, vergewaltigt und erdrosselt worden sein. Ein Autofahrer soll den Verdächtigen in dem Gebüsch beobachtet haben, wie er eine Strumpfmaske zur Stirn hochrollte. Doch sämtliche Ermittlungen liefen bislang ins Leere.
Tödlicher Raubüberfall auf Rentnerehepaar
Zwei maskierte Täter drangen im September 1986 in die Wohnung eines Rentnerpaars im Bergisch Gladbacher Stadtteil Frankenforst ein. Auf den 91-jährigen Johann Wilhelm prügelten die beiden Männer so brutal ein, dass er wenig später seinen schweren Verletzungen erlag.
Während die 77-Jährige gefesselt neben der Leiche ihres Lebensgefährten lag, plünderten die unbekannten Angreifer die Wohnung.
Die Obduktion der Leiche ergab, dass die Räuber den 91-Jährigen mit Gegenständen und bloßen Händen misshandelt haben müssen. Er habe Wunden am ganzen Körper davongetragen. Die Täter wurden nie gefasst.
Alina U. im Keller des Elternhauses erschossen
Mit nur 21 Jahren musste Alina U. sterben. In der Nacht vor Heiligabend 2002 war sie im Keller ihres Elternhauses in Refrath erschossen worden. Der Haupttäter war ihr Stiefvater Jimmy J., ein Gericht verurteilte ihn 2004 wegen Mordes zu lebenslanger Haft.
Doch nach einem mutmaßlichen Mittäter der furchtbaren Tat sucht die Polizei weiterhin. Der Unbekannte soll Alinas Schwester Vanessa überfallen und gefesselt haben, um den Mord an der 21-Jährigen zu vertuschen und Jimmy J. ein Alibi zu geben. Er wurde nie identifiziert.
Ungelöste Mordfälle aus Oberberg:
Leiche in Koffer an der Neye-Talsperre
Drei Jugendliche machten am 3. August 1997 eine schreckliche Entdeckung in der Neye-Talsperre in Wipperfürth. Als die Jungen die Tasche an Land zogen und sie öffneten, fanden sie darin die stark verweste Leiche einer Frau.
Nachdem die Tote lange nicht identifiziert werden konnte, ergab 2011 ein neuer DNA-Abgleich, dass es sich um Malgorzata Galaj handelte. Die damals 33-Jährige war in Polen seit 1995 vermisst worden und soll in Deutschland als Prostituierte gearbeitet haben. Ihr Mörder wurde bis heute nicht gefunden.
Rätsel um Anett Carolin Kaiser und das Geisterhaus von Morsbach
Kaum ein Fall wirft mehr Fragen auf als der um Anett Carolin Kaiser. Seit August 2011 wird die damals 51-Jährige aus Solingen bereits vermisst. Kurz vor ihrem Verschwinden kaufte sie ein Haus in Morsbach im Oberbergischen, wo sie sich niederlassen wollte. In einer spektakulären Aktion wurden vier große Überseecontainer in den Garten gestellt. Wofür? Unklar.
Von einem letzten Urlaub nach Spanien vor dem Umzug kam Anett Carolin Kaiser nie zurück. Auch in ihrem damaligen Reiseziel in Andalusien ist sie niemals angekommen. Hinweise zu ihrem Verschwinden gab es seither viele, doch alle Spuren verliefen ergebnislos.
Ungelöste Mordfälle im Kreis Euskirchen und der Eifel:
Wer hat die elfjährige Claudia Ruf getötet?
Gewaltverbrechen haben in Deutschland eine hohe Auflösungsquote. Der Mord an der elfjährigen Claudia Ruf geschah unterdessen bereits vor Jahrzehnten und ist noch immer ungeklärt.
Das Mädchen war im Mai 1996 mit dem Hund eines Nachbarn spazieren, jedoch nicht zurück nach Hause in Hemmerden gekommen. Ein Spaziergänger fand ihre Leiche schließlich circa 70 Kilometer entfernt von ihrem Heimatort auf einem Feld zwischen den Ortschaften Euskirchen-Oberwichterich und Zülpich-Wichterich. Ihr Leichnam war mit Benzin übergossen und anschließend angezündet worden.
Anfang 2013 erfuhr der Kriminalfall noch einmal einen unerwarteten Schub. „Grundlage für unsere aktuellen Ermittlungen sind Zeugenangaben zu einem Pkw mit Recklinghäuser Kennzeichen“, erklärt Reinhold Jordan als Leiter der Bonner Mordkommission im Fall Claudia Ruf. Zur Ergreifung des Täters führte dies unterdessen noch nicht.
Marcel B. mit durchtrennter Kehle vor Haus gefunden
Der 36-jährige Marcel B. wurde im Juni 2007 auf der Außentreppe seines Hauses in Blankenheim-Rohr tot aufgefunden. Seine Kehle war durchschnitten.
Der auf den ersten Blick eigentlich klar erscheinende Fall gab den Ermittlungsbehörden jedoch viele Rätsel auf. Schon allein über den Tatzeitpunkt wurde viel spekuliert. Zeugenangaben zufolge soll der Mord schon zwei Tage vor dem Auffinden der Leiche geschehen sein. Neue forensische Verfahren führten jedoch zur Annahme eines anderen Todeszeitpunkts.
Ein 29-Jähriger stand im Fokus der Ermittlungen und es sollte auch Anklage gegen den Verdächtigen erhoben werden, doch das Landgericht wollte der Einschätzung nicht folgen und wies den Fall ab. Seither wurden keine weiteren Fortschritte bekannt.