Corona-SommerHalden-Hopping im Ruhrgebiet, Seelenorte im Sauerland
- Nicht erst seit der Corona-Krise erfreuen sich bestimmte Regionen in Nordrhein-Westfalen bei Sommerurlaubern großer Beliebtheit.
- Das Ruhrgebiet lockt mit 1200 Kilometern Radwegen, die Eifel und das Sauerland mit viel Natur.
- Aber auch die Städte entlang des Rheins oder das Bergische Land bieten sich für den Urlaub in der Nähe an.
Köln – Willkommen im Corona-Sommer 2020. So weit ist es also schon gekommen, dass ein Tourismus-Experte fürs Radwandern im Ruhrgebiet Ausweichempfehlungen geben muss. „Es müssen ja nicht immer der Ruhrtal-Radweg oder die Emscher-Lippe-Route sein“, sagt Thomas Machoczek, Sprecher der Ruhr-Tourismus GmbH in Oberhausen. „Da ist zu normalen Zeiten schon sehr viel los. Durch Corona hat sich das noch verstärkt.“
Vor allem der Ruhrtal-Radweg, der über 240 Kilometer entlang der Ruhr von der Quelle am Ruhrkopf bei Winterberg bis zur Mündung bei Duisburg-Ruhrort führt, ist sehr reizvoll. Leicht zu fahren und die einzigartige Kombination von Natur und Industriekultur macht die Strecke so attraktiv, dass es an einigen Zwischenetappen mit den Unterkünften knapp werden kann.
„Wir haben 1200 Kilometer Radwege im Revier und ein ganzes Paket mit Entdeckertouren zusammengestellt. Die Möglichkeiten, im Ruhrgebiet Urlaub zu machen, sind selbst in den Sommerferien und unter Corona-Bedingungen ideal.“
Wer in Bayern keine Unterkunft mehr findet und aufs Bergwandern verzichten muss, kann das in abgespeckter Form vor der Haustüre tun. Das Ruhrgebiet ist eigentlich ziemlich flach. Aber da man ja ziemlich lange Kohle und Erz aus dem Boden geholt hat und ziemlich viel Eisen produziert hat, hatte man ziemlich viel Abraum und Schlacke zu verstauen.
Sieben Routen über die Berge des Ruhrgebiets
So entstanden Halden, oft über 100 Meter hoch – die Berge des Ruhrgebiets. 250 gibt es von ihnen. Auf sieben Wegen kann man einige erkunden. Die längste Rundtour beim Halden-Hopping beginnt südlich von Herten auf der Halde Hoheward – aus 152 Meter Höhe bietet sie einen Panoramablick übers Revier und führt bei vier Stunden Gehzeit über den Emscherbruch und den Ewaldsee.
Offizielle Zahlen, wie viele Menschen in diesem Jahr Urlaub vor der Haustüre machen, kann der Tourismusverband NRW nicht liefern. Klar ist: In den klassischen Regionen im Sauerland und in der Eifel wird es eng. „Zur Zeit ist die Belegung sehr gut“, sagt Klaus Schäfer, Geschäftsführer von Eifel-Tourismus. „Deshalb bieten wird im Internet oder telefonisch ein Angebot für Kurzentschlossene.“
Eifel traditionell stark ausgelastet
Für den Eifel-Boom sei aber nicht nur Corona verantwortlich. Die Eifel sei im Sommer traditionell stark ausgelastet. In dieser Saison komme hinzu, „dass unsere Hauptquellmärkte Rheinland-Pfalz, Saarland und NRW zeitgleich Ferien haben. Das verknappt das Angebot zusätzlich“.
Man sehe sich nicht als Corona-Gewinner, dazu habe der Lockdown bei Gastronomie und Hotelgewerbe zu tiefe Spuren hinterlassen. Zum Beispiel in Woffelsbach. Gleich am Ufer des Rursees liegt das Nabedi-Camp – ein Ferienlager mit Campingplatz, Blockhäusern und einem Bootsverleih.
Nabedi ist eine Abkürzung und steht für „Natur bewegt Dich“, aber wie überall herrschte bis in den Mai hinein auch hier erstmal Stillstand. Die erste Absage kam im März von einer Schulklasse aus dem Kreis Heinsberg – „da war bundesweit von Corona noch nicht so viel zu spüren“, sagt Geschäftsführer Michael Mülhöfer.
Aber dann ging es los: Lockdown, Absagen von Schulklassen, Jugendgruppen und Familien. „Wir waren in erster Linie damit befasst, Buchungen zu stornieren“, sagt Mülhöfer. Mit den Lockerungen im Mai kamen die Gäste wieder, erst Einzelbucher, dann auch wieder Gruppen und inzwischen hat ein Jugendanbieter, der sonst Campingurlaub in Sardinien veranstaltet, eine ganze Reihe der Unterkünfte geblockt.
Feriencamp kann zur Hälfte belegt werden
In Nicht-Corona-Zeiten können in dem Camp 120 Besucher untergebracht werden, im Gästehaus gleich um die Ecke am Bootsanleger noch einmal 70. Mit den Abstands- und sonstigen Hygieneregeln sind es jetzt deutlich weniger. „Vielleicht die Hälfte“, sagt Mülhöfer. Aber immerhin.
Bis Ende der Sommerferien ist das Camp sicher ausgebucht. Für die Zeit danach könnten sich Anfragen wieder lohnen. Aber für Tagestouristen gibt es einen Tip: „Unser Bootsverleih brummt.“
„Ja, der See ist relativ voll“, sagt Cornelia Freuen von der Rur-Touruistik GmbH, „Paddler, Kanuten, Segler, Surfer und Schwimmer – alles da.“ Am See war schon im April ein deutlicher Besucherzuwachs zu verzeichnen. „Da war zwar noch alles zu, aber die Leute wollten einfach raus, ans Wasser“, sagt Cornelia Freuen. Mit den Lockerungen setzte rund um den See ein regelrechter Boom ein. „Das ist Wahnsinn“, sagt sie, „alle wollen jetzt Ferienwohnungen. Aber Hotels und Pensionen sind auch gut gebucht.“
Der Andrang ist nicht überall willkommen. „Der Nationalpark Eifel wird buchstäblich überrannt“, sagt Cornelia Freuen. Eine offizielle Statistik gibt's dazu nicht, aber an vereinzelten Zeltstellen im Forst waren in 2019 noch 12.000 Übernachtungen vermerkt worden, bislang sind es in 2020 schon 24.000. Das hält der schönste Wald nicht aus.
Wer am See übernachten will, sollte vorher gebucht haben. „Es ist sonst relativ aussichtslos“, sagt Cornelia Freuen, „vor allem, wenn man ein paar Tage bleiben will. Das wird bis zum Ende der Ferien so bleiben. Lieber vorher anrufen.“
Von einem neuen Fokus auf Deutschland-Urlaub will man im Sauerland trotz einer gute Auslastung nicht sprechen. „Der Tourismus hat sich in nach dem eklatanten Einbruch zwischen Mitte März und Mitte Mai wieder erholt“, sagt Rouven Soya, Sprecher von Sauerland-Tourismus. „Alle Kategorien sind gut gebucht.“
Im Sauerland noch Auswahl
Vor allem die Nachfrage nach Camping, Stellplätzen für Wohnmobile, Ferienwohnungen und Ferienhäusern sei hoch, es gebe aber noch genügend Auswahl, wenn auch nicht immer am gewünschten Ort. Das Sauerland bewirbt jetzt vor allem weniger bekannte Ausflugsziele und habe dabei die „Sehnsuchtsthemen der Menschen wie Wasser, Weite und Wald“ in den Blick genommen.
„Seelenorte“ nennen das die Tourismusmanager. 43 davon soll es zu entdecken geben, die eine spezielle Bedeutung in der Region haben – dazu zählen Felsen, Steinbrüche und natürlich auch Kirchen.
Die Landeshauptstadt Düsseldorf hat pünktlich zu den Sommerferien ein Pauschalpaket für einen Kurztrip geschnürt. Es enthält neben Übernachtung mit Frühstück die Düsseldorf-Card mit freiem Eintritt in viele Museen, freie Fahrt mit Bus und Bahn, ein paar Gutscheine und in ein Abendessen in einer Brauerei.
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Ab 71 Euro – in der „schönsten Stadt am Rhein“ und ist bis zum 16. August buchbar. Ebenfalls neu ist das Ticket für die Kunststadt Düsseldorf. „Art:walk48“ enthält Zutritt zu allen Sammlungen, Dauer- und Sonderausstellungen der sechs renommierten Kunstmuseen im Zentrum der Stadt – für 25 Euro und 48 Stunden.
Die Bergischen Drei – Wuppertal, Remscheid und Solingen – hatten in Sachen Tourismus eh' schon immer zu kämpfen. „Leider sind die Zahlen nicht so wie sie aussehen sollten“, sagt Marketing-Expertin Sylke Lukas. Es bleibe die Hoffnung auf Tagestouristen, denen man mit einer kostenlosen Rabattkarte, die in den Hotels ausgegeben wird, den Aufenthalt in der Region schmackhaft machen möchte, die neben wunderschönen Wanderrouten auch wegen der umgebauten Bahntrassen durchaus fahrradtauglich ist.
Die Rabattkarte gilt übrigens auch beim Werksverkauf eines Remscheider Unternehmens, das Regenschirme herstellt. Auf den zweiten Schirm gibt’s 20 Prozent Nachlass. In einer der regenreichsten Regionen Deutschlands ist das echte Heimatliebe.