50 Jahre Kommunale NeugliederungAuf Spurensuche im Schleidener Rathaus
- Mit dem Aachen-Gesetz, das am 1. Januar 1972 in Kraft trat, wurde das Gebiet des Regierungsbezirks Aachen und des Kreises Euskirchen neu gegliedert.
- Wirtschaft, Natur, Entwicklungsstand – in fast jeder Hinsicht unterschieden sich Nord- und Südkreis damals.
- Mittlerweile sind 50 Jahre vergangen und die Redaktion beleuchtet in einer neuen Serie die Neugliederung – immer mit der Zukunft im Blick.
Schleiden – Von außen sieht er aus wie ein hübscher, aber nicht besonders beeindruckender Wandschrank. Braune Holztüren in derselben Farbe wie alle anderen Büromöbel auch und Buntglasscheiben. Im Inneren ein paar Bücher, Akten und ein versteckter leerer Tresor, der vor einigen Jahren einem Aufbruchsversuch erfolgreich widerstanden hat. Die Geschichte des Schrankes ist dagegen wesentlich interessanter: Vor fünf Jahrzehnten war anstelle des Wandschranks eine Tür, die das Büro des Landrats direkt mit dem Sitzungssaal verband. Damals, als das Schleidener Rathaus noch Kreishaus war. 1972 wurde der Kreis Schleiden aufgelöst, seitdem ist das Kreis- ein Rathaus. Doch Spuren des alten Kreises Schleidens sind heute noch zu finden. Nicht nur in dem Wandschrank im Büro von Bürgermeister Ingo Pfennings.
Gebäude war Amts- und Wohnsitz des Landrats
Als das Gebäude auf dem Ruppenberg 1913/14 erbaut wurde, entstand es als repräsentatives Gegenstück zum Schloss auf der gegenüberliegenden Seite und war neben dem Amts- auch der Wohnsitz des ehemaligen Landrats. Zwar ist die alte Wohnung schon lange aufgelöst und zu Büroräumen umbaut worden, aber der Eingang zu den ehemaligen Privaträumen besteht heute noch in unveränderter Form. „Der Eingang macht mehr her als der eigentliche Haupteingang“, sagt Pfennings lachend. Leicht erhöht und überdacht mit Säulen und Rundbögen gelangten der ehemalige Landrat und seine Besucher in die privaten Räume. Heute nutzen Bürgerinnen und Bürger den Eingang, wenn sie zum Haus B möchten.
An den ehemaligen Landrat erinnert auch der große terrassenförmig angelegte Garten hinter dem heutigen Rathaus, der schon damals vom Büro des Landrats zugänglich war. Die Tür im Büro von Pfennings ist geblieben, die vielen Rosen, die dort einst wuchsen und auch die Treppen sowie der Balkon von der Landratswohnung aus sind im Zuge von Umbauarbeiten schon vor langer Zeit verschwunden. Heute dürfen dort Wildblumen auf einer Wiese wachsen. „Wir haben ganz bewusst nicht gemäht“, so Pfennings. „Für die Insekten.“
Pakett liegt seit 100 Jahren
Im Ratsaal liegt heute noch das Parkett von vor 100 Jahren. Der Saal wurde zwischenzeitlich renoviert und das Parkett aufgearbeitet. Die Tribüne, auf denen damals schon die Besucher Platz fanden, besteht immer noch, wenn auch in kleinerer Form. „Die Presse saß unter der Tribüne. Das halten wir heute noch so“, sagt Marcel Wolter, Erster Beigeordneter und unter anderem zuständig für den Bereich Hochbau und Liegenschaften. „Keiner kennt das Rathaus so gut wie Marcel Wolter“, sagt Pfennings.
Wolter begleitete diverse Umbauarbeiten der Stadtverwaltung und weiß, wo die letzten Kreisspuren zu finden sind. Unter anderem im Flur des Bereichs „Ordnungsangelegenheiten“ im Erdgeschoss. Bis 1972 war in dem Bereich die Wohnung des Landrats eingerichtet. Das Parkett im Flur sei noch aus dieser Zeit, so Wolter. Die Tür, die aus der Privatwohnung in den Ratssaal führte, ist wie in Pfennings’ Büro dagegen längst verschwunden.
Druckerei statt Kutscherwohnung
Kutscher oder Chauffeure gibt es heute nicht mehr in Schleiden. Das Kutscherhaus dagegen steht immer noch – auch die großen Tore, an denen die Bürgerinnen und Bürger auf ihrem Weg vom Parkplatz zum Rathaus vorbeikommen, gibt es noch. Ob da wirklich noch Kutschen drinstanden, weiß Pfennings nicht. Aber „die Tore sind so groß, dass Kutschen durchpassen würden“, sagt der Bürgermeister lachend. Heute ist statt einer Wohnung die Druckerei in dem Anbau neben dem Haupteingang untergebracht. Von außen erinnern immer noch die einfach verglasten Fenster an die Erbauung. Und auch die alte Treppe mit dem Holzboden im Inneren ist „bestimmt noch original“, so Pfennings.
Dass so viel noch heute an die alten Zeiten erinnert, ist kein Wunder: „Das Haus steht unter Denkmalschutz“, sagt Wolter. Nicht immer leicht für die Stadtverwaltung. Die Dachsanierung vor 15 bis 20 Jahren habe mal eben um die 500 000 Euro gekostet, erinnert sich Wolter: „Das ist originaler Moselschiefer.“ Und das Haus ins – damals noch – 20. Jahrhundert zu heben und für die fortschreitende Technik zu digitalisieren, sei ebenfalls nicht einfach gewesen. Computer, die lange Kabelschächte und Dutzende Stromverbindungen benötigen, gab es zu Zeiten des letzten Landrats 1971 noch nicht.
Was es allerdings schon damals gab, waren die rosa Farbe an den Türen, der rosa Teppich und der recht imposante Treppenaufgang im Hauptgebäude. „Die Farbe ist Vorgabe des Denkmalschutzes“, so Wolter. Lediglich der Plexiglasschutz an der großen Treppe sei nachträglich angebracht worden, damit kein Kind durch die Ausbuchtungen fallen kann, erklärt Pfennings.
Noch heute gibt es Büros des Kreises Euskirchen im Haus. „Der Kreis ist nie ganz aus dem Gebäude rausgegangen“, sagt Pfennings. Zwar wurden zwischenzeitlich die Anbauten wieder abgerissen, die im Laufe der Zeit entstanden waren. Die Abteilungen sind aber geblieben. Immer noch sind zwei komplette Etagen an den Kreis Euskirchen vermietet.
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Im ausgebauten Keller unter der ehemaligen Landratswohnung befindet sich beispielsweise die Außenstelle des Straßenverkehrsamts. „Ich habe mit Günter Rosenke im Keller gesessen und überlegt, wo die Zulassungsstelle hinkommen kann“, sagt Pfennings. Damals sei der Keller noch ein klassischer Keller gewesen. Nicht besonders einladend. Nun ist alles renoviert. Außerdem finden die Schuleingangsuntersuchungen des Kreises im Rathaus statt.