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Altes SteinzeugwerksgeländeAm Stadtrand von Euskirchen entstehen 1000 neue Wohnungen

Lesezeit 5 Minuten
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Als Vorbild für Euskirchen sieht die SDP-Fraktion die Campusbrücke in Opladen.

Euskirchen – Im Ausschuss für Umwelt und Planung hagelte es Kritik, als es vor einigen Monaten um das ehemalige Gelände der Westdeutschen Steinzeugwerke am Euskirchener Stadtrand ging. Die Grundstücksentwicklungsgesellschaft Göttsch (GEG) will dort ein Wohngebiet für mehrere Tausend Menschen entwickeln – ein Vorhaben in einer seltenen Größenordnung.

Entsprechend umfangreich sind auch die seit 2019 laufenden Beratungen in Rat und Stadtverwaltung. Unter anderem gilt es, den Flächennutzungsplan (FNP) zu ändern und einen Bebauungsplan für eine Gesamtfläche von gut 17 Hektar aufzustellen.

In besagter Sitzung erläuterten Mitarbeiter der Firma Astoc den Stand der Dinge. Das Architektur- und Planungsbüro ist Kooperationspartner der GEG, das Gleiche gilt für die Firma Die Wohnkompanie. Was die Astoc-Vertreter vortrugen, gefiel den Fraktionen überhaupt nicht.

Politiker warnen vor Ghettoisierung

„Masse statt Klasse“ hieß es mit Blick auf die Planung, sogar von der Gefahr einer Ghettoisierung wurde gewarnt. „Wir setzen uns einen sozialen Brennpunkt direkt vor die Innenstadt“, sagte ein Politiker. Mehrere Ausschussmitglieder warfen den Planern vor, vom ursprünglichen Konzept abgewichen zu sein, etwa durch den Verzicht auf Einfamilienhäuser. Anfangs sei von 800 bis 1000 Wohnungen die Rede gewesen, mittlerweile stünden 1400 Einheiten im Raum.

Wie viel sozialer Wohnungsbau ist nötig?

Die SPD beantragte im Ausschuss, im Bebauungsplan „mindestens 25 Prozent der Wohnflächen für soziale Wohnraumförderung“ festzusetzen. Zudem solle die Stadt Euskirchen sich dafür einsetzen, die Wohnungsbaugesellschaft Eugebau an der Entwicklung des Gebiets zu beteiligen.

Armin Flucht (CDU) wusste zu berichten, dass die Eugebau (Mehrheitsgesellschafter ist die Stadt) in dem Gebiet 120 bis 140 öffentlich geförderte Wohnungen bauen wolle. Mit dem von der SPD geforderten Anteil von 25 Prozent könne sich seine Fraktion „nicht anfreunden“, erklärte Flucht. Der Ausschuss beschloss, eine Bedarfsanalyse erstellen zu lassen. (ejb)

Der damalige Bürgermeister Uwe Friedl (CDU) versuchte, die Skeptiker zu beschwichtigen: „Wir warten seit mehr als 20 Jahren darauf, dass jemand das Gebiet entwickeln will.“ Nun tue sich endlich etwas, und die Stadt könne froh sein, einen Projektentwickler mit großer Mannschaft und geballtem Know-how gefunden zu haben.

„Wir dürfen diese Chance auf eine Weiterentwicklung auf gar keinen Fall vertun“, appellierte Friedl an die Ausschussmitglieder. Die Fraktionen sahen aber derart viele unbeantwortete Fragen, dass sie die weiteren Beratungen vertagten.

In der jüngsten Sitzung des Fachausschusses stand das Thema erneut auf der Tagesordnung. Diesmal stieß die Planung auf Zustimmung, so dass die Stadtverwaltung die Verfahren zur FNP-Änderung und zur Ausarbeitung eines Bebauungsplans fortsetzen kann. Zu den nächsten Schritten gehört unter anderem die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit.

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Das Torwärterhäuschen der Steinzeugwerke am Pützbergring

Das Konzept sieht nun die Errichtung von Mehrfamilienhäusern mit insgesamt 1000 bis 1200 Miet- und Eigentumswohnungen vor. Geplant sind überwiegend Gebäude mit vier Geschossen und einem zusätzlichen Staffelgeschoss, einer Ebene also, die gegenüber den darunterliegenden Etagen zurückspringt.

Guido Bachem (Bündnis 90/ Die Grünen) sagte, die neue Nutzung der früheren Industriefläche biete eine große Entwicklungschance. Reizvoll sei, „dass wir etwas urbaner bauen können, als es bisher im Stadtgebiet möglich war“. Albert Wichterich (CDU) wollte ihm nicht zustimmen: „Eine große Chance bestünde nur, wenn die Nachfrage nach Wohnungen, die hier vorausgesetzt wird, tatsächlich vorhanden wäre.“ Er forderte die Verwaltung auf, den Wohnraumbedarf für die nächsten zehn Jahre zu ermitteln.

Prognosen für die Entwicklung der Einwohnerzahl sind schwierig

Das dürfte nicht einfach sein, wie der Technische Beigeordnete Oliver Knaup entgegnete: „Ich kenne keine Prognose aus den vergangenen Jahren, die richtig gelegen hätte. Euskirchen hatte man mal eine Schrumpfung vorhergesagt. Das Gegenteil ist eingetreten.“

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In den Sitzungsunterlagen hatte Knaup betont, es sei wichtig zu verhindern, dass am Stadtrand ein abgekapseltes Quartier entstehe. Die SPD-Fraktion schlug in diesem Zusammenhang vor, das Wohngebiet durch eine Fußgängerbrücke, die die Bahngleise überspannt, mit der Innenstadt zu verbinden.

Sie könnte vom früheren Torwärterhäuschen der Steinzeugwerke am Pützbergring zum Lokschuppen auf dem Bahnhofsgelände führen. Als Vorbilder dienen der SPD die Campus- und die Bahnhofsbrücke in Opladen.

Knaup erklärte, dass er dafür keinen Bedarf sehe. Armin Flucht (CDU) sagte, eine solche Brücke müsste freispannend gebaut werden („Die Deutsche Bahn wird auf ihrem Gelände keine Stützen zulassen“), 200 Meter lang sein und zusätzlich an beiden Enden über Rampen verfügen. Unter diesen Voraussetzungen sei der Bau unrealistisch und zudem viel zu teuer.

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Bahnunterführungen existieren am Bahnhof (l.) und am östlichen Pützbergring (r.). Die Darstellung der Stadtverwaltung zeigt, wo die von der SPD vorgeschlagene Brücke liegen würde.

Arne Spitz (FDP) pflichtete ihm bei: „Freispannend würde bedeuten: Wir brauchen eine Hängeseilbrücke mit Pylonen. Und die müssten höher sein als die Euskirchener Kirchen.“ Janosch Pietrzyk (SPD) wollte sich von den Kosten nicht abschrecken lassen: „Wir sprechen hier von einem Baugebiet, wie es in NRW nicht oft vorkommt. Da darf man als Stadt auch den ein oder anderen Betrag investieren.“

Angesichts der Skepsis im Ausschuss relativierte die SPD ihren Antrag am Ende allerdings. Die Verwaltung soll nun eine „grobe Machbarkeitsstudie zu einer fußläufigen Verbindung zwischen dem Plangebiet und der Innenstadt“ erstellen.

Neues Viertel bekommt einen zentralen Park

Den Mittelpunkt des neuen Stadtviertels wird eine etwa ein Hektar große, öffentliche Parkanlage bilden, wie es in der Sachdarstellung der Stadtverwaltung für den Planungsausschuss heißt. An der Grünfläche soll eine Kita gebaut werden. Der Autoverkehr wird das Quartier über Zufahrten erreichen, die am Pützbergring und an der Alfred-Nobel-Straße liegen.

Entlang der Gottlieb-Daimler-Straße ist Einzelhandel vorgesehen. Nach Angaben der Verwaltung sollen dafür bestehende Betriebe verlagert werden – etwa Filialen der Drogeriemarktkette dm und des Discounters Aldi, wie Armin Flucht (CDU) sagte.

Die Rede ist von 5500 Quadratmetern Gesamtverkaufsfläche. Genaues wird sich aber erst mit der Fortschreibung des städtischen Einzelhandelskonzepts ergeben.

Wichtige Bestandteile des Bebauungsplanverfahrens sind der Lärm- und der Geruchsimmissionsschutz. Schließlich liegen in der Nähe des Areals die Bahnstrecke, die L 194 und Industriebetriebe wie die Zuckerfabrik Pfeifer & Langen. (ejb)