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WallgrabenkonzertAbrocken zur Musik aus dem Spätbarock in Bad Münstereifel

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Balsam für die Seele bot das Essener Folkwang-Kammerorchester unter der Leitung von Johannes Klumpp in der Konviktkapelle.

Bad Münstereifel – Die neue Spielzeit der Wallgrabenkonzerte ist eröffnet. Das Folkwang-Kammerorchester aus Essen startete die Konzertsaison 2022/2023 mit einem heiteren und hochkarätigen Programm.

Konzert musste wegen Corona vertagt werden

Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian freute sich, das Orchester begrüßen zu dürfen: Der vor zwei Jahren in der Kurstadt geplante Auftritt musste wegen der Coronamaßnahmen vertagt werden. „Es gibt uns Kraft, uns in der Musik fallen zu lassen. Sie ist Balsam für die Seele“, so Preiser-Marian. Und das war sie auch. Schwere Brocken gab es nicht.

Johannes Klumpp, seit 2013 Chefdirigent und künstlerischer Leiter des Orchesters, hatte eine lockere Mischung aus klassischen Symphonien in kammermusikalischer Besetzung mitgebracht. Werke von Joseph Haydn, William Herschel sowie den Brüdern Carl Philipp Emanuel und Johann Christian Bach bescherten unbeschwerten und kurzweiligen Musikgenuss, den Klumpp mit seiner unterhaltsamen und informativen Moderation anreicherte.

Das erste Highlight war dabei das Konzert für Violoncello Hob VII:2 D-Dur von Haydn, dessen schwungvoller Schlusssatz besonders bekannt ist. Yan Vaigot übernahm dabei den Solopart. Zu den Streichinstrumenten gesellten sich zwei Hörner und zwei Oboen.

Beeindruckende Leichtigkeit im Spiel

Der Cellist ist in den Bad Münstereifeler Wallgrabenkonzerten ein bekanntes Gesicht, trat er doch bereits als Mitglied des Schnitzler-Quartetts auf. Es war schon beeindruckend, welche Leichtigkeit er vermittelte, wenn er mit viel Kraft die Saiten am unteren Endes der Griffbrettes herunterdrückte, um dem immensen Tonraum des Stückes gerecht zu werden. In allen Lagen überzeugte er mit einem schönen Ton, dezenter Innigkeit und großer Virtuosität.

Ein zauberhaftes Adagio mit anrührendem Cello-Ton, glanzgebenden Oboen und insgesamt dichtem Spiel war ein schöner Ruhepol, bevor das Rondothema mit seinen vielfältigen Couplets wieder mit viel Energie und Lebendigkeit einsetzte. Hiernach gab es schon die erste Zugabe, denn das Publikum wollte Yan Vaigot nicht so einfach gehen lassen.

Dramatik drinnen und draußen

Vom Komponisten William Herschel hatte im Saal noch kaum jemand gehört. Vielleicht ist er in der Welt der Naturwissenschaft bekannter, denn Herschel wurde nach seiner Laufbahn als Musiker ein bedeutender Astronom. Als man glaubte, alle Planeten des Weltalls zu kennen, entwickelte er neue und bessere Linsen für die Fernrohre und entdeckte 1781 den Uranus.

Zuvor schrieb er unter anderem 18 Symphonien. Die achte spielte das Orchester am Sonntag. Sie klang vor allem im dritten Satz „Presto Assai“ vergleichsweise dramatisch, was gut passte, weil es währenddessen draußen blitzte und donnerte.

Johann Christian Bach, der jüngste Sohn von Johann Sebastian Bach, wurde zu Lebzeiten verkannt, gilt aber heute als Vater der Wiener Klassik, der sehr viel Einfluss auf den jungen Mozart hatte. Ihm gelang mit der Symphonie g-moll op.6 Nr.6 ein vielseitig stimmungsgeladenes Werk, dessen Energie das Orchester ausgezeichnet aufgriff.

Zugabe war ein weiteres Highlight des Abends

Das zweite Highlight des Abends stand an ungewöhnlicher Stelle: Es war die Zugabe im Anschluss an das Programm, die die Zuhörer so richtig mitriss. Und nicht nur die, denn auch das Orchester kam ordentlich in Fahrt. Die Leidenschaft war Johannes Klumpp schon anzumerken, als er die Fuge g-moll von Johann Adolph Hasse ankündigte. Es sei ungewöhnlich, ein solches Stück als Zugabe zu spielen, gab er zu, doch es führte zum Glück kein Weg daran vorbei.

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„Wir lieben diese Fuge“, betonte er – und das war nicht zu überhören. Der Dirigent demonstrierte kraftvoll die klare Struktur der Komposition, kam völlig aus sich heraus, sodass man den Eindruck hatte, es fehlte nur noch der Griff zur Luftgitarre.

Er rockte bei der Fuge derart ab, dass man kaum glauben konnte, dass es sich hier um Musik aus dem Spätbarock handelte. Das Publikum jubelte. Ein Grund mehr, Herbert George aus Odendorf zu danken, der dieses Konzert mit seiner großzügigen Spende ermöglicht hat.

Das nächste Wallgrabenkonzert ist ein Sonderkonzert, das außerhalb des Abonnements läuft. Am 27. November um 17 Uhr liest der Schauspieler Sebastian Koch Texte unter anderem von Rilke und Eichendorff, die Musik übernimmt der Chor Onzemble Coeln. Der Vorverkauf beginnt am 4. November.