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AmtsgerichtFluthelfer, die in Bad Münstereifel anpackten, wurden zu Unrecht beschuldigt

Lesezeit 3 Minuten
Das Symbolbild zeigt eine zerstörte Straße in Bad Münstereifel.

Bei Aufräumarbeiten nach der Flut in Bad Münstereifel (hier ein Symbolbild) gerieten drei Männer in Verdacht.

Drei Männer, die nach der Flut unentgeltlich aufgeräumt hatten, wurden des Diebstahls bezichtigt. Zwei sind mittlerweile freigesprochen.

Für die Zeugen war die Sache klar: Bei den Männern, die am 22. Juli 2021 in Bad Münstereifel Ware aus einem Bekleidungsgeschäft holten, musste es sich um Diebe handeln. Die Flutkatastrophe lag eine Woche zurück, nun schien es, als werde der Laden geplündert.

Jemand rief die Polizei. So kam ein Ermittlungsverfahren zustande, das mit Strafanzeigen gegen die drei Verdächtigen endete und einen Prozess am Euskirchener Amtsgericht zur Folge hatte. Obwohl mittlerweile längst klar ist, was hinter der Sache steckt, konnte Richter Felix Marienfeld auch nach dem dritten Verhandlungstag noch keinen Schlussstrich ziehen.

Nach der Hochwasserkatastrophe in Bad Münstereifel aufgeräumt

Zum Auftakt hatten die drei Angeklagten ihre Unschuld beteuert. Sie sagten aus, dass sie in Bad Münstereifel als Freiwillige geholfen hätten, den von der Flut zerstörten Laden zu räumen. Als sie mitbekamen, dass die Modekette, die das Geschäft betreibt, den gesamten Bestand aussortieren und aus dem Verkauf nehmen wollte, trafen sie mit dem Filialleiter eine Absprache: Er erlaubte ihnen, die Ware mitzunehmen.

So brachte das Trio Jeans, Pullover, Schuhe, T-Shirts und Gürtel zu einem Transporter. Dass die Kleidungsstücke in einem Gesamtwert von 3400 Euro in Müllsäcken steckten, weckte bei Passanten den Verdacht, dass Kriminelle am Werk sein könnten. Die Polizei wurde eingeschaltet. Sie konnte nach Angaben von Richter Marienfeld die Umstände nicht klären, da zu diesem Zeitpunkt kein Mitarbeiter des Ladens mehr vor Ort war. So wurden die drei freiwilligen Helfer fälschlicherweise „als Diebe gebrandmarkt“, wie der Vorsitzende es formulierte.

Der Filialleiter erzählte, was nach der Flut passiert war

Nach den Unschuldsbeteuerungen der Angeklagten war für den Richter klar, dass ein Vertreter der Modekette als Zeuge gehört werden musste. In einem zweiten Termin entlastete er die drei Männer. Sie hätten nach der Naturkatastrophe „sehr gut geholfen“, zitierte Marienfeld den Filialleiter. Lohn hätten sie nicht verlangt, und die Kleidungsstücke seien ihnen geschenkt worden, bestätigte er die Version der Angeklagten. Folgerichtig sprach das Gericht zwei der Männer, beide 37 Jahre alt, am 17. Oktober frei.

So wäre es auch dem dritten Angeklagten ergangen, einem 44-jährigen Kölner. Er war zu der Verhandlung aber nicht erschienen, „weil er verhindert war“, so Verteidigerin Susanne Haiminger. Also setzte Marienfeld einen weiteren Termin an. Doch wieder fehlte er, was nicht nur den Richter ärgerte, sondern auch Haiminger, die Vertreterin der Staatsanwaltschaft und einen Dolmetscher.

Der Angeklagte erschien nicht zum Prozess am Euskirchener Amtsgericht

Den Angeklagten zu einem weiteren Verhandlungstag polizeilich vorführen lassen – das wollte der Richter nicht, nachdem die Ermittlungsbehörden dem 44-Jährigen und den beiden anderen Angeklagten „unrecht getan“ hätten. Ein Freispruch in Abwesenheit kam für den Vorsitzenden und die Anklagevertreterin nach einem Blick in die Gesetzbücher ebenfalls nicht in Betracht. Eine weitere denkbare Lösung, die Einstellung des Verfahrens, lehnte Verteidigerin Haiminger ab. Dies habe ihr Mandant im Vorfeld ausgeschlossen – offenbar existiert für ihn zum Freispruch keine Alternative.

Warum er aber ein weiteres Mal dem Prozess ferngeblieben war, ließ sich nicht klären. So entschied Richter Marienfeld notgedrungen, einen weiteren Termin anzusetzen – den vierten in einem Prozess ohne Schuldige.