Rewe Group, DFM Vermarktung und die Genossenschaft Fair Food schließen in Bad Münstereifel-Vollmert einen Vertrag für faire Milch.
LandwirtschaftAuf einem Hof in Bad Münstereifel wird gezeigt, wie „faire Milch“ gehen kann
Im 38-Seelen-Dorf Vollmert, das hauptsächlich aus Aussiedlerhöfen besteht, passierte am Dienstagmorgen etwas Historisches, wenn man den Beteiligten Glauben schenken mag. Auf dem Hof, den Sabine Bresgen und ihre Familie 2005 gekauft und modernisiert haben und nun betreiben, und auf dem 150 Kühe Milch geben, Kälber gezüchtet sowie Grünland und Äcker bewirtschaftet werden, unterzeichneten der Rewe-Konzern, die DFM Vermarktungs-GmbH und die Genossenschaft Fair Food einen Drei-Parteien-Vertrag, der nach Kenntnis von DFM-Geschäftsführer Michael Braun einmalig in Deutschland und Europa ist.
Dieser Vertrag beinhaltet, dass die derzeit 100 Milchbauern aus der Bundesrepublik, die Anteilseigner der Fair-Food-Genossenschaft sind, tatsächlich kostendeckend entlohnt werden für das Produkt „Die faire Milch“ der neuen Eigenmarke Milprima, das nun in mehr als 2100 Penny-Märkten in Deutschland verkauft wird.
„Die faire Milch“ gibt es für 1,19 Euro in allen Penny-Märkten
Mehr Geld für die Milchbauern bedeutet natürlich auch höhere Preise für den Konsumenten. „Der Artikel ist 20 Cent teurer als eine Preiseinstiegsmilch“, berichtet Philipp Stiehler, Geschäftsführer der Rewe Group Buying, die auch für Penny zuständig ist. Rewe ist sich auch der Tatsache bewusst, dass die Nachfrage nach dem 1,19 Euro teuren Produkt vermutlich weniger hoch ist als für günstigere Milch. „Wir sprechen bewusst die Käufer an, die informiert sind“, so Stiehler. Oder wie es Kjartan Poulsen, Präsident des European Milk Board, sagte: „Der Landwirt ist in einer fairen Position, und der Konsument erhält wirklich faire Milch.“
Doch wie funktioniert das Prinzip? Grundlage ist der Milch-Marker-Index (MMI), den das Büro für Agrarsoziologie und Landwirtschaft seit zwölf Jahren ermittelt. Jährlich und vierteljährlich werden Kosten analysiert, die Zahlen seien transparent für alle, sagt Büroleiterin Dr. Karin Jürgens. Es handelt sich dabei um staatliche Buchführungsdaten, die eine Vergleichsmöglichkeit bilden. Da diese immer ein wenig den realen Daten hinterherhinken, erstellt das Büro vierteljährlich Prognosen, die später mit den tatsächlichen Zahlen abgeglichen werden. „Wir haben eine hohe Trefferquote“, so Jürgens. Die Ergebnisse werden jährlich veröffentlicht.
Basis für die kostendeckende Kalkulation ist der Milch-Marker-Index
Der MMI, der aktuell bei 46,52 Cent/Kilogramm liegt, ist die Basis für eine kostendeckende Kalkulation. Die Partner versichern sich, dass die Landwirte zusätzlich zu den Auszahlungspreisen der Molkereien noch die Differenz zwischen Auszahlungspreis und MMI, der über dem Molkereipreis liegt, erhalten. Da sich der Molkereipreis im Gegensatz zum MMI monatlich ändern kann, wird diese Differenz monatlich berechnet. Die Preisanpassung ändert sich automatisch. So wird gewährleistet, dass die Kosten für die Milcherzeugung gedeckt sind. „Das ist ein Quantensprung“, findet Braun.
„Wir als Milchbauern durften zum ersten Mal mitbestimmen“, sagte Oliver Koch, Vorstandsmitglied von Fair Food. Man habe bei den Verhandlungen mit am Tisch gesessen, die Packung von „Die faire Milch“ mitgestaltet. „Es war einmalig, diese Chance zu erhalten“, so Koch.
Kreisbauernschaft begrüßt Vertrag, sieht ihn aber auch kritisch
Die Genossenschaft sei offen für jeden Milchbauern in Deutschland. Einzig einige Kriterien müssten erfüllt sein: Es muss gentechnikfrei gearbeitet werden, Futtermittel dürfen nicht aus Übersee kommen, und auch die Tierdichte darf nicht zu hoch sein. Außerdem muss man „für die Marke arbeiten“, etwa auf Messen oder bei Werbeaktionen. Und man muss Anteile zeichnen, die zwischen 500 und 5000 Euro kosten.
Helmut Dahmen, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Euskirchen, findet diesen Drei-Parteien-Vertrag grundsätzlich gut und hält ihn für „eine Superidee“. Er sieht aber auch Gefahren durch zusätzliche Milchströme, aus denen sich hohe Nebenkosten ergeben könnten. „Die sind ein Problem und waren in der Vergangenheit schwierig“, so Dahmen – und ein Grund, warum regionale Konzepte zur Erstellung fairer Milch, die es schon gegeben habe, gescheitert seien.