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JubiläumDie Mutscheider Musiker sind mit einer Portion Chuzpe erfolgreich

Lesezeit 4 Minuten
Die Band Fäaschtbänkler steht bei ihrem Konzert in Mutscheid auf der Bühne. Davor ist im Dunkeln eine klatschende Menschenmenge zu erahnen.

Fünf Schweizer brachten die Eifel in Stimmung: Die Band Fäaschtbänkler bei ihrem Konzert in Mutscheid.

Das Blasorchester feierte das 60-jährige Bestehen mit den Fäaschtbänklern und 1000 Gästen. Zudem gab es viele Anekdoten zu erzählen.

Von Dicke-Backen-Musik bis Helene Fischer – das sei das Erfolgsrezept, sagen Aktive des Blasorchesters Mutscheid, das nun sein 60-jähriges Bestehen feierte. Heinz Pfahl, 82 Jahre alt, und Karl Lethert, drei Jahre älter, lachen. Die beiden sind die einzigen noch aktiven Gründungsmitglieder.

Ihr Blasorchester Cäcilia zählt 30 Aktive, im Schnitt zwischen 30 und 40 Jahren alt, dazu 50 Inaktive. Es gibt eine rege Jugendarbeit und seit Anfang des Jahres sogar einen Ableger: die siebenköpfige Kapelle „Eifelholz“ für kleinere der mehr als 20 Anlässe in diesem Jahr, zu denen das Blasorchester spielt.

Die Mutscheider Musiker „halten die Leute im Dorf zusammen“

Eifelholz ist ein Holzblasinstrumente-Septett – auch der Schlagzeuger hat Stöcke aus Holz. Unter Leitung von Georg Sampels werden altbekannte Stücke und Volkslieder gespielt. Man will das traditionelle Repertoire eben pflegen. Andererseits befürwortet Christian Lethert, der Vorsitzende des Blasorchesters, dass die musikalische Leiterin Gaby Plötzer Märsche, Polkas, Walzer, aber auch Popsongs, Filmmusik und auch Karnevalslieder einstudieren lässt. In Mutscheid komme das offenbar schon lange gut an, so Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian: „Ihr haltet die Leute im Dorf zusammen.“

Eine Gruppe Menschen, die Jubilare und Gründer des Blasorchester Mutscheid, stehen mit Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian (vorne, 3.v.r.) zusammen.

Vorstand, Jubilare und die blau gekleidete „Fangruppe“ sowie Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian (vorne, 3.v.r.) feierten das Jubiläum.

Doch nur deshalb haben Karl Lethert und Heinz Pfahl ja nicht gegrinst. Sie haben sich vielmehr an so manche Anekdote aus der Anfangszeit erinnert, als das Blasorchester von 20 Leuten aus dem Dorf gegründet wurde: „Von denen konnten aber nur drei spielen“, so Lethert. Der damalige Pfarrer und der Küster hatten den Wunsch, dass aus dem Dorf eine musikalische Begleitung zu Gottesdiensten oder Prozessionen gestellt werde. „Also haben wir das erste halbe Jahr nur Choräle gespielt“, so Heinz Pfahl, der 40 Jahre lang das Blasorchester geleitet hat und noch heute „Tenor“ spielt, Lethert ist am Flügelhorn aktiv.

Vom Tröten hatten die Mutscheider anfangs keine Ahnung

Damals hatten die beiden – sie zählten zu denen, die vom richtigen Tröten keine Ahnung hatten – zunächst die „Naturtöne“ einstudiert. „Daraus ergaben sich dann die Tonleitern“, so Pfahl. Später kam das Spielen nach Noten dazu. Man gab sich mit Blick auf die Anbindung an die Gottesdienste den Namenszusatz „Cäcilia“, wie es christliche Gesangvereine gerne tun, und probte von Anfang an im Pfarrheim. „Aber Miete zahlen wir dafür nicht“, so Karl Lethert.

An die Instrumente kam man dank einer Spende der Ortsgemeinde. Doch wie an die Noten? Pfahl und Kollegen verfassten einen Spendenaufruf, der sich nur an die Zweitwohnungsbesitzer aus dem Rheinland, die in und ums Dorf ihr Anwesen hatten, und die Jagdbesitzer richtete. Mit Chuzpe zum Erfolg: Die Noten konnten gekauft werden.

Ein Kabinettstück gelang mit dem Auftritt im Kölner Dom

Vielleicht hängt es ja auch mit dem „Cäcilia“-Zusatz zusammen, dass dem heutigen Vorsitzenden Christian Lethert vor einigen Jahren ein noch weit größeres Kabinettstück gelang. Die Aktiven würden bestimmt gerne mal im Kölner Dom auftreten. Bei der Akustik dort! Er habe also eine E-Mail an die Domverwaltung geschrieben – vielleicht sei es auch eine mehr gewesen. Schließlich war der 3. Oktober reserviert, die Chortribüne vor dem Hauptaltar. „Die meinten, wir seien ein Chor“, so Lethert. Jetzt waren die Mutscheider aber mal da, also wurde auch ein kleines Ständchen gespielt.   „Das war das Größte, was ich in 60 Jahren mit dem Blasorchester erlebt habe“, schwärmt Heinz Pfahl heute noch.

Die Regel sind Auftritte in der Region. Daneben hat sich das Blasorchester als Veranstalter einen Namen gemacht. Einmal im Jahr, in der Regel Ende Juli, findet das „Wald und Wiesenfest im Glückstal“ statt, in diesem Jahr schon zum 54. Mal.

Zum Orchester-Jubiläum wurde aber nicht dort, sondern in Mutscheid die große Bühne aufgebaut. Nach einer Festmesse und Ehrung langjähriger Mitglieder gab es Ständchen von befreundeten Musikvereinen aus Leudersdorf, Hümmel und Kempenich. An die 1000 Besucher kamen zum Abschluss: Die in der Szene bekannte Band Fäaschtbänkler aus der Schweiz hatte eine siebenstündige Anreise nicht abgeschreckt. Schon vor fünf Jahren hatte Christian Lethert erste Kontakte zum Bandmanagement aufgenommen. Und so hieß es jetzt in Mutscheid: Die Alm brennt!

Karl Lethert und Heinz Pfahl wundert das alles nicht. Solange sie Lust und Luft hätten, seien sie weiter dabei, meinen die beiden. Das mit der Luft, so Heinz Pfahl, sei ja speziell: „Blasmusiker atmen einfach anders.“