Die Bad Münstereifeler Schauspieler Christiane Remmert und Jojo Ludwig haben sich in die Kinderwelt am Heiligabend hineingedacht.
Warten aufs ChristkindIm Theater 1 in Bad Münstereifel wurden die Gedichte lebendig
Es gibt gute Gründe, mit den Kindern an Heiligabend die Stunden vor der Bescherung im Theater zu verbringen. Mit ihrer Aufführung „Goethe, Wassermaus und Kröte“ verkürzten Christiane Remmert und Jojo Ludwig den Kleinen nicht nur die Wartezeit. Sie führten die Kinder über bekannte Lieder und Gedichte auch an die Schönheit von Poesie und die Faszination des Theaters heran.
Als das Licht im gut gefüllten Kulturhaus Theater 1 ausgeht, sind Kinder und Erwachsene mucksmäuschenstill. Den ersten Lacher bekommt Ludwig schon, als er die Kinder bittet, die Handys auszumachen, und die Erwachsenen, während der Veranstaltung die Lutscher zur Seite zu legen. Die Rollen werden vertauscht. Das setzt sich an diesem Abend fort.
Die lästige Pflicht, das Zimmer aufzuräumen
Christiane Remmert kommt mit Rattenschwänzen als Frisur und wie ein Kind gekleidet auf die Bühne. Trotz ihres Alters nimmt man ihr die Kinderrolle ab. Bewegungen, Mimik, Verhalten, alles passt. Zuerst will sie das Zimmer aufräumen. Kleidung liegt auf dem Boden verstreut. Dabei wird sie immer wieder von einem Buch abgelenkt, das ebenfalls auf dem Boden liegt. Es ist das Buch „Goethe, Wassermaus und Kröte“.
Das Buch fasziniert sie und sie beginnt darin zu lesen, bis ihr wieder einfällt: „Erst aufräumen!“ Als fast alle Unordnung beseitigt ist, schaut sie sich um: „Aufgeräumt?“ Und das junge Publikum ruft laut ohne Aufforderung: „Nein! Da liegen noch Socken auf dem Boden.“ Schon haben die Kinder begriffen, dass sie verstanden werden. Denn die Versuchung, sich von der lästigen Aufgabe des Aufräumens abzulenken, kennen sie nur gut.
Für eine tolle Inszenierung bedarf es keiner besonderen Requisiten
Remmert und Ludwig fesseln ihr Publikum mit der kindlichen und pädagogisch bestens überlegten Art ihres Spiels. Meist liest Remmert Gedichte aus ihrem Buch und Ludwig spielt sie mit unterschiedlichsten Utensilien aus dem häuslichen Alltag nach. Man braucht nichts Besonderes an Requisiten, um die Geschichten hinter den Gedichten lebendig werden zu lassen.
Das ist eine der Absichten der Inszenierung: Kinder sollen erfahren, dass man mit ein klein wenig Fantasie und Gegenständen aus der Wohnung Geschichten zum Leben erwecken kann. Spannende Stunden kann man sich selbst bereiten, auch ohne Elektronik oder teure Spielesets. Dabei lernen die Kinder sogar den altehrwürdigen Goethe kennen. Er spielt im Stück als Puppe mit und tritt so gar nicht als unnahbarer Dichter auf. Ein Goethe in Kleinformat, vor dessen Größe sich niemand fürchten muss.
Die Aufführung besteht nicht aus einer stringenten Handlung mit einem moralischen Zielpunkt, sondern fasziniert die Kinder mit jeweils kleinen Happen aus der Welt der Kinderdichtung. Dazu gehören auch Lieder, die Jojo Ludwig auf der Gitarre begleitet und bei denen die Kinder mitsingen dürfen und sollen, zum Beispiel „Kommt ein Vogel geflogen“ oder „Der Kuckuck und der Esel“. Und die Kinder singen fleißig mit und lieben es auch, beim Bewegungslied mitzumachen.
Es begeistert die Kinder sichtbar zu erleben, wie tief die beiden Schauspieler sich in die Kinderwelt hineingedacht haben und selbst wieder zum Kind werden. Großer Spaß kommt auf, als Ludwig zum Gedicht „Ein Männlein steht im Walde“ versucht, eine viel zu kleine, rote Jacke anzuziehen. Und dann auch noch falsch herum, vom Bauch her.
Nach jeder Strophe wird die Frage gestellt, wer denn dieses rote Männlein sei, von dem da gesungen werde? Und tatsächlich weiß es ein Kind und ruft laut: „Die Hagebutte.“ Wieder was gelernt!
Das junge Publikum wirkt genauso konzentriert und engagiert wie die Erwachsenen. Beim Hinausgehen dreht sich eine Zuschauerin noch einmal zu den Schauspielern um: „Das hat heute nicht nur den Kindern Spaß gemacht.“ Es hat sich offensichtlich für alle gelohnt, den Nachmittag des Heiligabends im Theater zu verbringen.