Die Bürokratie ist neben dem Wegfall der Agrardiesel-Subventionen eines der größten Probleme, findet Landwirt Sebastian Bützler.
InterviewHightech-Landwirt Sebastian Bützler über Probleme, die ihm die Politik bereitet
Im Oktober ist Sebastian Bützler zum Rinderhalter des Jahres gekürt worden. Ein „Aushängeschild für die deutsche Landwirtschaft“ nannte die Jury seinen Hof in Bad Münstereifel-Kolvenbach. Anhand dieses Hofes könne man sehen, wie moderne Landwirtschaft funktioniere, so das Jury-Urteil. Jetzt spricht er über seinen Unmut und die Probleme, die ihm Politik und Standort bereiten.
Als moderner Landwirt haben Sie eine große Flotte an landwirtschaftlichen Geräten. Was würde das Wegfallen der Agrardieselsubvention bedeuten?
Ich selbst habe vier Traktoren und einen Radlader. Dazu kommt ein Lohnunternehmer, der bei mir mitfährt. Auch meine Vettern unterstützen mich mit ihren Traktoren bei der Ernte. In Spitzenzeiten fahren auf meinem Hof also bis zu zehn Fahrzeuge. Der Wegfall der Agrardieselsubvention würde für meinen Betrieb etwa 10.000 Euro pro Jahr ausmachen.
Die zusätzliche Steuer für landwirtschaftliche Fahrzeuge ist inzwischen bereits vom Tisch. Was für einen finanziellen Mehraufwand hätte diese zusätzliche Belastung am Beispiel Ihres Hofes bedeutet?
Es ist nicht ganz klar, welcher konkrete Steuersatz berechnet worden wäre. Also kann ich das nur schwer sagen. Ich schätze, dass es mindestens ein genauso großes Loch in meine Kasse geschlagen hätte wie der Wegfall der Agrardiesel-Subvention. So richtig vom Tisch ist eine zweite Maßnahme aber nicht. Das Geld, das die Regierung nun nicht aus diesem Topf holt, soll jetzt aus einem anderen abgezogen werden, um den Ausfall zu kompensieren. Und zwar aus einem zur Förderung des Tierwohls. Das ist meiner Meinung nach auch nicht richtig – und nicht fair gegenüber den Viehhalterbetrieben.
Besteuerung und Wegfall der Agrardiesel-Subvention sind laut Bauernverband nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Welche sind die größten Belastungen in der täglichen Arbeit? Sehen Sie einen europaweiten Wettbewerbsnachteil?
Die Bürokratie ist hier ein großes Problem. Ich habe das Gefühl, wir bekommen mehr Verordnungen aufgebrummt als ein Chirurg. Es ist aber nicht nur die Menge der Verordnungen, sondern auch die Tatsache, dass sie sich ständig ändern. Da kommt kein Betrieb mehr hinterher.
Einen großen Teil meiner Zeit als Landwirt verbringe ich mit der Büroarbeit und einer aufwendigen Dokumentation, von der mein Betrieb nicht profitiert. Besonders anstrengend: die immer komplexer werdende Gülle-Dokumentation. Das ist meines Wissens nach im europäischen Ausland nicht so. Dabei könnten zum Beispiel GPS-Bodenproben den ganzen Prozess erleichtern.
Erweitert man den Betrachtungsrahmen noch ein Stück und schaut sich die Landwirtschaft in außereuropäischen Ländern an, scheint dort nahezu alles erlaubt zu sein. Wenn ich auf TikTok sehe, was Betriebe da posten, denke ich: Dafür würde ich hier in den Knast kommen. Ich möchte mich wirklich anstrengen, möchte Schritt halten, mich messen mit der Landwirtschaft im Ausland. Aber es ist wirklich schwer, wenn ich hier mehr als doppelt so viele Auflagen habe. Ich würde zum Beispiel gerne energetisch autark werden. Aber ständig bremsen mich neue und unvorhersehbare Auflagen aus.
Was wünschen Sie sich von der Regierung?
Von der Regierung wünsche ich mir Zuverlässigkeit. Ich wünsche mir, dass man langfristig planen kann, um Risiken für den Betrieb zu abzumildern. Schon seit längerer Zeit schießt die Regierung mit Verordnungen nämlich so schnell um sich, dass eine Investition, die man gerade getätigt hat, nach fünf Jahren – noch bevor sie sich amortisiert hat – schon wieder hinfällig wird. Dann hat man keine Investition getätigt, sondern Geld in den Sand gesetzt.
Außerdem wäre es schön, von der Regierung mal etwas Anerkennung zu bekommen. Wir sind die einzige Branche, die ihre Klimaziele jetzt schon erreicht hat, und zum Dank soll Diesel teurer werden, obwohl es an dieser Stelle keine Alternative für uns gibt. Würde es diese Alternativen geben, könnte ich es eventuell sogar verstehen, dass man uns über eine Teuerung die Alternative nahelegte. Aber die gibt es nun mal nicht. Gleichzeitig macht es mich wütend, dass Kerosin steuerbefreit bleibt. Das gibt uns das Gefühl, Fliegen sei wichtiger als Essen. Vielleicht ist es das auch, wenn man vorhat, Nahrung bloß noch aus dem Ausland zu importieren.
Ich finde den Umgang der Regierung mit uns, unserem Essen und der Bevölkerung unverantwortlich. Am Ende müssen nicht nur wir Landwirte bluten, sondern alle.