Die Radio-Aufzeichnung des Nöthener Kabarett-Festivals von Gastgeberin Eva Eiselt ist am Samstag, 2. September, erstmals bei WDR5 zu hören.
WDR-Satiresommer„Heimspiel hinterm Sportplatz“ für Gastgeberin Eva Eiselt in Nöthen
Schon lange hat Eva Eiselt von einem eigenen Festival geträumt. Am vergangenen Wochenende war es dann soweit: Das Satire-Festival auf der Wiese oberhalb des Nöthener Sportplatzes hatte Premiere. Zwei Abende hintereinander gab es auf der Bühne Kabarett vom Feinsten, während drumherum mit Unterstützung des Ortsverbands Nöthen-Gilsdorf alles perfekt durchorganisiert war.
Am Freitagabend hatte die Künstlerin ihr Programm „Das Beste“ präsentiert, und am Samstagabend folgte dann der WDR-Satiresommer mit namhaften Gästen der Kabarett-Szene. Rund 300 Zuschauer jubelten, als Eva Eiselt und Martin Zingsheim die Bühne betraten, um durch das Satiresommer-Programm zu führen.
Für die heute in Köln lebende Künstlerin war es ein Heimspiel, denn die Wiese ist ein Ort voller schöner Erinnerungen aus ihrer Kindheit. „Hinterm Sportplatz“ nannte sie die Location ganz unprätentiös, und Zingsheim freute sich, „von den Angehörigen ihres Volksstamms“ so herzlich empfangen zu werden. Und so gab in der Moderation stets ein Wort das andere.
Barbara Ruscher: Überraschende Probleme beim Retro-Kindergeburtstag
Man kam von der Anschaffung eines Defibrillators („Nöthen spart auf sein erstes eigenes Fremdwort“) über den aktuellen Barbie-Film auf das Thema Kinder. Davon hat Martin Zingsheim vier. „Da hätte ich mir auch einen Tournee-Beruf gesucht“, kommentierte Eiselt, die „auf drei Kinder kommt, wenn man den Vater mit einrechnet“.
Um Kinder ging es auch beim ersten Gast. Barbara Ruscher, gebürtig aus Rheinbach, stellte Teile ihres Programms „Mutter ist die Bestie“ vor. Auf eine sehr kernige, resolut-witzige Art sprach sie von überkandidelten Kindergeburtstagen, die während des Lockdowns gottlob ausfallen mussten. Doch die Schonzeit war irgendwann vorbei, und sie hielt mit einem Retro-Geburtstag dagegen.
Es gab dennoch Probleme mit Sackhüpfen in Fair-Trade-Jutesäcken wegen Kartoffelallergien. Das Topfschlagen war nicht korrekt, weil die Kinder nicht schlagen durften, und auch das Schokoladenessen war aus moderner Sicht inhaltlich und hygienisch äußerst fragwürdig. Eine Dosis Ritalin gleich zu Beginn für Kinder und Mütter schien ihr da die beste Lösung.
Kabarettist René Sydow teilte gegen Lindner, Lauterbach und Co. aus
Von kuchenbackenden Übermüttern über den Erich auf seinem Liegerad bis zum Lied über den Thermomix nahm sie den privaten und familiären Zeitgeist aufs Korn. Und während in der woken Gesellschaft alles immer verrückter wird, bleibt bei der Kinderbetreuung doch alles beim Alten. Die Frauen haben die Verantwortung.
Ein ganz anderer Wind wehte bei René Sydow. Der 43-jährige Kabarettist und Autor warf sinnbildlich nicht mit Wattebäuschchen, sondern mit scharf geschliffenen Messern. Zu lachen gab es hier nicht viel, außer bei ein paar zynischen Witzen, bei denen einem auch gleich ein wenig unwohl wurde. Der Künstler brachte die Missstände in Deutschland und in der Welt sehr klug und beeindruckend wortgewandt auf den Punkt.
Sydow nahm Spitzenpolitiker vor die Flinte, räumte einige Vorbehalte gegen „alte, weiße Männer“ nachdrücklich aus und machte einen höchst kritischen Rundumschlag von der Corona-Politik über den Ukraine-Krieg bis hin zum Klimawandel. Er bedauerte, dass Solidarität heute „Jeder gegen Jeden“ bedeute, schimpfte über Christian Lindner, „die KI von den Freien Labilen“, und über Karl Lauterbach, „das politische Kassengestell“.
Lieder von Fee Badenius als Balsam für die aufgerüttelten Seelen
Doppelmoral, Angst, Armut und nicht zuletzt jene Klimaaktivisten, die Kunstwerke zerstören, nahm er äußerst kritisch unter die Lupe. „Das Digitale ist der Feind der Natur, nicht die Bonner Kunsthalle.“ Das Publikum wurde immer stiller, nachdenklicher und verunsicherter. „Endlich ist die Stimmung da, wo sie hingehört: im Keller!“ Großen Jubel gab es für René Sydow dennoch, denn sein intelligenter Weitblick und seine meisterhafte, rasante Sprache waren einfach faszinierend.
Dagegen war Fee Badenius, Sydows Ehefrau, Balsam für die aufgerüttelten Seelen der Festivalbesucher. Die preisgekrönte Musikerin sang ganz persönliche Lieder vom Menschsein. Sie appellierte daran, zu sich zu stehen und sich weder Figur-Normen noch der angesagten Minimalisierungswut zu unterwerfen.
Lokalpatriotismus bei der Eifel-Hymne von Eva Eiselt und Martin Zingsheim
Ganz betörend war dabei ihre wunderschöne, klare und milde Stimme, die sie mit ihrer herzlichen und freundlichen Ausstrahlung sanft schwingen ließ. Ihre Texte waren geistreich gedichtet und voller Alltagshumor, eingebettet in feine Gitarrenklänge. Zum Schluss durfte es noch eine Portion Lokalpatriotismus sein. Die Gastgeberin Eva Eiselt und Martin Zingsheim sangen ihre Hymne „Eifel – I fell in love with you“.
Die Auswahl der Künstler war gut abgestimmt. Unterschiedlicher hätten sie kaum sein können, es war für jeden etwas dabei. Die Künstler boten reichlich Gesprächsstoff. In der Pause und im Anschluss an die Veranstaltung wurde munter diskutiert.
Das Programm von Samstagabend wurde vom WDR aufgezeichnet. Es wird am Samstag, 2. September, ab 15.04 Uhr und am Dienstag und Mittwoch, 5. und 6. September, jeweils ab 22.04 Uhr auf WDR 5 ausgestrahlt.