Ist der Wald eher als Wirtschaftsgut oder eher als grüne Lunge anzusehen? Ein Förderprogramm löst diese Debatte in Blankenheim aus.
Zuschuss-Geschäft?Blankenheim debattiert über Fördermittel für den Wald
Der Umbau des Gemeindewaldes von Blankenheim zum klimawandelresilienten Wald beschäftigte jetzt erneut die Politiker im Fachausschuss. Es geht um den Wirtschaftsplan des Eigenbetriebs Forst und um potenzielle Fördermittel von mehr als 240.000 Euro pro Jahr, zehn Jahre lang.
Die Förderung für den Kommunalwald hat Dahlem schon bewilligt bekommen – in Blankenheim soll jetzt erst einmal erneut darüber beraten werden.
Politiker verabschieden den Wirtschaftsplan für den Wald
Doch zunächst hatte die SPD-Fraktion einen umfangreichen Fragenkatalog zum Wirtschaftsplan 2023/24 vorgelegt. Etwa, ob die sogenannte Hiebsatzung geändert werden könne: Mehr Fichteneinschlag, Nadelholz-Monokulturen sollten verringert werden.
Forstbetriebsleiter Martin Ritterbach lehnte das auch mit Blick auf die mittelfristige Planung, die sogenannte Forsteinrichtung, ab. Der Eindruck: Ändert man ein solch gewichtiges Detail im Gesamtplan, hat das erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen für die Gemeinde.
Solle der Ausschuss den Wirtschaftsplan so verändern und die Verabschiedung verzögern, habe dies Konsequenzen auf Holzverkaufserträge oder auch Pflanzenbestellungen. Am Ende sei „die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Forstbetriebs dauerhaft gefährdet“. Der Wirtschaftsplan wurde am Ende einstimmig verabschiedet.
Die Positionen: Ist der Wald Wirtschaftsgut oder grüne Lunge?
Doch damit waren die Fronten für die weitere Debatte klar. Hier der Forstfachmann im Dienste der Gemeinde, dem es bei allen Bemühungen um den klimawandelresistenten Wald am Ende um die rund 500.000 bis 700.000 Euro Gewinn pro Jahr geht, die der Eigenbetrieb dem Gemeindehaushalt überweist.
Dort diejenigen, die den Forstbetrieb etwas aus der Verantwortung entlassen möchten, möglichst viel Erlös aus dem Wald zu ziehen. „Wald ist nicht in erster Linie ein Wirtschaftsgut, er ist die eine grüne Lunge“, so Maria Sigel-Wings (Grüne), die für dieses Statement Beifall aus dem Publikum erhielt.
Bis Ende des Jahres kann Geld aus 900-Millionen-Topf beantragt werden
Das Förderprogramm „Klimaangepasstes Waldmanagement“ des Bundeslandwirtschaftsministeriums sorgt bei Kommunen und privaten Waldbesitzern derzeit für Furore. Bis zu 70 Prozent der Privatwaldbesitzer sollen die Förderung bereits beantragt haben. Bei den Kommunen haben in der Region etwa Dahlem und Gerolstein die Mittel genehmigt bekommen.
Bezogen auf den Förderantrag selbst gilt das Windhund-Prinzip: Wer zuerst kommt, hat die größten Chancen, Gelder aus dem 900-Millionen-Euro-Topf zu bekommen. Die Antragsfrist endet am 31. Dezember.
Blankenheimer Forstbetriebs-Chef befürchtet ein Zuschuss-Geschäft
Zwölf Kriterien sind für die Förderung über zehn Jahre – bei jährlicher Neubeantragung – zu erfüllen. Und die haben es in sich. Martin Ritterbach lehnt für Blankenheim, den viertgrößten Gemeindewald in NRW, in einer ausführlichen Stellungnahme die Förderung ab.
Dabei geht es immerhin um 246.913 Euro pro Jahr. Allerdings rechnet Ritterbach mit Kosten für die Umsetzung der Auflagen, deren Erfüllung überprüft wird, von 272.603 Euro. Die Gemeinde müsste nach seinen Berechnungen rund 25.700 Euro jährlich zuzahlen.
Außerdem kalkuliert er hohe Kosten für die erforderliche Ausweisung der Habitatbäume: Rund 680.000 Euro seien in den ersten beiden Förderjahren alleine hierfür vorzufinanzieren.
Die hohe Wilddichte macht Neuanpflanzungen schwierig
Im Ausschuss wurde das Programm zunächst von einigen Fraktionsvertretern grundsätzlich begrüßt. Etwa die verschiedenen Verjüngungsmaßnahmen im Wald. Ritterbach hielt dem entgegen, dass das angesichts der Wilddichte nur unter erheblichem finanziellen und personellen Aufwand umzusetzen sei.
Dem Argument von Erich Krings (SPD), dass man eben die Abschusspläne ändern und die Abschussprämien erhöhen müsse, mochte Ritterbach nicht folgen. Die Wilddichte mache auch Probleme, die geforderte höhere Baumdiversität – vor allem standortgerechte, heimische Baumarten – zu erhöhen.
Wirkt das Totholz als eine Brutstätte für den Borkenkäfer?
Kritisch sieht Ritterbach auch die Auflage, zehn Prozent der nutzbaren Holzmasse als Totholz zwecks naturnaher Waldumgestaltung zu belassen. Für den Blankenheimer Wald mit rund 54 Prozent Nadelholzanteil bedeute das ein Problem. Eine mögliche Stilllegungsfläche von gut 140 Hektar sei ermittelt worden. Davon fehlen aber noch fast 53 Hektar. Die können, so Ritterbach, nur aus wirtschaftlich bedeutenden Flächen zugeführt werden.
Totholz in solchen Größenordnungen biete zudem Brutmaterial für den Borkenkäfer und es erhöhe sich die Waldbrandgefahr. Schließlich werde dieses sonst nicht mehr verwertbare Kalamitätsholz für die beabsichtigte Nahwärmeversorgung in Ripsdorf benötigt.
Blankenheimer Politiker zweifelt die Berechnung an
Ließen die Ausschussmitglieder solche Details noch weitestgehend unkommentiert, zweifelten einige Ritterbachs 680.000 Euro Mehrkosten für die Habitatbaum-Markierung an. „Das ist nicht nachvollziehbar“, so etwa Jens Marx (UWV). Er glaube, dass das auch kostengünstiger zu machen sei. Seine Forderung: „Wir sagen doch immer, dass wir einen naturnahen Wald haben wollen. Es ist daher ein Fehler, diese Fördermittel nicht zu beantragen.“
Ritterbach verwies zwar darauf, dass das kommunale Waldmanagement durchaus schon im Sinne des Förderprogramms unterwegs sei. Und dass es dafür auch andere Fördergelder gebe. Doch am Ende blieb ihm nur eine Art Warnung: „Wenn wir den Förderantrag stellen, verabschieden wir uns von unserem Wirtschaftswald.“ Würde man sich also jeder Handlungsfähigkeit berauben, stattdessen Mindereinnahmen aus dem Holzverkauf riskieren?
Die Blankenheimer vertagen die Debatte über ihren Wald
Bürgermeisterin Jennifer Meuren ergriff das Wort. Es gebe im Verband der kommunalen Waldbesitzer, in dem Blankenheim Mitglied ist, Beratungsbedarf beim Ministerium bezogen auf die Förderrichtlinien, etwa zur Rückzahlung von Fördergeldern bei Nichtumsetzung einzelner Kriterien.
Ihrem Vorschlag, den Tagesordnungspunkt zu vertagen und in einem Runden Tisch aus Fraktionsvertretern, Martin Ritterbach für den Eigenbetrieb Forst und zugeladenen Experten weiter zu beraten, wurde zugestimmt. Die Runde wird nicht-öffentlich tagen. Danach wird das Thema wieder im Ausschuss und im Gemeinderat beraten. Nach Meurens Wunsch „dann ohne weitere Diskussion“.