Auf Initiative der Landesregierung ist im Kreis Euskirchen ein Gedenkort für die Opfer der Hochwasserkatastrophe am 14. und 15. Juli 2021 entstanden. Politiker aus dem Kreis kritisieren die Wahl des Ortes.
Blankenheim „Ziemlich daneben“ – Politiker kritisieren Wahl des Flut-Gedenkortes
Bei Blankenheimerdorf sind auf einer Naturschutzfläche der NRW-Stiftung 49 Erinnerungsbäume gepflanzt worden – einer für jeden der 49 Menschen, die in Nordrhein-Westfalen bei der Flut ihr Leben verloren haben. Der gewählte Ort, der nach Informationen dieser Zeitung auch wegen seiner kurzfristigen Verfügbarkeit und aus Kostengründen das Rennen gemacht hat, sorgt bei Politikern jedoch für Kopfschütteln.
„Ob in Blankenheim der richtige Ort ist, weiß ich nicht“, sagt Ute Stolz, Fraktionschefin der CDU im Kreis Euskirchen. Blankenheim sei nicht das „Epizentrum der Flutkatastrophe“ gewesen. Natürlich seien auch dort Bereiche betroffen gewesen. „Aber man hätte vielleicht mal über Schleiden oder Bad Münstereifel nachdenken sollen“, so die Fraktionsvorsitzende.
Mit einem Wald mache man in der Eifel zwar nie etwas falsch. Zudem sei die Idee mit dem Wald allein schon deshalb gut, weil er nicht monumental oder protzig daherkomme. „Ich bekomme dennoch keine emotionale Bindung dazu hin“, sagt Stolz: „Wenn ich mir Gedanken machen müsste, wo die zentrale Gedenkstelle für die Opfer der Flut hin soll, wäre ich nie auf Blankenheim gekommen.“
Waasem glaubt, dass ein besserer Ort als an der B51 möglich gewesen wäre
Thilo Waasem, Fraktionschef der SPD im Kreis, sieht es ähnlich: „Einen Erinnerungsort finde ich eine gute Idee. Ich finde es allerdings ziemlich daneben, dass der Ministerpräsident Ort und Gestaltung hinter verschlossenen Türen ohne die Betroffenen und die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister selbst entscheidet. Wenn das der zentrale Erinnerungsort für ganz NRW sein soll, dann ist ja wohl das mindeste, dass man die Menschen und die Region, um die es gehen soll, bei so einer Entscheidung einbezieht.“
Auf die jetzige Art werde das Gedenken der Bedeutung der größten Naturkatastrophe des Landes seit seinem Bestehen und dem Leid der Menschen nicht gerecht. „Hätte es eine vernünftige und angemessene Beteiligung gegeben, wäre wahrscheinlich auch ein anderer Ort als an einer Schnellstraße dabei rumgekommen“, so Waasem.
Ingo Pfennings, Bürgermeister von Schleiden, äußert sich ebenfalls kritisch: „Dass ein landesweiter Erinnerungsort geschaffen werden soll, ist eine schöne Idee und sicherlich ein sinnvolles Symbol. Persönlich hätte ich diesen Ort jedoch eher in einer der schwer vom Hochwasser betroffenen Kommunen gesehen, beispielsweise Hagen, Altena, Eschweiler, Stolberg, Kall, Euskirchen, Bad Münstereifel oder Schleiden."
Und weiter: „Auf der anderen Seite denke ich, dass das Gedenken und Erinnern für die Betroffenen ohnehin ein individuelles Thema ist, das sie in ihrer Region oder gar ihrer Kommune praktizieren wollen. Ich glaube zum Beispiel nicht, dass viele Betroffene aus Hagen den landesweiten Erinnerungsort in Blankenheim aufsuchen werden. Meiner Meinung nach werden daher die regionalen Erinnerungsorte mit Leben gefüllt werden und der landesweite eher einer für die Geschichte sein.“
Klaus Voussem: Mit Ortskenntnis wäre ein anderer Ort für Gedenkstätte möglich gewesen
Klaus Voussem, Landtagsabgeordneter der CDU, kommentierte das ebenfalls distanziert: „Die Standortsuche hat sich wohl als schwierig gestaltet. Nach einem Gespräch zwischen Staatskanzlei und NRW-Stiftung ist man dann auf diesen Ort gekommen. Am Ende ist es wohl eine würdige Sache, die Erreichbarkeit über die A1 gegeben. Mit ein bisschen mehr Ortskenntnis hätte man vielleicht aber auch andere Ort im Kreis finden können.“
Sabine Preiser-Marian, Bürgermeisterin von Bad Münstereifel: „Ich habe mir darüber keine großen Gedanken gemacht, weil es eine Aktion des Landes ist. Dass der zentrale Gedenkort im Kreis Euskirchen ist, ist eine gute Sache. Aus Rücksicht auf die Opfer und Hinterbliebenen möchte ich aber keine Standortfrage entfachen.“
FDP fordert Ausbau der Pegel-Messsysteme
Auch Frederik Schorn, Fraktionschef der FDP, ist mit der Wahl des Ortes nicht glücklich: „Sicher hätte es bessere Standorte gegeben als an der B 51 in einem Bereich, der gar nicht betroffen war. Gedenken ist wichtig, noch wichtiger wäre allerdings, wenn die Landesregierung wirklich Tempo macht beim Hochwasserschutz. Der Ausbau des Pegel-Messsystems geht viel zu langsam voran.“
Landrat Markus Ramers möchte den Blick weg von Bäumen lenken: „Es darf nicht damit getan sein, dass wir hier ein zentrales, landesweites Symbol der Erinnerung einweihen. Die Angehörigen sind jeden Tag, jede Stunde, jede Minute mit dem Verlust ihres Kindes, ihres Angehörigen konfrontiert. Wir dürfen sie mit ihrer Trauer, mit ihren Sorgen und Nöten nicht alleine lassen. Wir alle müssen auch weiter als Ansprechpartner zur Verfügung stehen, ihnen helfen, wo wir denn können. Wir sollten damit auch nicht erst bis zum zweiten Jahrestag der Flut warten, wenn das Land die Angehörigen hier an diesen Ort einlädt. Wer Hilfe braucht, muss sie bekommen. So schön die Erinnerungsbäume als Symbol sind, so wichtig ist das persönliche Gespräch, ist die konkrete Unterstützung für die Angehörigen.“