Mit KranBlankenheimer Bergungsunternehmen seit Monaten im Flut-Dauereinsatz
Kreis Euskirchen – Drei Monate nach der Flut hat Simon Jung die Ereignisse rund um den 14. Juli nicht vergessen. „Das war einfach krass“, sagt der Tondorfer, der bei der Kurth Autokrane GmbH aus Blankenheim für den Vertrieb zuständig ist. Drei Monate Dauereinsatz liegen hinter den 15 Mitarbeitern. Wann die erste Alarmierung am 14. Juli kam, weiß Jung ganz genau: um 19.37 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt löste die Rettungsleitstelle des Kreises die sogenannte Kranschleife aus. In der Schleife sind alle Bergeunternehmen aus dem kreis Euskirchen wie Pokraka und Salgert vertreten.
„Wahrscheinlich haben wir uns zuerst gemeldet. Also ging es nach Metternich“, so Jung. Dort sollten Feuerwehrfahrzeuge geborgen werden. Da diese zwischenzeitlich von Landwirten aus ihrer misslichen Lage befreit worden waren, gab es für die Berge-Experten nichts mehr zu tun – zumindest in Metternich, zumindest in diesem Augenblick. Dennoch blieb man nach Rücksprache mit der Feuerwehr zunächst vor Ort. Erst gegen 22 Uhr machten sich Jung und seine Mitstreiter wieder auf den Weg in Richtung Heimat.
Dramatischer Einsatz
Dann wurde es dramatisch: Der Kran war gerade erst auf dem Hof abgestellt, da kam der Hilferuf der Nettersheimer Feuerwehr. Eine Frau hatte sich vor den Wassermassen auf ein Garagendach gerettet. Da die Strömung zu stark und die Garage für die Feuerwehr nicht mehr zu erreichen war, forderte diese Hilfe an. Zudem hatten die Einsatzkräfte laut Jung nicht mehr das allergrößte Vertrauen in die Standfestigkeit des Gebäudes. „Das war für uns ein Abenteuer, weil wir den Kran im Wasser in Position bringen mussten“, so Jung. Die Holzbalken, die unter die schweren Stützen des 60-Tonnen-Kran gelegt werden, schwammen immer wieder weg.
Mithilfe der Feuerwehr klappte es letztlich. Da die in Not geratene Frau laut Jung unter Höhenangst litt, befand sich im Arbeitskorb am auf 35 Meter ausgefahrenen Ausleger des Krans ein erfahrener Kletterer. Mit vereinten Kräften gelang die Rettung Frau. „Im Laufe des Einsatzes hatte sich das Wasser komplett aus dem Innenhof zurückgezogen“, erinnert sich Jung, der nach eigenen Angaben „gegen 2, 3 Uhr im Bett war“.
Eine kleine Odyssee
Um 5.45 Uhr kam die nächste Alarmierung. Das Unternehmen sollte in Schweinheim bei der Evakuierung helfen. Was folgte, war eine kleine Odyssee. Bis nach Wißkirchen habe es über die Autobahn gut geklappt. „Danach war es eine abenteuerliche Fahrt“, so Jung. Über Stotzheim ging es nach Schweinheim, später über Arloff und Eschweiler zurück in die Eifel.
In Arloff sei es aber noch zu einem kuriosen Aufeinandertreffen mit zwei Mitarbeitern der Bahn gekommen. Am Bahnübergang in Arloff waren die Schranken runter. „Ich dachte, die Männer sind da, um den Bahnübergang zu öffnen. Doch sie hatten den Auftrag, nach dem Aufzug am Euskirchener Bahnhof zu sehen“, erzählt Jung. Der Auftrag sei am Mittwochnachmittag eingegangen, berichteten die Bahnmitarbeiter. Letztlich öffneten die Experten den Bahnübergang und machten sich dann auf den Weg in die Kreisstadt.
Mehr als 100 Autos gesichert
Das Blankenheimer Kranunternehmen hatten in den folgenden Wochen gefühlt alles am Haken, was man so bergen kann: allein in Schleiden und Gemünd sicherten die Mitarbeiter mehr als 100 Autos. Aber auch eine Weihnachtsmarktbude, Öltanks, Wohnmobile und die Reste eines Busses schwebten durch die Luft und wurden zu Sammelplätzen gefahren. „In den ersten Tagen konnten wir gar nicht so viel machen, weil Privatpersonen immer wieder darum gebeten hatten, ihr Auto noch nicht abzutransportieren, weil die Versicherung oder der Gutachter noch nicht da war“, so Jung.
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Als die Stadt Schleiden den Auftrag zur Bergung weggespülter Fahrzeuge erteilt hatte, ging es los. „Dennoch waren nie alle Kräne im Hochwassereinsatz. Wir hatten ja auch noch unsere eigentlichen Aufträge abzuarbeiten“, so Jung. So sei beispielsweise ein Sägewerk in Losheim aufgestellt worden. Das Gros der Aufträge sei aber flutspezifisch gewesen. „Wir haben im gesamten Kreis Trafos für die Energieversorger aufgestellt, wir haben die Container für die mobile Polizeiwache in Schleiden am Haken gehabt, haben ganzen Betrieben beim Umzug geholfen und waren auch im Ahrtal im Einsatz“, berichtet Jung. Auch jetzt sei man im Ahrtal immer mal wieder vor Ort und verlege beispielsweise Betonrohre unter Brücken.
Durch die Flut habe man die geplante betriebliche Erweiterung vorgezogen. „Wir werden mehr in den Geräteverleih einsteigen. Wir rechnen damit, dass im kommenden Jahr Bagger, Minibagger oder Vorderkipper benötigt werden“, sagt Jung. Man habe bereits jetzt viele Bagger und Radlader vermitteln können, die bei den Aufräumarbeiten eingesetzt worden seien.